Leitsatz (amtlich)
1. Wird vom Unterhaltsberechtigten sowohl rückständiger Unterhalt, der gem. § 91 Abs. 4 S. 1 BSHG oder § 7 Abs. 4 S. 2 UVG vom Sozialleistungsträger rückabgetreten wurde, als auch künftiger Unterhalt geltend gemacht, so kann Prozesskostenhilfe in vollem Umfang bewilligt werden.
2. Der Kostenerstattungsanspruch des Berechtigten gegen den Leistungsträger steht der Bewilligung von Prozesskostenhilfe nicht entgegen, wenn der auf die Rückstände entfallende Streitwert ggü. demjenigen des laufenden Unterhalts nicht wesentlich ins Gewicht fällt.
Verfahrensgang
AG Kirchheim/Teck (Beschluss vom 12.01.2004; Aktenzeichen 1 F 556/03) |
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen wird der Beschluss des AG Kirchheim/Teck vom 12.1.2004 (1 F 556/03) abgeändert.
Den Antragstellerinnen wird für den ersten Rechtszug Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlungspflicht bewilligt. Ihnen wird Rechtsanwalt K. als Prozessbevollmächtigter beigeordnet.
Gründe
Die gem. § 127 Abs. 2 S. 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde der Antragstellerinnen gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug ist begründet. Die Bedürftigkeit der Antragstellerinnen i.S.v. §§ 114, 115 ZPO kann im vorliegenden Fall nicht unter Hinweis auf die Eintrittspflicht der Sozialleistungsträger für die Verfahrenskosten verneint werden.
Hinsichtlich des Kindesunterhalts übersteigt der geltend gemachte Monatsbetrag von 249 Euro den gezahlten Unterhaltsvorschuss von 164 Euro nicht unerheblich. Dies beruht darauf, dass bei der Zahlung von Unterhaltsvorschuss das hälftige Kindergeld auf den Regelbetrag angerechnet wird, weil § 1612b Abs. 5 BGB hier keine Anwendung findet. Soweit für J. ein Unterhalt geltend gemacht werden soll, der über die Zahlungen der Unterhaltsvorschusskasse hinausgeht, kommt ein Anspruchsübergang und – nach Rückabtretung – eine Kostenerstattungspflicht von vornherein nicht in Betracht.
Ein Kostenerstattungsanspruch gegen den Sozialleistungsträger besteht ohnehin nur dann, wenn die Aktivlegitimation des Leistungsbeziehers im Verhältnis zum Unterhaltsschuldner auf einer Rückabtretung übergegangener Ansprüche beruht. Die Rechtshängigkeit der Unterhaltsklage wird jedoch die Konsequenz haben, dass auch bei Weiterbezug von Unterhaltsvorschuss die Antragstellerin Ziff. 2 ihre Aktivlegitimation behält (§ 265 Abs. 2 ZPO; hierzu Thomas/Putzo/Reichold, § 265 Rz. 8). Von diesem Zeitpunkt an bedarf es keiner Rückabtretung mehr, damit entfällt der Anknüpfungspunkt für die Übernahme der Rechtsverfolgungskosten durch die Unterhaltsvorschusskasse gem. § 7 Abs. 4 S. 3 UVG.
Entsprechendes gilt für die Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs der Antragstellerin Ziff. 1 gem. § 91 Abs. 4 S. 2 BSHG. Zwar dürften hier die in der Vergangenheit gezahlten Sozialhilfeleistungen den geltend gemachten nachehelichen Unterhalt übersteigen. Allerdings liegen Unterhaltsrückstände i.S.v. § 17 Abs. 4 GKG nur in bescheidenem Umfange vor (Monate November und Dezember 2003). Diese zusammengerechnet 518 Euro fallen ggü. dem Streitwert des laufenden Unterhalts (12 × 259 Euro = 3.108 Euro), hinsichtlich dessen die Aktivlegitimation der Antragstellerin Ziff. 1 nicht auf der Rückabtretung beruht, nicht wesentlich ins Gewicht. Deswegen erscheint eine Aufteilung der Kostentragungspflicht bei der Rechtsverfolgung zwischen dem Kreissozialamt (für Rückstände) und Antragstellerin Ziff. 1 (für laufenden Unterhalt) nicht angezeigt.
Weil die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung (§ 114 ZPO) bei der im PKH-Prüfverfahren gebotenen summarischen Betrachtungsweise nicht zweifelhaft erscheint, ist den Antragstellerinnen wie beantragt Prozesskostenhilfe für den ersten Rechtszug zu bewilligen. Dem Unterhaltsschuldner wurde bereits in erster Instanz Gelegenheit zur Stellungnahme zum Gesuch der Antragstellerinnen gegeben.
Fundstellen