2.1 Gesetzliches Rückforderungsrecht
Schenkungen, auch im Rahmen vorweggenommener Erbfolge, sind für alle Beteiligten riskant, soweit es um eine umfassende Vermögensübertragung geht. Der Schenker riskiert die finanzielle Abhängigkeit vom Ehepartner und den Kindern, schlimmstenfalls die Altersarmut.
Soweit der Schenker nach der Vollziehung der Schenkung außerstande ist, seinen angemessenen Unterhalt selbst zu bestreiten, kann er von dem Beschenkten die Herausgabe des Geschenks fordern. Der Anspruch auf Rückgewähr des Geschenks wegen Notbedarfs setzt nur voraus, dass die Schenkung vollzogen ist und die schenkende Person nach Abschluss des Schenkungsvertrags nicht in der Lage ist, ihren angemessenen Unterhalt zu bestreiten. Es kommt nicht darauf an, ob der Notbedarf vor oder nach Vollziehung der Schenkung entstanden ist. Eine Rückforderung kommt auch bei gemischter Schenkung in Betracht.
Das Rückforderungsrecht besteht gegenüber jedem Beschenkten, unabhängig vom Verwandtschaftsgrad. Der Beschenkte kann die Herausgabe des Geschenks durch Zahlung des für den Unterhalt erforderlichen Betrags abwenden. Der Rückforderungsanspruch ist auf die regelmäßig wiederkehrenden Leistungen zur Bedarfsdeckung beschränkt.
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenks ist aber ausgeschlossen, soweit der Beschenkte bei Berücksichtigung seiner sonstigen Verpflichtungen (gegenwärtig) außerstande ist, das Geschenk herauszugeben, ohne dass sein standesmäßiger Unterhalt oder die Erfüllung der ihm kraft Gesetzes obliegenden Unterhaltspflichten gefährdet wird. Erfolgt die unentgeltliche Grundstücksübertragung mit der Abrede, dass der Erwerber bei einer Weiterveräußerung verpflichtet ist, den Übertragenden im Notfall aus dem Erlös zu unterstützen, findet § 529 Abs. 2 BGB keine Anwendung, wenn die Vertragsauslegung ergibt, dass es sich nicht um eine echte Schenkung gehandelt hat.
Macht der verarmte Schenker den Rückforderungsanspruch bezüglich eines Rechts an einem Grundstück geltend, kann der Beschenkte seiner auf Zahlung entsprechend der Bedürftigkeit des Schenkers gerichteten Zahlungspflicht dadurch entgehen, dass er die Rückübertragung des Geschenks anbietet.
Die vereinbarungsgemäß unentgeltliche Aufgabe eines dinglichen Wohnrechts löst im Falle der Verarmung auch dann einen Rückforderungsanspruch aus, wenn der Wohnrechtsinhaber an der Ausübung kein Interesse mehr hat, er aber objektiv die Möglichkeit hätte, sein Recht weiter zu nutzen.
Der Verzicht auf einen Nießbrauch ist eine Schenkung, die im Falle der Verarmung des Schenkers gem. § 528 Abs. 1 BGB nach den Vorschriften über die ungerechtfertigte Bereicherung herauszugeben ist.
Schenkungen werden auch im Rahmen von Sozialhilfeanträgen von den Behörden geprügt und ggf. abgelehnt wegen möglicher Rückforderungsansprüchen des Schenkers gegen den Beschenkten.
Der Verzicht auf einen Rückforderungsanspruch, dessen Bedingung noch nicht eingetreten ist, stellt keine Schenkung i. S. v. § 528 BGB dar.
2.2 Bedeutung der 10-Jahres-Frist
Der Anspruch auf Herausgabe des Geschenkes ist ausgeschlossen, wenn zur Zeit des Eintritts der Bedürftigkeit des Schenkers seit der Leistung des geschenkten Gegenstandes 10 Jahre verstrichen sind. Die 10-Jahres-Frist beginnt mit Vollzug der Schenkung zu laufen. Wird ein Grundstück ohne Gegenleistung übertragen, ist dies bereits dann der Fall, wenn der Beschenkte auf der Basis eines formgerechten Schenkungsvertrags und der Auflassung einen Antrag auf Eintragung der Rechtsänderung beim Grundbuchamt gestellt hat. Es gilt eine wirtschaftliche Betrachtungsweise. Der Schenker muss alles getan haben, was für den Rechtsübergang des Zuwendungsgegenstands erforderlich ist. Der Beschenkte muss endgültig bereichert sein. Letzteres war bei Grundstücksübertragungen gegen Einräumung eines Wohnrechts oder Vorbehaltsnießbrauches lange Zeit fraglich. Laut BGH hindert der Vorbehalt eines lebenslangen Nutzungsrechts aber nicht den Beginn der 10-Jahres-Frist nach § 529 Abs. 1 Fall 2 BGB.
Soweit notariell Rückforderungsklauseln zugunsten des Schenkers vereinbart worden sind, ist das Rückforderungsrecht nicht auf zehn Jahre beschränkt.
§ 529 Abs. 1 Variante 2 BGB stellt nicht auf einen drohenden Notbedarf, sondern auf eine bereits eingetretene Bedürftigkeit ab. Es genügt deshalb nicht, wenn vor Ablauf der Zehn-Jahres-Frist die Umstände eingetreten sind, aus denen sich früher oder...