Leitsatz (amtlich)
Bei der Titelumschreibung gem. § 727 ZPO ist das Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes des § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II i.d.F. vom 20.7.2006 mangels Offenkundigkeit nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachzuweisen. Denn aus der Neuregelung in § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB XII i.d.F. vom 2.12.2006 (so in Kraft seit 1.1.2005) lässt sich die Intention des Gesetzgebers erkennen, dass die sozialhilferechtlichen Schuldnerschutzvorschriften nicht ohne weiteres zum Ausschluss des Forderungsüberganges führen sollen, soweit der Sozialhilfeträger die Leistungsfähigkeit nicht nachweisen kann, sondern dass vielmehr seine Versicherung, von einer bestehenden oder drohenden Sozialhilfebedürftigkeit des Unterhaltsschuldners keine Kenntnis zu haben, ausreichen muss (Aufgabe der bisherigen Rechsprechung des Senats).
Verfahrensgang
AG Heilbronn (Beschluss vom 27.07.2007; Aktenzeichen 5 F 1359/05) |
Tenor
I. Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten Ziff. 3 wird der Beschluss der Rechtspflegerin des AG - FamG - Heilbronn vom 27.7.2007 - 5 F 1359/05, aufgehoben.
II. Die Rechtspflegerin beim AG - FamG - Heilbronn wird angewiesen, über den Antrag der Beteiligten Ziff. 3 vom 15.1.2007 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats neu zu entscheiden.
Gründe
1. Die Beteiligte Ziff. 3 verfolgt als zuständiger Sozialhilfeträger ihren im angefochtenen Beschluss der Rechtspflegerin zurückgewiesenen Antrag auf Titelumschreibung gegen den Beteiligten Ziff. 2 als Unterhaltsschuldner auf Grund Rechtsnachfolge kraft gesetzlichen Forderungsübergangs gem. § 33 Abs. 1 SGB II weiter.
Mit Schreiben vom 15.1.2007/2.4.2007 hat die Beteiligte Ziff. 3 die Umschreibung des vollstreckbaren gerichtlichen Unterhaltsvergleichs vom 1.7.2005 auf sich als Rechtsnachfolgerin der Beteiligten Ziff. 1 als Vollstreckungsgläubigerin i.H.v. insgesamt 899,87 EUR wegen gewährter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 1.11.2006 bis 31.1.2007 beantragt. In dem Vergleich hatten sich die Beteiligten Ziff. 1 und 2 auf einen monatlichen Ehegattenunterhalt ab 1.7.2005 i.H.v. 200 EUR zugunsten der Klägerin geeinigt.
Die Beteiligte Ziff. 3 hat die Bewilligung und Auszahlung der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch mit dem Amtssiegel versehene elektronische Dokumente des Bewilligungsbescheides vom 5.12.2006 und der Auszahlungsnachweise nebst Kassenanordnungen belegt. Sie hat zudem bestätigt, dass der Beteiligte Ziff. 2 derzeit keine Leistungen von der Beteiligten Ziff. 3 beziehe, was bundesweit mittels der zentralen Personendatenverwaltung überprüft worden sei.
Der Beteiligte Ziff. 2 hat sich zu der beantragten Titelumschreibung nicht geäußert und die Rechtspflegerin hat diese mit Beschluss vom 27.7.2007 abgelehnt, weil nicht nachgewiesen worden sei, dass die Heranziehung des Unterhaltsverpflichteten nicht zu dessen Sozialhilfebedürftigkeit führe.
Gegen die am 14.8.2007 der Beteiligten Ziff. 3 zugestellte Entscheidung hat sie am 27.8.2007 Beschwerde eingelegt mit der Begründung, dass die Leistungsunfähigkeit des Unterhaltsschuldners von diesem darzulegen und zu beweisen sei. Ein Nachweis der Leistungsfähigkeit könne durch die Beteiligte Ziff. 3 nicht erbracht werden, da der Beteiligte Ziff. 2 weder auf das Auskunftsersuchen reagiert habe noch von vornherein auf Grund eines eigenen Bezuges von Leistungen von der Inanspruchnahme habe ausgeschlossen werden können.
Die Rechtspflegerin hat die Akte ohne Abhilfe dem OLG zur Entscheidung vorgelegt.
2. Die sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO, 11 Abs. 1 RpflG) und hat auch in der Sache Erfolg.
Nachdem die Beteiligte Ziff. 3 durch öffentliche Urkunden (§§ 371a Abs. 2, 415, 417, 418 ZPO) die Bewilligung und Gewährung der Sozialhilfeleistungen nachgewiesen hat und sich die Unterhaltspflicht des Beteiligten Ziff. 2 aus dem gerichtlichen Vergleich ergibt, steht insoweit dem gesetzlichen Forderungsübergang gem. § 33 Abs. 1 SGB II durch den Nachweis der Rechtsnachfolge gem. § 727 ZPO nichts entgegen.
Die Rechtspflegerin hat jedoch die Titelumschreibung abgelehnt, weil das Nichtvorliegen des Ausschlussgrundes des § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II von der Beteiligten Ziff. 3 mangels Offenkundigkeit nicht durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen worden sei.
Hierbei beruft sich die Rechtspflegerin auf die ständige Rechtsprechung des Senats zu § 91 BSHG (u.a. Beschl. v. 19.10.1995 - 8 WF 66/95, veröffentlicht in Juris-Online; Beschl. v. 29.1.1998 - 8 WF 9/98, veröffentlicht in Juris-Online; Beschl. v. 4.5.1998 - 8 WF 55/97, veröffentlicht in Juris-Online; Beschl. v. 5.12.2000 - 8 WF 84/00, veröffentlicht in NJW-RR 2001, 868; zuletzt bestätigt durch den nicht veröffentlichten Beschl. v. 21.2.2006 - 8 WF 122/05, zu § 94 Abs. 3 Satz 2 SGB XII unter Vorbehalt bzgl. der ab 1.1.2005 geltenden Fassung).
Die vom Senat in den genannten Beschlüssen im Einzelnen begründete Auffassung wurde ebenfalls vertreten durch den 20. Familiensenat des OLG Karlsru...