Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen aufgrund angehobenen Tagespflegesatzes nach dem SGB VIII
Verfahrensgang
VG Schwerin (Beschluss vom 21.10.1999; Aktenzeichen 6 B 761/99) |
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluß des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21. Oktober 1999 geändert.
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, seit Rechtshängigkeit des Antrags des Antragstellers Leistungen im Heimbereich auf der Grundlage eines Tagespflegesatzes pro betreute Person in Höhe von 151,18 DM zu vergüten, bis eine neue Entgeltvereinbarung wirksam geworden ist.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsgegner; das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Tatbestand
I.
Der Antragsteller ist freier Träger der Jugend-, Sozial- und Bildungsarbeit. Er betreibt eine Einrichtung, die über das Jugendamt des Antragsgegners mit nach dem Kinder- und Jugendhilfegesetz zu betreuenden Personen belegt wird. Gegenstand der Auseinandersetzungen ist der Einrichtungsteil „Wohngruppen der Heimerziehung”.
Die Beteiligten schlössen am 20.06.1997 eine Entgeltrahmenvereinbarung der Kinder- und Jugendhilfe im Landkreis Güstrow. Hinsichtlich der Teilentgelte für Unterkunft, Verpflegung und sozialpädagogische Betreuung waren in § 3 dieser Vereinbarung die abzugeltenden Kosten bestimmt, zu denen auch die Personal- und Personalnebenkosten der notwendigen Leitungs- und Verwaltungskräfte sowie die Zentralverwaltungskosten gehörten. Auf der Basis dieser Vereinbarung wurden konkrete Entgeltvereinbarungen getroffen. Durch Vereinbarung vom 09.11.1995 war der Tagespflegesatz mit Wirkung ab 01.01.1995 auf 151,18 DM festgesetzt worden. Dieser Pflegesatz blieb bis zum 31.12.1997 gültig. Für die Jahre 1998 bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt konnten die Beteiligten sich nicht über eine neue Entgeltvereinbarung verständigen.
Mit Schreiben vom 22.04.1998 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, im Ergebnis der Beratung am 16.04.1998 sei folgendes vereinbart worden: Ab 01.04.1998 würden 100 % auf der Basis des bis zum 31.12.1997 gültigen Pflegesatzes maximal bis zum 31.12.1998 unter Vorbehalt vorläufig gezahlt. Nach bestätigtem Pflegesatz für das laufende Jahr 1998 erfolge eine Verrechnung.
Mit Schreiben vom 30.07.1999 teilte der Antragsgegner dem Antragsteller mit, er werde ab August 1999 die Leistungen im Heimbereich auf der Grundlage des unterbreiteten Pflegesatzangebots 1998 vergüten. Dieses belief sich gemäß Schreiben vom 11.02.1999 auf 135,30 DM/Belegtag.
Weitere Verhandlungen blieben ergebnislos. Eine Schiedsstelle nach § 78 g Sozialgesetzbuch Teil VIII – SGB VIII – ist bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht eingerichtet.
Am 24.08.1999 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Er hat beantragt,
seine Leistungen im Heimbereich auf der Grundlage eines Tagespflegesatzes pro betreuter Person in Höhe von 151,18 DM bis zum Abschluß einer neuen Entgeltvereinbarung zu vergüten.
Der Antragsgegner hat beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
Er hat insbesondere darauf verwiesen, daß entgegen den früheren Vereinbarungen die darin anerkannten Kosten für die Zentralverwaltung nicht berücksichtigt werden könnten, weil dies voraussetze, daß die Einrichtung selbst keinerlei Leitungs- und Verwaltungspersonal habe. Außerdem sei die Einrichtung des Antragstellers nicht in ihrem Bestand gefährdet.
Das Verwaltungsgericht Schwerin hat den Antrag durch Beschluß vom 21.10.1999 abgelehnt. Der Antragsteller habe keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Es sei nicht erkennbar, daß er die von ihm angestrebte Entscheidung der Schiedsstelle des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht abwarten könne. Sie sei nach Auskunft des Landesjugendamts zwischenzeitlich geschaffen worden und zumindest in Kürze arbeitsfähig. Daß für diese relativ kurze Zeit der Differenzbetrag, der unter 9 % des begehrten vorläufigen Satzes liege, nicht über eine Kreditierung oder aus eigenen Mitteln überbrückt werden könne, habe der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht.
Auf den Antrag des Antragstellers hat der Senat die Beschwerde durch Beschluß vom 23.03.2000 zugelassen.
Zur Begründung der Beschwerde trägt der Antragsteller vor, er habe einen Anordnungsanspruch aus § 78 d Abs. 4 SGB VIII. Aufgrund des seinerzeit erzielten Einvernehmens im April 1998 habe er davon ausgehen können, daß eine einseitige Beendigung der Vereinbarung nicht vorgenommen werde.
Der Antragsteller beantragt,
den Beschluß des Verwaltungsgerichts Schwerin vom 21.10.1999 zu ändern, und
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, seine Leistungen im Heimbereich auf der Grundlage eines Tagespflegesatzes pro betreuter Person in Höhe von 151,18 DM bis zum Abschluß einer neuen Entgelt-Vereinbarung zu vergüten.
Der Antragsgegner tritt der Beschwerde entgegen.
Er verteidigt den Beschluß des Verwaltungsgerichts. Aus § 78 d Abs. 4 SGB VIII lasse sich kein Anordnungsanspruch herleiten. Mit der Kündigung der Pflegesätze zum 31.12.1997 sei die Leistungspflicht erloschen. Er habe darau...