Für Inklusion und Teilhabe von Menschen mit Behinderung, von Behinderung bedrohten und chronisch kranken Menschen haben die Leistungen der Rehabilitation eine sehr hohe Bedeutung. Beschreibbar als Prozess umfasst Rehabilitation definierte Phasen wie die Erkennung und die Feststellung des Reha-Bedarfs, die Durchführung der Leistungen zur Teilhabe bis hin zu Aktivitäten nach Ende der Leistung.
Alle am Prozess Beteiligten haben das Ziel, zu einer erfolgreichen Rehabilitation beizutragen. Dabei hat das Ziel durchaus mehrere Facetten: bestmögliche Teilhabe für den Menschen mit Beeinträchtigung erreichen und nachhaltig sichern, die finanziellen Mittel erfolgreich einsetzen, eine gute Maßnahme-Qualität erbringen.
Im Reha-Prozess ist die Abstimmung der einzelnen Phasen aufeinander und deren Ausrichtung auf die Bedarfe und Bedürfnisse des Menschen mit Beeinträchtigung von hoher Bedeutung. Um dem Teilhabebedarf des Einzelnen gerecht zu werden, sind an vielen Stellen dieses Prozesses individuelle Feststellungen und Entscheidungen zu treffen.
Abstimmung ist aber auch aus einem anderen Grund erforderlich: Im deutschen Sozialleistungssystem gibt es insgesamt acht für Rehabilitation zuständige Leistungsträger und viele unterschiedliche Leistungserbringer, die die Leistungen durchführen. Für eine erfolgreiche Rehabilitation müssen die am konkreten Prozess Beteiligten zusammenarbeiten.
Reha und Teilhabe kann ein weiter Weg sein, der ohne eine gute Zusammenarbeit der Beteiligten holprig werden kann. Und je komplexer der Unterstützungsbedarf des Menschen mit Beeinträchtigung ist, desto mehr kommt es auf das Miteinander der Akteure und die Gestaltung des Reha-Prozesses an.
Das Bundesteilhabegesetz umfasst sehr konkrete Vorgaben WAS dafür einzuhalten ist.
In Stichworten geht es darum:
- Bedarfserkennung so früh wie möglich
- Zuständigkeitsklärung nicht zu Lasten des Leistungsberechtigten
- Bedarfsermittlung so umfassend wie möglich
- Teilhabeplanung verbindlich bei komplexerem Hilfebedarf
- Leistungsentscheidung möglichst ohne Umwege
- Hohe Qualität der Durchführung der Leistungen
- Nachsorge, um den Erfolg nachhaltig zu sichern.
WIE die konkrete Umsetzung erfolgen soll, bleibt Aufgabe der Reha-Träger, dies im Rahmen einer Gemeinsamen Empfehlung für sich zu regeln.
Mit der Gemeinsamen Empfehlung Reha-Prozess haben die Reha-Träger in einem intensiven Prozess auf Ebene der BAR Regelungen erarbeitet und miteinander vereinbart, wie sie die Vorschriften des SGB IX auslegen und umsetzen. Damit schafft die Gemeinsame Empfehlung als untergesetzliche Regelungsebene mehr Rechtssicherheit für die Rehabilitationsberaterinnen und Rehabilitationsberater vor Ort, aber auch für die potentiellen Rehabilitandinnen und Rehabilitanden.
Diese Gemeinsame Empfehlung Reha-Prozess beschreibt einen idealtypischen Reha-Prozess. Die trägerübergreifenden Verfahrensregularien sollen die inhaltliche Transparenz erhöhen, den erforderlichen Austausch zwischen den Beteiligten verstärken und das gemeinsame Handeln fördern. Die Gestaltung des individuellen Reha-Prozesses ist für alle Akteure eine Herausforderung: Für die Reha-Träger, für die Leistungserbringer und auch für die Leistungsberechtigten, die in und an ihrem Prozess nunmehr mitwirken und ihre Interessen vertreten sollen.
Planung und Steuerung ist im Interesse aller Beteiligten. Denn wer plant, gewinnt und spart Zeit, vergisst nichts Wichtiges und hat somit beste Aussichten, Ziele vollständig zu realisieren. Dafür stellt die Gemeinsame Empfehlung Reha-Prozess eine wichtige Handreichung dar. Sie für die Menschen mit Beeinträchtigung individuell anzuwenden und zum hilfreichen Instrument zu machen – darauf wird es jetzt ankommen.
Die BAR dankt allen Beteiligten für ihr Engagement bei der Erarbeitung der Gemeinsamen Empfehlung Reha-Prozess.
Prof. Dr. Helga Seel
Geschäftsführerin der BAR
Präambel
Leistungen zur Teilhabe haben das Ziel, die Selbststimmung und volle, wirksame und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung und von Behinderung bedrohter Menschen, einschließlich Menschen mit chronischer Erkrankung, zu fördern, Benachteiligungen zu vermeiden oder ihnen entgegenzuwirken (§ 1 SGB IX). Die Unterstützung bzw. Ermöglichung gesellschaftlicher Teilhabe ist für Menschen mit Behinderung von zentraler Bedeutung, da diese ihre gesamte Lebenssituation betrifft.
Mit dieser Gemeinsamen Empfehlung wird vor allem an die Artikel 24-27 sowie die Artikel 6, 7, 19 und 20 der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderung (UN-BRK) angeknüpft und vereinbart, wie eine effektive und effiziente Ausgestaltung des gesamten Rehabilitationsprozesses zielgerichtet sichergestellt werden kann. Dies umschließt auch die frühestmögliche, wirksame Erkennung notwendiger Teilhabeleistungen des SGB IX und eine möglichst schnelle und bedarfsgerechte Leistungserbringung.
Nach Kapitel 2 bis 4 Teil 1 SGB IX sind die Rehabilitationsträger im Rahmen der durch Gesetz, Rechtsverordnung oder allgemeine Verwaltungsvorschrift getroffenen Regelungen...