OFD Chemnitz, Verfügung v. 10.1.2005, S 2706 - 145/2 - St 21
Die obersten Finanzbehörden haben im Zusammenhang mit der Umsetzung des sog. Hartz-IV-Gesetzes ertragsteuerliche Fragen erörtert.
Das Hartz-IV-Gesetz (SGB II) regelt insbes. die Aufgabenverteilung zwischen Bund und Kommunen für die zum 1.1.2005 im neuen Leistungssystem, der Grundsicherung für Arbeitssuchende, zusammengeführte Arbeitslosen- und Sozialhilfe. Träger der Grundsicherung sind die Bundesagentur für Arbeit sowie die kommunalen Träger (kreisfreie Städte und Kreise). § 44b SGB II bestimmt, dass die Leistungsträger durch privat-rechtlich oder öffentlich-rechtliche Verträge Arbeitsgemeinschaften errichten. Bei der Errichtung der Arbeitsgemeinschaften ist die Frage aufgetreten, ob die dabei vorgesehene Personalgestellung von Kommunen an die Arbeitsgemeinschaften eine Steuerpflicht auslöst. Die obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder haben verschiedene Fallvarianten erörtert und sind dabei zu folgenden Ergebnissen gekommen:
1. Personalüberlassung durch die Träger der Grundsicherung (kommunale Träger bzw. Bundesagentur) an die Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II
a) Sachverhalt/Grundlage
Die Bundesagentur bzw. die Kommunen (Kreise und kreisfreie Städte) sind jeweils für ihren nach SGB II normierten Bereich eigenständiger Träger von Verpflichtungen zur Erbringung der Grundsicherung. Die von dem jeweiligen Träger insoweit zu erbringenden Tätigkeiten sind hoheitlich. Die Träger setzen zur Erfüllung der ihnen jeweils obliegenden Leistungen Personal ein (i.d.R. eigenes Personal, Beamte und/oder Angestellte). Nach § 44b SGB II ist vorgesehen, dass die beiden Träger zur einheitlichen Leistungserbringung eine Arbeitsgemeinschaft gründen, die damit zum Träger der Verpflichtung wird. Die Arbeitsgemeinschaft, die vielfach als Kapitalgesellschaft verfasst ist, ist Beliehener, das heißt, sie erbringt hoheitliche Leistungen.
Die Arbeitsgemeinschaft hat noch kein eigenes Personal. Deshalb kommt es zur Überlassung des Personals seitens der Bundesagentur bzw. der Kommunen gegen Kostenersatz.
b) Ergebnis
Die Personalüberlassung an eine Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft führt nicht zur Steuerpflicht beim Bund oder bei der Kommune. Vor dem Hintergrund des gesetzgeberischen Ziels einer einheitlichen Leistungserbringung durch die Arbeitsgemeinschaft wird mit der Personalüberlassung kein steuerpflichtiger Betrieb gewerblicher Art begründet.
Soweit die Arbeitsgemeinschaft in der Rechtsform einer „öffentlich-rechtlichen BGB-Gesellschaft” gegründet wird, stellt die Beteiligung der Träger der Grundsicherung an der Gesellschaft keine Beteiligung an einer steuerpflichtigen Mitunternehmerschaft dar. Die Tätigkeiten der Gesellschaft sind den Gesellschaftern im Ergebnis unmittelbar zuzurechnen. Sie stellen bei ihnen eine hoheitliche Tätigkeit dar.
2. Personalüberlassung durch eine bisher mit den Aufgaben der Sozialhilfe betraute Kommune
a) Sachverhalt/Grundlage
In einzelnen Ländern waren bisher Kommunen mit der Aufgabe der Sozialhilfe betraut. Im Zug der Gesetzgebung zu Hartz IV geht diese Aufgabe ab 2005 auf andere juristische Personen des öffentlichen Rechts (i.d.R. Kreise) über. Das bisher von den Kommunen im Bereich Sozialhilfe eingesetzte Personal wird entweder an die künftigen Träger der Grundsicherung nach SGB II oder an die Arbeitsgemeinschaft nach § 44b SGB II überlassen.
b) Ergebnis
Auch bei derartigen Fallgestaltungen sind die Grundsätze unter l. anzuwenden. Die Personalüberlassung führt somit zu keinem steuerpflichtigen Betrieb gewerblicher Art.
3. Personalüberlassung durch eine mit Dienstherrenbefugnissen ausgestattete Kapitalgesellschaft an Leistungserbringer nach SGB II
a) Sachverhalt/Grundlage
Insbesondere wegen des hohen Personalbedarfs im Zug der Einführung von Hartz IV haben einzelne Leistungserbringer mit Kapitalgesellschaften, die aus einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung hervorgegangen sind und mit Dienstherrenbefugnissen gegenüber übernommenen Beamten ausgestattet sind, Verträge über Personalüberlassung geschlossen.
b) Ergebnis
Die aus einer öffentlich-rechtlichen Einrichtung hervorgegangene Kapitalgesellschaft ist nach den allgemein für diese Gesellschaftsform geltenden Grundsätzen zu besteuern. Der Umstand, dass sie Dienstherrenbefugnisse besitzt, kann keine andere Behandlung rechtfertigen. Dass der Beliehene ggf. hoheitliche Tätigkeiten ausübt, spielt keine Rolle. Die Kapitalgesellschaft ist mit der Personalüberlassung ertrag- und umsatzsteuerpflichtig.
Das Sächsische Staatministerium der Finanzen hat den Sächsischen Städte- und Gemeindetag e.V. entsprechend unterrichtet.
Normenkette
SGB II § 44b;
KStG § 4