Leitsatz (amtlich)
Wird Mehrbedarf nach § 21 SGB II als staatliche Leistung gewährt, ist dieser bei der Berechnung des für die Verfahrenskosten einzusetzenden Einkommens zwar zunächst als Einkommen zu behandeln, sodann aber wieder pauschal abzuziehen, soweit § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in der am 1.1.2014 in Kraft getretenen Fassung zur Anwendung kommt.
Normenkette
ZPO § 115 Abs. 1 Nr. 4 Fassung: 2014-01-01; SGB 2 § 21
Verfahrensgang
AG St. Ingbert (Beschluss vom 08.05.2014; Aktenzeichen 4 F 35/14 VKH 2) |
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG in Saarbrücken gegen den Beschluss des AG - Familiengericht - in St. Ingbert vom 8.5.2014 - 4 F 35/14 VKH2 - wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
Gründe
Durch den angefochtenen Beschluss hat das Familiengericht der Antragsgegnerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe für das noch nicht abgeschlossene Umgangsverfahren bewilligt.
Hiergegen richtet sich die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bei dem LG, mit der begehrt wird, dass der Antragsgegnerin die Zahlung monatlicher Raten auf die Verfahrenskosten von 14 EUR auferlegt wird.
Die nach § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. §§ 127 Abs. 3, 567 ff. ZPO zulässige sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors bleibt ohne Erfolg.
Zu Recht hat das Familiengericht von der Auferlegung von Raten abgesehen und der Antragsgegnerin ratenfreie Verfahrenskostenhilfe bewilligt.
Insoweit kommt es nicht darauf an, ob der Antragsgegnerin - wovon der Bezirksrevisor offensichtlich ausgeht - für ihren Sohn F. auch derzeit noch für den Zeitraum ab April 2014 Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz zufließen, wofür sich allerdings schon kein Beleg in der Akte findet. Dies würde zudem - worauf das Familiengericht zutreffend hinweist - der klaren gesetzlichen Regelungen nach §§ 1 Abs. 1, 2 UVG widersprechen, nachdem der Kindesvater - nach dem vorgelegten Kontoauszug und entsprechend der Berechnungen im Bescheid des Jobcenters Saarpfalz-Kreis vom 24.3.2014 für den Zeitraum ab April 2014 - für alle drei Kinder den um das hälftige Kindergeld bereinigten Mindestunterhalt - nahezu vollständig - zahlt.
Denn der Beschwerde muss schon deshalb der Erfolg versagt bleiben, weil der Bezirksrevisor bei seiner der Beschwerde beigefügten Berechnung § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in der am 1.1.2014 in Kraft getretenen Fassung nicht beachtet hat und danach fehlerhaft von einem einzusetzenden Einkommen der Antragsgegnerin ausgegangen ist.
Soweit der Bezirksrevisor in seiner Stellungnahme vom 11.8.2014 Bezug auf - auch höchstrichterliche - Rechtsprechung genommen hat, wird verkannt, dass diese Rechtsprechung zu § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in der bis zum 31.12.2013 geltenden Fassung (a.F.) ergangen ist, weil die Verfahrenskostenhilfe in den dort zur Entscheidung gestellten Fällen vor dem 1.1.2014 beantragt worden war (§ 40 EGZPO; so auch ausdrücklich in der Entscheidung des 9. Zivilsenats vom 18.3.14 - 9 WF 20/14).
Vorliegend wurde der Verfahrenskostenhilfeantrag der Antragsgegnerin aber nach dem 1.1.2014 gestellt, so dass unzweifelhaft § 115 Abs. 1 Nr. 4 ZPO in der aktuellen Fassung anzuwenden ist. Danach sind aber vom Einkommen Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch abzusetzen. Dabei handelt es sich u.a. um Mehrbedarfe von Personen, die mit einem oder mehreren minderjährigen Kindern zusammenleben und allein für deren Pflege und Erziehung sorgen. Ausweislich des vorgelegten Bescheides nach dem SGB II vom 24.3.2014 wurde ein Mehrbedarf der Antragsgegnerin als Alleinerziehende mit drei Kindern von 140,76 EUR monatlich anerkannt (§ 21 Abs. 3 Nr. 1 SGB II). Abweichend von der Auffassung des Bezirksrevisors ist dieser Mehrbedarf im hier gegebenen Fall, dass die Antragsgegnerin diesen als staatliche Leistung erhält, zunächst zwar als Einkommen zu behandeln, aber sodann pauschal wieder abzuziehen (vgl. Giers, Die Reform der Prozesskosten-, Verfahrenskosten- und Beratungshilfe, FamRZ 2013, 1341, 1342). Einer Darlegung konkreten Mehrbedarfs durch die Antragsgegnerin bedarf es insoweit nicht.
Entsprechend ist von dem in der Berechnung des Bezirksrevisors als einzusetzendes Einkommen errechneten Betrag von (abgerundet) 28 EUR der im angesetzten Einkommen der Antragsgegnerin von 473,77 EUR monatlich enthaltene Mehrbedarf von 140,76 EUR monatlich abzuziehen, so dass ein für die Verfahrenskosten einzusetzendes Einkommen der Antragsgegnerin nicht verbleibt.
Die sofortige Beschwerde des Bezirksrevisors ist demnach zurückzuweisen.
Der Kostenausspruch beruht auf § 76 Abs. 2 FamFG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist nicht veranlasst.
Fundstellen