Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung und -berechnung. selbstständige Tätigkeit. Betriebseinnahme. Corona-Soforthilfe
Leitsatz (amtlich)
Corona-Beihilfen sind keine Betriebseinnahmen im Sinne von § 3 Abs 1 S 2 Alg II-V (juris: AlgIIV 2008).
Tenor
I. Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 5. August 2020 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für die Zeit vom 30.06.2020 bis zum 30.09.2020.
Der 1983 geborene Antragsteller zu 1. wohnt zusammen mit seiner Lebenspartnerin, der 1979 geborenen Antragstellerin zu 2., und den gemeinsamen, 2013 und 2017 geborenen Kindern, den Antragstellern zu 3. und zu 4., in einer 117,60 qm großen Mietwohnung in F...., für welche eine Gesamtmiete in Höhe von 828 Euro zu zahlen ist. Der erwerbsfähige Antragsteller zu 1. ist Inhaber der Gaststätte "G…." in H...., die er aufgrund der Corona-Pandemie ab März 2020 schließen musste bzw. wegen des pandemiebedingt eingeschränkten Dienstbetriebs nur zeitweise öffnen konnte und mit dieser nur noch geringere Einnahmen erzielt. Er bezieht zusammen mit der Antragstellerin zu 2. für die Antragsteller zu 3. und zu 4. Kindergeld in gesetzlicher Höhe.
Am 21.04.2020 beantragte die Antragstellerin zu 2. für sich und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Antragsteller zu 1., zu 3. und zu 4. beim Antragsgegner Leistungen der Grundsicherung nach dem SGB II. In der vom Antragsteller zu 1. nachgereichten Anlage zur vorläufigen Erklärung zum Einkommen aus selbständiger Tätigkeit (EKS) vom 29.05.2020 für den Zeitraum April 2020 bis September 2020 bezifferte der Antragsteller zu 1. bei Angabe der jeweiligen monatlichen Verluste einen auf den Gesamtzeitraum bis September 2020 auflaufenden Gesamtverlust in Höhe von 41.761,24 Euro. Er gab hierbei prognostizierte Einnahmen in Höhe von insgesamt 35.728 Euro und Ausgaben in Höhe von 77.489,24 Euro an.
Der Antragsteller zu 1. erhielt im April 2020 von der Sächsischen Aufbaubank (SAB) aufgrund eines Darlehensvertrags vom 30.03.2020 einen "Betriebsmittelkredit zur Deckung von Liquiditätsbedarf infolge unverschuldeter Umsatzrückgänge aufgrund der Auswirkungen des Corona-Virus" in Höhe von 48.000 Euro und ebenfalls von der SAB im Mai 2020 die sog. "Corona Soforthilfe des Bundes" in Höhe von 9.000 Euro, welche als "Billigkeitsleistung" zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen in der Corona-Krise gewährt wurde (Bescheid vom 08.05.2020).
Mit Bescheid vom 05.06.2020 lehnte der Antragsgegner die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem SGB II ab dem 01.04.2020 ab, da die Bedarfsgemeinschaft mit den nachgewiesenen Einkommensverhältnissen nicht hilfebedürftig sei. Der Antragsgegner ging hierbei von einem Gesamtbedarf der Bedarfsgemeinschaft von 2164 Euro und von einem durchschnittlichen monatlichen Einkommen des Antragstellers zu 1. in Höhe von 3.835,80 Euro aus, berücksichtigte hierbei das gewährte Darlehen sowie die Corona-Soforthilfe bei den Betriebsausgaben und nahm teilweise Kürzungen bei den anerkennungsfähigen Betriebsausgaben vor.
Die Antragsteller legten hiergegen mit anwaltlichem Schriftsatz vom 26.06.2020 Widerspruch ein, über welchen bisher noch nicht entschieden worden ist.
Am 30.06.2020 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Leipzig (SG) einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt, mit welchem sie Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts bis zum 30.09.2020 in gesetzlicher Höhe begehren. Die Antragsteller bezögen außer dem Kindergeld kein Einkommen und seien deswegen hilfebedürftig. Sie sind im Wesentlichen der Ansicht, dass die von der SAB gezahlten Beträge bei der Einkommensberechnung keine Berücksichtigung finden dürften. Der Antragsgegner habe unzutreffend die Zuschüsse der SAB bei der Einkommensermittlung berücksichtigt, weil es sich bei dem Zuschuss von 9.000 Euro um eine zweckgerichtete Einnahme i. S. v. § 11a Abs. 3 Satz 1 SGB II handele und das Darlehen nicht nur für den 6-Monatszeitraum bewilligt worden sei, sondern auch für alle später eintretenden Einbußen, die durch die Corona-Krise verursacht würden.
Das SG hat mit Beschluss vom 05.08.2020 den Antrag der Antragsteller auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Antragsteller hätten nicht hinreichend glaubhaft gemacht, hilfebedürftig im Sinne des § 7 Abs.1 Satz 1 Nr. 3 SGB II i. V. m. § 9 Abs.1 SGB II zu sein, da das ihnen zur Verfügung stehende Einkommen aus der selbständigen Tätigkeit des Antragstellers zu 1. ausreiche, um den Hilfebedarf der Bedarfsgemeinschaft zu decken. Dem Bedarf der Bedarfsgemeinschaft in Höhe von monatlich jeweils 2.164 Euro stünde auch bei Berücksichtigung aller vom Antragstellers zu 1. in der EKS vom 29.05.2020 geltend gemachten K...