rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Nichterhebung von Gerichtskosten bei Ablehnung einer PKH-Antrags mangels Erfolgsaussichten. Klageabweisung und Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung
Leitsatz (redaktionell)
1. Als unrichtige Sachbehandlung i. S. v. § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG kommt auch eine richterliche Handlung in Betracht, wenn die entsprechende Verfahrensweise des Gerichts offensichtlich und eindeutig gegen eine gesetzliche Bestimmung verstoßen hat; auf ein Verschulden des Gerichts kommt es hierbei nicht an.
2. Waren die persönlichen Voraussetzungen der Partei für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfüllt und hat das Finanzgericht zunächst wegen Fehlens der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache den Prozesskostenhilfeantrag mangels Erfolgsaussichten rechtmäßig abgelehnt, gelangt es sodann jedoch im weiteren Verlaufe seines Verfahrens zur Bejahung der grundsätzlichen Bedeutung, so gebietet es die prozessuale Fürsorgepflicht als Ausfluss des Grundrechts auf ein faires Verfahren, der betreffenden Partei nahezulegen, ein neuerliches Prozesskostenhilfegesuch anzubringen und sich damit die im Lichte der nunmehr gegebenen Rechtserkenntnis des Gerichts zustehende Prozesskostenhilfe zu sichern.
3. Hat das Gericht einen derartigen Hinweis unterlassen und die Klage abgewiesen, aber die Revision zum BFH wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zugelassen, so sind die Voraussetzungen für eine Nichterhebung der für das Klageverfahren entstandenen Gerichtskosten nach § 21 Abs. 1 GKG mit der Maßgabe erfüllt, dass die Partei nicht besser gestellt werden darf als bei Bewilligung von Prozesskostenhilfe und dass deswegen die Nichterhebung der Gerichtskosten dann und insoweit endet, als etwa in der Zukunft bei der Partei die persönlichen Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe entfallen und die Voraussetzungen nach § 124 ZPO für die Aufhebung von Prozesskostenhilfe, wäre diese denn gewährt worden, eintreten.
Normenkette
GKG § 21 Abs. 1 S. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1, § 142; ZPO § 124
Tenor
1. Von der Erhebung der Gerichtskosten im Verfahren 5 K 1541/07 (Kg) wird mit der Maßgabe abgesehen, dass diese Entscheidung dann und insoweit entfällt, als bei der Erinnerungsführerin künftig in Bezug auf dieses Verfahren die Voraussetzungen für die Aufhebung von Prozesskostenhilfe (§ 142 FGO i.V.m. § 124 ZPO) gegeben sein sollten.
2. Das Verfahren ist gebührenfrei.
3. Außergerichtliche Auslagen werden nicht erstattet.
Tatbestand
I.
Unter dem Aktenzeichen 5 K 1541/07 (Kg) führte die Erinnerungsführerin vor dem Sächsischen Finanzgericht gegen die zuständige Familienkasse ein Klageverfahren wegen Familienleistungsausgleichs (Kindergeld). Streitpunkt in diesem Verfahren war, ob die der Erinnerungsführerin, einer ukrainischen Staatsangehörigen, für den streitigen Zeitraum erteilte Aufenthaltserlaubnis den Voraussetzungen des § 62 Abs. 2 Nr. 2 EStG genügte. Diese Aufenthaltserlaubnis besaß die Erinnerungsführerin auf der Grundlage des § 34 Abs. 3 Aufenthaltsgesetz. Sie war mit folgender Nebenbestimmung versehen: „Selbständige Erwerbstätigkeit nicht gestattet. Beschäftigung nur mit Erlaubnis der Ausländerbehörde gestattet.”
Die Erinnerungsführerin vertrat durch ihren Prozessbevollmächtigten unter Hinweis auf die Materialien zum neugefassten § 62 Abs. 2 EStG die Rechtsansicht, dass es auch bereits dann die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit im Sinne dieser Bestimmung darstelle, wenn die konkrete Erwerbstätigkeit nur mit Genehmigung der Ausländerbehörde aufgenommen werden dürfe. Die beklagte Familienkasse trat diesem Rechtsstandpunkt entgegen.
Den Antrag der Erinnerungsführerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe lehnte der 5. Senat des Sächsischen Finanzgerichts durch Beschluss vom 26.01.2009 ab. Er verwies dabei darauf, dass der Erinnerungsführerin für den Streitzeitraum weder eine selbständige Erwerbstätigkeit gestattet worden sei noch sie eine Erlaubnis der Ausländerbehörde zur Aufnahme einer Beschäftigung vorgelegt habe. Die hiergegen eingelegte Gehörsrüge der Erinnerungsführerin, mit der diese einwandte, ihr maßgeblicher rechtlicher Gesichtspunkt sei in dem Ablehnungsbeschluss nicht erörtert worden, wies der 5. Senat durch Beschluss vom 15.04.2009 in der Sache zurück. Er vertrat darin die Rechtsansicht, dass ein Kindergeldanspruch nur bestehen könne, wenn der betreffende Ausländer berechtigt erwerbstätig sei; die nur hypothetische Möglichkeit, dass die Ausländerbehörde eine Erwerbstätigkeit genehmigen könnte, genüge nicht. Darin liege auch keine schwierige Rechtsfrage.
Durch Beschluss vom 21.04.2009 übertrug der 5. Senat den Rechtsstreit der Berichterstatterin als Einzelrichterin zur Entscheidung. In der mündlichen Verhandlung vor der Einzelrichterin am 08.06.2009 bekräftigte die Erinnerungsführerin durch ihren Prozessbevollmächtigten ihren Rechtsstandpunkt.
Durch Urteil auf Grund der genannten mündlichen Verhandlung wies die Berichterstatterin die Klage ab. Die Erinnerungsführerin habe i...