Leitsatz (amtlich)
Das Schonvermögen i.S.d. § 115 Abs. 3 ZPO ist bei einem minderjähriges Kind, das bei seinen Eltern oder einem Elternteil lebt, nicht mit 2.600 EUR, sondern nur mit 256 EUR anzusetzen.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 3; SGB XII § 90 Abs. 2 Nr. 9; SGB12§90Abs2Nr9DV
Verfahrensgang
AG Tirschenreuth (Aktenzeichen 01 F 97/13) |
Tenor
Der Antrag der Antragsteller, ihnen für das Beschwerdeverfahren Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen und Rechtsanwalt G. aus W. beizuordnen, wird zurückgewiesen.
Gründe
Gemäß § 113 Abs. 1 S. 1 FamFG gelten in Familienstreitsachen, zu welchen auch Verfahren über Kindesunterhaltsansprüche zählen (§ 112 Nr. 1 FamFG), bezüglich der Verfahrenskostenhilfe die Vorschriften der Zivilprozessordnung zur Prozesskostenhilfe, welche allerdings nach § 113 Abs. 5 Nr. 1 FamFG als Verfahrenskostenhilfe zu bezeichnen ist, also §§ 114 ff. ZPO, entsprechend.
Die Antragsteller haben einzusetzendes Vermögen. Gemäß den Angaben in ihren Erklärungen über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse hat der 14 Jahre alte Antragsteller zu 1) 3.182,99 EUR, die Antragstellerinnen zu 2) bis 4) - 12, 9 und 8 Jahre alt - haben 3.351,28 EUR, 1.232,49 EUR und 1.174,64 EUR an Sparguthaben. Noch nicht als Vermögenswert berücksichtigt ist ein etwaiger Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss gegen ihren Vater (§ 1360a Abs. 4 BGB entsprechend).
Nach § 115 Abs. 3 ZPO hat ein Beteiligter zur Finanzierung der bereits entstandenen und noch entstehenden Verfahrenskosten sein Vermögen einzusetzen, soweit ihm dies zumutbar ist. Hiervon ausgenommen sind gem. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, auf den § 115 Abs. 3 S. 2 ZPO verweist, kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte. Was unter kleineren Barbeträgen oder sonstigen Geldwerten i.S.d. § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII zu verstehen ist, wird durch die Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII, näher geregelt. Danach beträgt das sog. Schonvermögen, wenn die Sozialhilfe vom Vermögen der nachfragenden Person abhängig ist, bei der Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Dritten Kapitel des SGB XII 1.600 EUR, wobei sich der Betrag auf 2.600 EUR bei Vollendung des 60. Lebensjahrs sowie bei voll Erwerbsgeminderten im Sinne der gesetzlichen Rentenversicherung und den diesem Personenkreis vergleichbaren Invalidenrentnern erhöht (§ 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung). Bei den Leistungen nach dem Fünften bis Neunten Kapitel des SGB XII beträgt das Schonvermögen 2.600 EUR zzgl. eines Betrages von 256 EUR für jede Person, die von der nachfragenden Person überwiegend unterhalten wird (§ 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung).
Wenn die Sozialhilfe vom Vermögen der nachfragenden Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten oder Lebenspartners abhängig ist, erhöht sich der Betrag von 1.600 EUR oder 2.600 EUR um 614 EUR für den Ehegatten oder Lebenspartner und um 256 EUR für jede Person, die von der nachfragenden Person, ihrem Ehegatten oder Lebenspartner überwiegend unterhalten wird (§ 1 S. 1 Nr. 2 der Verordnung). Die gleichen Erhöhungsbeträge gelten, wenn die Sozialhilfe vom Vermögen einer minderjährigen unverheirateten nachfragenden Person und ihrer Eltern abhängig ist. Es gelten 614 EUR für einen Elternteil und 256 EUR für die nachfragende Person und für jede Person, die von den Eltern oder von der nachfragenden Person überwiegend unterhalten wird (§ 1 S. 1 Nr. 3 der Verordnung).
Für den Fall, dass die minderjährige unverheiratete nachfragende Person bei keinem Elternteil lebt, gelten die Freibeträge nach § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 der Verordnung (§ 1 Abs. 2 S. 2 zweiter Halbsatz der Verordnung).
Nach überwiegender Rechtsprechung und wohl herrschender Auffassung in der Literatur wird im Rahmen des Prozesskosten- oder Verfahrenskostenhilferechts als Schonbetrag auf § 1 S. 1 Nr. 1 Buchst. b der Verordnung abgestellt (Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., § 115 Rz. 57 Musielak/Fischer, ZPO, 11. Aufl., § 115 Rz. 43; Motzer in MünchKomm/ZPO, 4. Aufl., § 115 Rz. 60; BeckOK ZPO/Reichling, Stand: 15.6.2014, § 115 Rz. 80; Prütting/Gehrlein/Zempel/Völker, ZPO, 6. Aufl., § 115 Rz. 59; Seiler in Thomas/Putzo, ZPO, 35. Aufl., § 115 Rz. 23; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, Prozess- und Verfahrenskostenhilfe, Beratungshilfe, 7. Aufl., Rz. 348, jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Meist wird die Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe als Hilfe in sonstigen Lebenslagen i.S.d. § 73 SGB XII qualifiziert (vgl. nur Zöller/Geimer, a.a.O., BeckOK ZPO/Reichling, a.a.O.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O.). Uneinigkeit besteht, ob der Betrag von 2.600 EUR bei unterhaltsberechtigten Ehegatten um 614 EUR oder um 256 EUR zu erhöhen ist (vgl. dazu einerseits Zöller/Geimer, a.a.O.; Motzer in MünchKomm/ZPO, a.a.O.; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, a.a.O.; Zimmermann, ZPO, 9. Aufl., § 115 Rz. 33, andererseits BeckOK ZPO/Reichling, a.a.O.; Prütting/Gehrlein/Zempel/Völker, a.a.O.; Seiler in Thomas/Putzo, a.a.O.). Das LSG Dresden stellt abweichend hiervon für denjenigen, der Prozesskostenhilfe beantragt, auf § 1 S...