Entscheidungsstichwort (Thema)

Gerichtskostenfreiheit für selbst versicherte landwirtschaftliche Unternehmen im sozialgerichtlichen Verfahren

 

Leitsatz (amtlich)

1. Gerichtskosten sind für einen landwirtschaftlichen Unternehmer, der sich gegen seine Mitgliedschaft zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung und gegen die Erhebung von Beiträgen wendet, nicht zu erheben, weil er in seiner Eigenschaft als Versicherter iS des § 183 S 1 SGG am Verfahren beteiligt ist. Seine Zugehörigkeit zur Versicherung folgt aus § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a iV mit § 123 Abs 1 Nr 1 SGB 7.

2. Die Besonderheit im vorliegenden Fall besteht darin, dass der nach § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a SGB 7 versicherte Unternehmer zugleich Beitragsschuldner gemäß § 150 Abs 1 S 2 SGB 7 ist. In dieser besonderen Konstellation, dass der Unternehmer gleichzeitig Versicherter ist, ist die ansonsten im Recht der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich bestehende Gegenüberstellung von Versicherten einerseits und den beitragspflichtigen Unternehmern andererseits und damit auch die strukturelle Besonderheit der gesetzlichen Unfallversicherung im Vergleich zu den übrigen Sozialversicherungszweigen aufgehoben.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beschwerdeführerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 25. August 2005 wird zurückgewiesen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beschwerdegegner (Bg.) als Versicherter im Sinne des § 183 Sozialgerichtsgesetz - SGG - am erstinstanzlichen Verfahren beteiligt war und deshalb das Verfahren für ihn gerichtskostenfrei ist.

Der Bg. ist Eigentümer eines 66,5 ha großen Grundstücks, das mit Wald bewachsen ist.

Die Beschwerdeführerin (Bf.) erklärte sich mit Bescheid vom 01.10.2001 für zuständig für das vom Bg. seit 19.03.1997 betriebene forstwirtschaftliche Unternehmen. Sie forderte mit Bescheid vom selben Tag in der Gestalt des Bescheides vom 14.11.2001 Beiträge für die Jahre 1997 bis 2000 in Höhe von insgesamt 240,00 DM. Gegen den Bescheid vom 14.11.2001 richtete sich der Widerspruch des Bg. vom 15.02.2002. Die Bf. wies diesen mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2002 als unzulässig und unbegründet zurück. Die zum Sozialgericht Nordhausen erhobene Klage wurde mit Urteil vom 13.02.2003 abgewiesen.

Die Bf. forderte mit Bescheid vom 14.05.2003 Beiträge für das Jahr 2002 in Höhe von 30,00 Euro. Den hiergegen erhobenen Widerspruch, in dem der Bg. geltend machte, er betreibe kein forstwirtschaftliches Unternehmen, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 26.03.2004 zurück.

Sein Begehren hat der Bg. mit der am 26.04.2004 zum Sozialgericht Dresden (SG) erhobenen Klage weiter verfolgt, die er mit am 01.03.2005 beim SG eingegangenem Schriftsatz vom 30.01.2005 zurückgenommen hat.

Das SG hat mit Beschluss vom 25.08.2005 entschieden, außergerichtliche Kosten seien nicht zu erstatten. Zugleich hat es den Antrag der Bf. auf Festsetzung des Streitwerts zurückgewiesen. Es entspreche billigem Ermessen, wenn die Bf. dem Bg. keine außergerichtlichen Kosten erstatte. Das Gericht orientiere sich dabei vor allem an den Erfolgsaussichten der Klage unter Berücksichtigung der Gründe, die zur Klageerhebung und zur Erledigung des Rechtsstreits geführt haben. Weil die Klage angesichts der zutreffenden Ausführungen der Bf. in den angegriffenen Bescheiden keine Aussicht auf Erfolg gehabt habe und der Bg. auf einen diesbezüglichen Hinweis des Gerichts die Klage zurückgenommen habe, erscheine es angemessen, wenn der Bg. seine außergerichtlichen Kosten selbst trage. Demgegenüber müsse das Gericht nicht von Amts wegen gemäß § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 161 Abs. 1, 155 Abs. 2 VwGO über die Kosten des gerichtlichen Verfahrens entscheiden, weil vorliegend der Kläger entgegen § 197a Abs. 1 SGG zu den in § 183 SGG genannten Personen gehöre und das Verfahren daher gerichtskostenfrei sei. Der Bg. sei Versicherter, weil er vorliegend ausschließlich in seiner Eigenschaft als versicherter Unternehmer beteiligt sei und seine Eigenschaft als Versicherter in der gesetzlichen Unfallversicherung sowie die daraus resultierende Beitragspflicht streitig gewesen seien. Insoweit seien die Eigenschaften als Unternehmer und Versicherter in Fällen der gesetzlich unfallversicherten und selbst beitragspflichtigen Unternehmer entgegen der Ansicht der Bf. untrennbar miteinander verbunden (LSG Chemnitz, Beschluss vom 02.05.2005, Az.: L 2 B 236/04 U/LW/ER; SG Dresden, Beschlüsse vom 15.07.2004, Az.: S 5 U 114/04 LW, und vom 03.08.2005, Az.: S 5 U 124/04 LW).

Zwar schulde gemäß § 150 Abs. 1 Satz 1 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) in der gesetzlichen Unfallversicherung grundsätzlich der Unternehmer die Beiträge für die in seinem Unternehmen tätigen Versicherten. Die prinzipielle Gegenüberstellung von Versicherten einerseits und für die Versicherung beitragspflichtigen Unternehmern andererseits mache gerade die strukturelle Besonderheit der gesetzlichen Unfallversicherung im Vergleich zu den übrigen Sozialversicherungszweigen aus und rechtfertige es, in sozialgerichtlichen Be...

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