Entscheidungsstichwort (Thema)
Angelegenheiten nach dem SGB II
Leitsatz (amtlich)
Die auf § 12a Sätze 1 und 2 Nr. 1 i.V.m. § 5 Abs. 3 SGB II gestützte Aufforderung an einen Leistungsberechtigten nach dem SGB II, ab Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, ist nicht unbillig im Sinne der Unbilligkeitsverordnung, wenn auch bei regulärer Rentenantragstellung eine Hilfebedürftigkeit nach dem SGB XII nicht vermieden werden kann und weitere Gesichtspunkte, die für eine Unbilligkeit sprächen, nicht vorliegen.
Tenor
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 16. Juni 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes über die Rechtmäßigkeit der an den Antragsteller ergangenen Aufforderung des Antragsgegners, vorzeitig Altersrente zu beantragen.
Der im Mai 1951 geborene Antragsteller bezieht seit 2005 Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Antragsgegner bewilligte dem Antragsteller mit Bescheid vom 17.01.2014 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum vom 01.01.2014 bis 31.05.2014 i.H.v. monatlich 718,69 €. Mit weiterem Bescheid vom 15.05.2014 nahm er die Bewilligung von Leistungen in derselben Höhe für den Zeitraum vom 01.06.2014 bis 30.11.2014 vor.
Nach Aufforderung durch den Antragsgegner reichte der Antragsteller eine Rentenauskunft der Deutschen Rentenversicherung M… vom 22.04.2014 ein. Hieraus ergibt sich die Möglichkeit der Inanspruchnahme einer abschlagsfreien Altersrente frühestens ab 01.06.2016 i.H.v. monatlich 710,34 € netto (791,46 € abzüglich 81,12 € Sozialversicherungsbeiträge).
Mit Bescheid vom 28.04.2014 forderte der Antragsgegner den Antragsteller zur Beantragung der Altersrente auf. Auf den Widerspruch des Antragstellers hob die Beklagte diesen Bescheid mit Bescheid vom 15.05.2014 wieder auf. Mit weiterem Bescheid vom 15.05.2014 forderte der Antragsgegner den Antragsteller erneut zur Beantragung der Altersrente unter Nachweisführung bis 31.05.2014 auf. Im Rahmen des ausgeübten Ermessens seien keine Anhaltspunkte erkennbar, die eine anderweitige Entscheidung rechtfertigen könnten. Weder beziehe der Antragsteller Arbeitslosengeld noch stehe ihm ein Anspruch auf abschlagsfreie Altersrente innerhalb der nächsten drei Monate zu. Auch übe er keine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aus, eine solche werde auch innerhalb der nächsten drei Monate nicht aufgenommen. Es werde voraussichtlich Hilfebedürftigkeit auch bei Inanspruchnahme einer ungeminderten Altersrente weiterhin bestehen. Aktuell habe der Antragsteller Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II in Höhe von 718,69 €. Der Anspruch auf ungeminderte Altersrente betrage 791,46 €. Hiervon seien Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 81,12 € zu entrichten. Zu berücksichtigen sei, dass eine Mieterhöhung noch im Raum stehe. Der Antragsgegner sei gehalten, wirtschaftlich sowie sparsam zu handeln. Der Antragsteller sei verpflichtet, seine Hilfebedürftigkeit zu beseitigen oder zu verringern. Unter Abwägung aller Gesichtspunkte sei der Antragsgegner zu der Entscheidung gelangt, den Antragsteller zur Beantragung der vorrangigen Leistung aufzufordern.
Hiergegen richtete sich der Widerspruch des Antragstellers vom 19.05.2014. Diesen wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 02.07.2014 zurück. Der Antragsteller könne ab 01.06.2016 eine abschlagsfreie Altersrente in Höhe von 710,87 € netto erhalten. Bei vorzeitiger Inanspruchnahme ab 01.06.2014 betrage die Altersrente monatlich 622,29 € netto. Die Höhe der aktuell in Anspruch genommenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts lägen bei monatlich 718,69 €. Der Beklagte habe im Rahmen der Prüfung des § 12a SGB II Ermessen auszuüben. Die in der Unbilligkeitsverordnung genannten Ausnahmen liege beim Antragsteller nicht vor. Auch andere Gründe, die eine Ausnahme von der Inanspruchnahme einer Altersrente mit Abschlägen rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar. Eine Prognose, den Antragsteller zeitnah in ein sozialversicherungspflichtiges Arbeitsverhältnis vermitteln zu können, sei aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktlage und des Umstandes, dass der Antragsteller bereits seit längerem nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen sei, negativ. Auch der Einwand des Antragstellers, die Inanspruchnahme vorzeitiger Altersrente bewirke Abschläge, rechtfertige kein anderes Ergebnis. Der Antragsteller sei nämlich selbst bei Bezug einer abschlagsfreien Altersrente auf ergänzende Leistungen nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) angewiesen. Die Inanspruchnahme der vorzeitigen Altersrente vermindere jedoch die Hilfebedürftigkeit im Sinne des SGB II. Hiergegen hat der Antragsteller Klage zum Sozialgericht Chemnitz (SG) erhoben (S 29 AS 3052/14).
Der Antragsteller hat am 04.06.2...