Leitsatz (amtlich)

1. Geht eine Arrestpfändung ins Leere, weil der Rechtsanwalt des Gläubigers fehlerhaft den Arrestantrag gegen den falschen Schuldner gerichtet und die Pfändung einer dem vermeintlichen Schuldner nicht zustehenden Forderung beantragt hat, so entsteht der Schaden des Gläubigers i.S.d. § 51b BRAO dann, wenn ein erfolgreicher Zugriff auf die Forderung wegen der – nunmehr vorgehenden – Pfändungen anderer Gläubiger praktisch ausgeschlossen ist. Zu diesem Zeitpunkt beginnt – unabhängig vom weiteren Verlauf des Arrestverfahrens und eines durch die mehreren Pfändungen notwendig gewordenen Verteilungsverfahrens – der Lauf der Verjährungsfrist für den Regressanspruch des Gläubigers gegen seinen Anwalt.

2. Hat der Mandant einen Rechtsanwalt beauftragt, Regressansprüche gegen den früheren Anwalt geltend zu machen und finden insofern Verhandlungen mit dessen Haftpflichtversicherer statt, der seine Stellungnahme zur Haftungsfrage von einer weiteren Sachaufklärung abhängig macht, so sind beschwichtigende Bemerkungen des in Regress genommenen Anwalts, sein Versicherer werde den Schaden regulieren, i.d.R. nicht als Anerkenntnis i.S.d. § 208 BGB a.F. zu verstehen.

3. Die Annahme, der Versicherer eines in Regress genommenen Anwalts habe ein Stillhalten – über den Verjährungszeitpunkt hinaus – bis zum Abschluss der Tatsachenermittlungen zugesagt, setzt eindeutige Erklärungen des Versicherers in dieser Richtung voraus.

 

Normenkette

BGB a.F. § 208; BRAO § 51b; ZPO § 804 Abs. 3, § 916 ff.

 

Verfahrensgang

LG Aachen (Aktenzeichen 9 O 414/00)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das am 13.7.2001 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des LG Aachen – 9 O 414/00 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten des Rechtsstreits durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des gesamten Kostenbetrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten. Die Sicherheitsleistung kann von beiden Parteien auch durch die schriftliche, unwiderrufliche, unbedingte und unbefristete Bürgschaft eines im Inland zum Geschäftsbetrieb befugten Kreditinstituts erbracht werden.

 

Tatbestand

Der Kläger nimmt die beklagten Rechtsanwälte wegen fehlerhafter Erfüllung der Pflichten aus einem Anwaltsvertrag auf Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger legte im Oktober 1994 bei der U.L. Bank & Trust Corp (im Folgenden: ULBT) 1.000.000 DM als Termingeld zu einem Zinssatz von 7,95 % p.a. zuzüglich eines Bonus von 1 % an. Am 17.10.1995 war der angelegte Betrag nebst Zinsen (insgesamt 1.089.500 DM) zur Rückzahlung fällig. Eine Zahlung der ULBT erfolgte aber nicht.

In der Folge beauftragte der Kläger die Beklagten mit seiner rechtlichen Vertretung. Es stellte sich folgender Sachverhalt heraus, der den Beklagten bekannt wurde:

Die ULBT bot Festgeldanlagen zu Zinssätzen an, die bis zu 3 % über den üblicherweise auf dem deutschen Geldmarkt gezahlten Zinsen lagen. Direktor der Bank ULBT war ein Herr L. Dieser leitete Beträge i.H.v. 900.000 DM an die D.B. und Investment AG (im Folgenden: DBI) weiter, obwohl die Verwendung als Kreditgewährung an Dritte den Anlagezusagen widersprach und die für die Kredite vereinbarten Sicherheiten nicht werthaltig waren. Unter dem 18.8.1995 erhob die Staatsanwaltschaft Aachen gegen L. Anklage wegen Anlagenbetruges. Auf Konten der DBI bei der Dr. Bank AG Sa. und der C. AG Sa. bestanden noch Guthaben, die beschlagnahmt wurden. L. gab diese Guthaben im Namen der DBI für die Geschädigten der ULBT frei. Durch Urteil der Strafkammer des LG Aachen vom 21.5.1996 wurde L. wegen Betrugs in 173 Fällen zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.

Mit Schriftsatz vom 28.5.1996 beantragten die Beklagten namens des Klägers beim LG Aachen den Erlass eines Arrestes wegen einer Schadensersatzforderung des Klägers i.H.v. 1.000.000 DM nebst Zinsen und in Vollziehung des Arrestes die Pfändung verschiedener im Einzelnen bezeichneter Bankkonten. Der Antrag war gerichtet gegen „den unter der Firma L. Bank & Trust handelnden Herrn R.P.L., zur Zeit JVA Aachen” (Beiakte 9 O 275/96 LG Aachen, Bl. 1 ff.); dieser war auch als Inhaber der zu pfändenden Konten bezeichnet. Die Anordnung des Arrests und die Pfändung erfolgten antragsgemäß durch Beschluss des LG Aachen vom 29.5.1995 (Bl. 8 der Beiakte). Der Beschluss wurde den hier interessierenden Drittschuldnern, nämlich der Dr. Bank Sa. und der C.Sa. am 3.6.1996 zugestellt. Dem gingen die Pfändungen von vier Gläubigern im Umfang von 14.712,41 DM voraus; danach erfolgten bei den genannten Banken weitere Pfändungen anderer Gläubiger, vornehmlich im Juni 1996 (vgl. die Listen in der Beiakte 44 HL 106/96 = 31 J 1/97 AG Sa.: Bl. 5 ff. – Dr. Bank – und Bl. 73 ff. – C. –). Die Anträge der anderen Gläubiger richteten sich fast durchgehend nicht nur gegen L., sondern auch gegen die ULBT und die DBI als Schuldner; dem entspre...

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