Leitsatz (amtlich)
Verwertung eines Pkw bei Prozesskostenhilfe nach dem Bürgergeldgesetz
Normenkette
SGB XII § 90 Abs. 2 Nrn. 9-10; ZPO § 115
Verfahrensgang
AG Nordhorn (Aktenzeichen 11 F 694/22 VKH1) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Nordhorn vom 2. Januar 2023 aufgehoben und die Sache zur Entscheidung über die Erfolgsaussichten der Rechtsverfolgung in der Sache an das Amtsgericht Nordhorn zurückgeben.
Gründe
Die zulässige sofortige Beschwerde hat insoweit Erfolg, als die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe nicht wegen fehlender wirtschaftlicher Voraussetzungen abzulehnen ist. Über die Erfolgsaussichten in der Sache hat das damit befasste erstinstanzliche Gericht zu entscheiden.
Die Antragstellerin muss ihren Pkw nicht verwerten, um die Kosten der Verfahrensführung zu finanzieren, da die derzeit geltenden Freibeträge nicht überschritten werden. Dies ergibt sich aus dem Zusammenspiel der folgenden Bestimmungen:
Gemäß § 115 Abs. 3 ZPO hat der Antragsteller sein Vermögen zu verwerten, soweit dies zumutbar ist; § 90 des Zwölften Buchs des SGB ist entsprechend anzuwenden.
§ 90 SGB XII ist durch das Bürgergeldgesetz vom 16.12.2022 (BGBl. I, S. 2328) mit Wirkung zum 01.01.2023 geändert worden. Absatz 2 der Vorschrift regelt den Einsatz von Vermögen nunmehr wie folgt:
Gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 10 SGB XII darf die Leistung nicht von der Verwertung "eines angemessenen Kraftfahrzeugs" abhängig gemacht werden. Gemäß § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII darf sie ferner nicht vom Einsatz kleinerer Barbeträge oder sonstiger Geldwerte abhängig gemacht werden. Die Höhe des damit erfassten Schonvermögens beträgt nach der aktuell geltenden Verordnung zur Durchführung des § 90 Abs. 2 Nr. 9 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch 10.000 EUR. Bis zu welcher Höhe der Wert des Fahrzeugs "angemessen" ist, regelt das Gesetz nicht.
Der Gesetzgeber geht insoweit von einem Betrag von 7.500 EUR aus. Nach der Gesetzesbegründung ist darüber hinaus der überschießende Betrag auf den allgemeinen Freibetrag nach § 90 Abs. 2 Nr. 9 SGB XII anzurechnen:
"Es ist davon auszugehen, dass ein Kraftfahrzeug, welches einen Verkehrswert von 7.500 EUR nicht überschreitet, angemessen ist. Sollte ein Kraftfahrzeug den Verkehrswert von 7.500 EUR übersteigen, ist für den übersteigenden Betrag auch der Vermögensfreibetrag nach § 90 Absatz 2 Nummer 9 heranzuziehen, sofern dieser noch nicht erschöpft ist." (BT-Drucks. 20/3873, S. 117).
Bei dem von der Antragstellerin angegebenen Verkehrswert von 14.300 EUR für den Mercedes Citan, der für dieses Modell bei einer Erstzulassung im November 2017 und mit einer Laufleistung von mehr als 90.000 km jedenfalls nicht zu niedrig angegeben ist, ist daher der Wert in Höhe von 7.500 EUR gemäß Absatz 2 Nr. 10 anrechnungsfrei. Der diesen Wert übersteigende Betrag von 6.800 EUR unterschreitet das Schonvermögen nach Absatz 2 Nr. 9 von 10.000 EUR und bleibt deshalb anrechnungsfrei. Weiteres Vermögen, das dabei im Rahmen von Absatz 2 Nr. 9 zu berücksichtigen wäre, hat die Antragstellerin nicht.
Die Antragstellerin hat auch ihre laufenden Einkünfte und Ausgaben nachvollziehbar dargetan. Ein für die Verfahrenskostenhilfe einzusetzendes Einkommen bezieht sie danach nicht.
Fundstellen
Haufe-Index 15618154 |
FuR 2023, 301 |
JurBüro 2023, 377 |
MDR 2023, 870 |
VuR 2023, 196 |
AiSR 2023, 76 |
NZFam 2023, 379 |