Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Einkommensberechnung bei selbständiger Arbeit. Absetzung nur der zwingend notwendigen tatsächlichen Ausgaben von den Betriebseinnahmen. Anpassung an die Lebensumstände während des Leistungsbezugs
Leitsatz (amtlich)
1. Personalkosten und Aufwendungen für Dienstleistungen Dritter können bei laufendem SGB 2-Bezug nur als notwendige Ausgaben des selbständig Tätigen abgesetzt werden, wenn sie zwingend notwendig sind.
2. Ausgaben für Geschenke, Dekoration und Bewirtungskosten können grundsätzlich nicht berücksichtigt werden, weil sie nur in besonderen Ausnahmefällen den Lebensverhältnissen während des Leistungsbezuges entsprechen.
Orientierungssatz
Die Pflicht gem § 2 Abs 1 S 1 SGB 2 alle Möglichkeiten zur Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit auszuschöpfen, bedeutet für einen selbständig Tätigen, dass er die Führung seiner Geschäfte so auszurichten hat, dass die von ihm ausgeübte selbständige Erwerbstätigkeit ausreichende Erträge sowohl für seinen Geschäftsbetrieb als auch für seinen Lebensunterhalt einbringt. Er muss in seiner Tätigkeit die Ausgaben auf einen, dem Leistungsbezug entsprechenden, bescheidenen Umfang beschränken.
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 22. Februar 2010, mit dem die Gewährung von Prozesskostenhilfe abgelehnt wurde, wird zurückgewiesen.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehrt Prozesskostenhilfe für ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes beim Sozialgericht Dresden, in dem er mit der Arbeitsgemeinschaft Dresden als Antragsgegnerin (im Folgenden: Arge) um höhere vorläufige Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) stritt.
Der 1964 geborene Antragsteller ist nach seinen Angaben selbständig tätig in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ... GbR. Nach dem am 22.08.2005 notariell beurkundeten Nachtrag zum GbR-Vertrag vom 03.10.1990 gehören der Gesellschaft außer dem Antragsteller die 1938 geborene M. und der 1966 geborene T. an. Die drei Gesellschafter sind zu gleichen Teilen und entsprechend ihren Beteiligungen an Gewinn, Verlust und Auseinandersetzungsguthaben der Gesellschaft beteiligt (Ziffer 10 des Gesellschaftsvertrages). Allerdings ist jeder Gesellschafter für das von ihm betriebene Gewerbe persönlich haftbar und der Gesellschaft entstehen keine Schuldverschreibungen gegenüber Dritten aus der Tätigkeit eines Gesellschafters (Ziffer 11 Sätze 2 und 3).
Der Antragsteller bezieht seit 01.01.2005 Leistungen der Arge zur Sicherung des Lebensunterhalts. In seinem Weiterbewilligungsantrag vom 23.11.2009 für die Zeit von Januar bis Juni 2010 gab er an, aus seiner selbständigen Tätigkeit “⅓-Beteiligung an Gewerbebetrieb ... GbR„ voraussichtliche Einnahmen in Höhe von 16.681,73 EUR zu erzielen, denen voraussichtliche Ausgaben in Höhe von 16.219,50 EUR gegenüber stünden. In der Anlage EKS gab er u.a. Personalkosten in Höhe von 3.125,86 EUR, Kraftfahrzeugkosten in Höhe von 103,00 EUR für Steuern, 798,01 EUR für Versicherung, 1.129,29 EUR für laufende Betriebskosten und 629,87 EUR für Reparaturen ohne privat gefahrene Kilometer (“abzgl. private km: 0„), Ausgaben für Werbung und Repräsentation in Höhe von 2.657,98 EUR und sonstige Betriebsausgaben in Höhe von 1.226,92 EUR an.
Laut Bearbeitungsvermerk in der Leistungsakte berücksichtigte die Arge die vom Antragsteller angegebenen Ausgaben für betriebliche Kfz nicht, Personalkosten nur in Höhe von 936,72 EUR, sonstige Betriebsausgaben nur in Höhe von monatlich 100,00 EUR; die übrigen Kosten, insbesondere auch für Werbung/Repräsentation, wurden voll berücksichtigt. Dementsprechend errechnete die Antragsgegnerin einen monatlichen Gewinn von 852,23 EUR. Abzüglich des Erwerbstätigenfreibetrages nach §§ 11, 30 SGB II in Höhe von 215,22 EUR verbleibe somit anzurechnendes Einkommen in Höhe von 607,01 EUR. Daraufhin bewilligte die Arge dem Antragsteller mit Bescheid vom 26.01.2010 für den Zeitraum von 01.01.2010 bis 30.06.2010 vorläufig Leistungen in Höhe von monatlich 60,69 EUR (Kosten der Unterkunft). Kfz-Kosten seien nicht berücksichtigt, da bisher kein Nachweis über ein betriebliches Kfz bzw. Fahrtenbuch vorliege. Personalkosten hätten nicht ganz anerkannt werden können, da keine Nachweise vorlägen und die Ausgaben im Gegensatz zum letzten Zeitraum unplausibel gestiegen seien.
Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 31.01.2010 Widerspruch ein. Aufgrund der Halbjahresauswertung des 1. Halbjahres 2009 seien die Schätzungen für den jetzigen Bewilligungszeitraum erstellt worden; es handele sich um tatsächliche Kosten. Zu den Fahrzeugen lägen alle Unterlagen, diverse Kfz-Rechnungen, beim Finanzamt eingereichte und geprüfte Anlageaufstellungen sowie Fahrtenbücher für zurückliegende Zeiträume vor, so dass die Kostenschätzungen aufgrund der vorliegenden Erfahrungen anzunehmen sei. Die unplausible Steigerung der Personalkosten ergebe si...