Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Beitreibung von Gerichtskosten. Verschuldenskosten. Entscheidung über vorläufige Einstellung der Vollstreckung
Leitsatz (amtlich)
1. Auferlegte Verschuldenskosten gemäß § 192 SGG sind wie Gerichtskosten zu behandeln und beizutreiben.
2. Über die - vorläufige - Einstellung der Vollstreckung entscheidet gemäß § 8 Abs 1 S 3 JBeitrO iVm § 1 Abs 1 Nr 4 JBeitrO iVm § 66 GKG bei einem Kollegialgericht der Berichterstatter als Einzelrichter.
Tenor
Der Antrag der Klägerin auf Einstellung der Vollstreckung der im Urteilsbeschluss des Sächsischen Landessozialgerichts vom 6. März 2014 auferlegten Verschuldenskosten wird abgelehnt.
Gründe
I.
Mit Urteilsbeschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vom 06.03.30214 hat der 7. Senat des Sächsischen Landessozialgerichts die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 08.05.2013 zurückgewiesen, der Klägerin die Kosten der rechtmissbräuchlichen Fortführung des Rechtsstreites in Höhe von 225,00 EUR auferlegt und die Revision gegen diese Entscheidung nicht zugelassen.
Am 27.06.2014 hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin gebeten, in Bezug auf die Einziehung der der Klägerin auferlegten Mutwillenskosten einen Einstellungsbeschluss zu erlassen, weil zwischenzeitlich ein Verfahren am Bundessozialgerichts wegen Nichtzulassung der Revision anhängig sei (Az.: B 4 AS 82/14 B).
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision hat das Bundessozialgericht mit Beschluss vom 08.07.2014 als unzulässig verworfen.
II.
Gemäß § 8 Abs. 1 Satz 3 Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO), die in ihrer jeweiligen Fassung auch für den Freistaat Sachsen gilt (§ 62 Sächsisches Justizgesetz), kann das Gericht anordnen, dass die Beitreibung bis zum Erlass der Entscheidung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt werde und dass die Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien.
Vorliegend wendet sich die Klägerin nicht gegen die Art und Weise der Zwangsvollstreckung, sondern begehrt die - vorläufige - Einstellung der Vollstreckung. Damit richtet sich ihre Einwendung gegen den beizutreibenden Anspruch selbst. Dieser Fall wird von § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO erfasst. Nach dieser Vorschrift sind vom Schuldner Einwendungen, die den beizutreibenden Anspruch selbst, die Haftung für den Anspruch oder die Verpflichtung zur Duldung der Vollstreckung betreffen, z.B. bei Ansprüchen nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 JBeitrO, also bei Gerichtskosten, nach den Vorschriften über Erinnerungen gegen den Kostenansatz gerichtlich geltend zu machen, also nach § 66 Gerichtskostengesetz (GKG). § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO ist nicht eng auszulegen und betrifft nicht nur die klassischen Erlöschensgründe, sondern ermöglicht auch, möglichst alle gegen den zu vollstreckenden Gerichtskostenanspruch vorgebrachten Einwendungen zu prüfen (vgl. ThürLSG, Beschluss vom 05.04.2004 - L 6 SF 255/04, zitiert nach juris, RdNr. 9 m.w.N.).
Bei Verschuldenskosten, die gemäß § 192 SGG verhängt worden sind, handelt es sich um eine Ausnahme vom Grundsatz der Gerichtskostenfreiheit und § 192 SGG ist eine Sonderregelung zu § 193 SGG (vgl. Leitherer in Meyer-Ladewig/-Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl. 2012, § 192, RdNr. 1a), so dass die auferlegten Verschuldenskosten wie Gerichtskosten zu behandeln und beizutreiben sind (so auch ThürLSG, Beschluss vom 17.03.2014 - L 6 SF 333/14 E, RdNr. 6).
Zuständig für die gerichtliche Entscheidung über die Einstellung der Vollstreckung ist gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG das Gericht bei dem die Kosten angesetzt sind und dieses entscheidet gemäß § 66 Abs. 6 Satz 1 1. HS GKG durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter, hier also durch die Berichterstatterin.
Eine (vorläufige) Einstellung der Vollstreckung kommt nicht in Betracht. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO darf die Vollstreckung erst beginnen, wenn der beizutreibende Anspruch fällig ist. Das ist hier ohne weiteres der Fall, da durch die Verwerfung der Nichtzulassungsbeschwerde mit Beschluss des Bundessozialgerichts vom 08.07.2014 die Entscheidung des Senats vom 06.03.2014 rechtskräftig geworden ist. Eine Rechtsgrundlage für die begehrte Einstellung der Vollstreckung ist nicht ersichtlich.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Fundstellen