Leitsatz (amtlich)
Eine fehlerhafte Willensbildung des Gerichts - hier: bei Durchführung des Versorgungsausgleichs unter Verwendung eines familienrechtlichen Computerprogramms - kann nicht entsprechend § 319 ZPO korrigiert werden.
Verfahrensgang
AG Saarlouis (Beschluss vom 16.10.2003; Aktenzeichen 20 F 404/02 VA) |
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des AG - FamG - in Saarlouis vom 16.10.2003 - 20 F 404/02 VA - aufgehoben.
Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Beschwerdewert: 500 Euro.
Gründe
I. Der am Dezember 1953 geborene Ehemann (Antragsteller) und die am September 1957 geborene Ehefrau (Antragsgegnerin) haben am August 1983 die Ehe geschlossen, aus der ein Kind hervorgegangen ist. Der Scheidungsantrag des Ehemannes wurde der Ehefrau am 27.1.2003 zugestellt.
Während der Ehezeit (1.8.1983 bis 31.12.2002, § 1587 Abs. 2 BGB) haben beide Parteien Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung bei der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA, Beteiligte zu 1)) erworben. Die Ehefrau hat außerdem eine am Ende der Ehezeit bereits laufende Betriebsrente der Kirchlichen Zusatzversorgungskasse Rheinland-Westfalen (KZVK, Beteiligte zu 2)) erlangt.
Das FamG hat die Ehe vorab geschieden (rechtskräftig seit 3.7.2003). Durch Beschluss vom 5.9.2003 - 20 F 404/02 VA - hat es den Versorgungsausgleich - nach Dynamisierung der Anrechte der Ehefrau bei der KZVK unter Anwendung der Tabelle 1 der BarwertVO - dahin geregelt, dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 37,67 Euro auf dasjenige der Ehefrau bei der BfA übertragen und die Umrechnung in Entgeltpunkte angeordnet hat. Ein Rechtsmittel ist hiergegen weder von den Parteien noch von den beteiligten Versicherungsträgern eingelegt worden.
Durch den angefochtenen Beschluss, auf den ergänzend Bezug genommen wird, hat das FamG diese Entscheidung "wegen offensichtlicher Unrichtigkeit" - bei der Umrechnung der Betriebsrente der Ehefrau sei die Tabelle 7 der BarwertVO und nicht Tabelle 1 anzuwenden - "aufgehoben" und dahin "neu gefasst", dass es vom Versicherungskonto des Ehemannes bei der BfA nunmehr Rentenanwartschaften i.H.v. monatlich 2,28 Euro auf dasjenige der Ehefrau übertragen und die Umrechnung in Entgeltpunkte angeordnet hat. Dieser Beschluss ist der Ehefrau am 17.12.2003 zugestellt worden.
Mit ihrer hiergegen gerichteten, am 15.1.2004 beim Senat eingegangenen Beschwerde erstrebt die Ehefrau die Aufhebung dieses Beschlusses. Sie macht geltend, dass das FamG wegen § 18 Abs. 2 FGG zu einer amtswegigen Abänderung seiner Entscheidung nicht befugt gewesen sei.
Der Ehemann bittet um Zurückweisung der Beschwerde. Die weiteren Beteiligten haben von einer Stellungnahme zum Rechtsmittel der Ehefrau abgesehen.
II. Die Beschwerde der Ehefrau ist statthaft und auch im Übrigen zulässig.
In entsprechender Anwendung des § 319 Abs. 1 ZPO im Bereich der freiwilligen Gerichtsbarkeit prinzipiell zulässige Berichtigungsentscheidungen (BGH v. 9.2.1989 - V ZB 25/88, MDR 1989, 531 = NJW 1989, 1281) sind mit dem gegen die zu berichtigende Entscheidung statthaften Rechtsmittel - hier der befristeten Beschwerde (§ 621e ZPO) - anfechtbar (Bassenge/Herbst, FGG/RPflG, 5. Aufl., § 18 FGG, II 2; Bumiller/Winkler, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 7. Aufl., § 18, Rz. 3; vgl. auch Keidel/Schmidt, Freiwillige Gerichtsbarkeit, 15. Aufl., § 18, Rz. 62). Die Beschwerde der Ehefrau ist nach Maßgabe der §§ 621e Abs. 1 und 3, 517, 520 ZPO fristgerecht eingelegt und begründet worden.
Das Rechtsmittel hat auch in der Sache Erfolg und führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses.
Das FamG hat in seiner - soweit ersichtlich auf eine unmittelbare oder entsprechende Anwendung des § 319 ZPO gestützten - Berichtigungsentscheidung den Rahmen dieser Vorschrift überschritten. Zwar lässt § 319 Abs. 1 ZPO bei Schreibfehlern, Rechenfehlern und ähnlichen offenbaren Unrichtigkeiten jederzeit eine Berichtigung von Amts wegen zu. Mit Hilfe dieser Bestimmung kann aber nur eine versehentliche Abweichung zwischen dem vom Gericht Erklärten und dem von ihm Gewollten, nicht aber eine falsche Willensbildung des Gerichts korrigiert werden; stets muss der Irrtum "offenbar" sein, d.h. er muss sich aus dem Zusammenhang der Entscheidung selbst oder mindestens aus den Vorgängen bei ihrem Erlass oder ihrer Verkündung nach außen deutlich ergeben und damit auch für Dritte ohne Weiteres erkennbar sein (BGH v. 9.2.1989 - V ZB 25/88, MDR 1989, 531 = NJW 1989, 1281; vom 12.1.1984 - III ZR 95/82, MDR 1984, 824 = NJW 1985, 742). Nach diesem Maßstab liegt eine der amtswegigen Berichtigung entsprechend § 319 Abs. 1 ZPO (dazu BGH v. 9.2.1989 - V ZB 25/88, MDR 1989, 531 = NJW 1989, 1281; vom 12.1.1984 - III ZR 95/82, MDR 1984, 824 = NJW 1985, 742) zugängliche Unrichtigkeit hier nicht vor. Die Ausgangsentscheidung vom 5.9.2003 ist - wovon auch das FamG in dem angefochtenen Be...