Entscheidungsstichwort (Thema)
Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Chemnitz vom 3.8.2011 - L 7 R 16/09, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
I. Die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 3. August 2009 wird verworfen.
II. Der Beklagte hat den Kläger ihre außergerichtlichen Kosten im Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Notwendigkeit der Zuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren.
Dem Streit lag ursprünglich eine mehrfach geänderte vorläufige Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit von Januar bis Juni 2008 an die Bedarfsgemeinschaft der Kläger und Berufungsbeklagten (im Folgenden: Kläger) zugrunde. In dem auf den Widerspruch des Prozessbevollmächtigten vom 08.02.2008 erlassenen Abhilfebescheid vom 19.05.2008 bestimmte der Beklagte und Berufungskläger (im Folgenden: Beklagter), dass die den Klägern im Widerspruchsverfahren entstandenen Aufwendungen auf Antrag erstattet würden, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Daraufhin reichte der Prozessbevollmächtigte der Kläger eine Kostennote vom 28.05.2008 über 595,00 EUR mit der Bitte um Anweisung ein (Bl. 288 der Leistungsakte des Beklagten).
Mit Bescheid vom 05.6.2008 wurde die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für nicht notwendig erklärt; die Kosten, die mit der Beauftragung des Rechtsanwalt oder Bevollmächtigten entstanden seien, würden nicht übernommen. Den Widerspruch des Prozessbevollmächtigten der Kläger vom 17.06.2008 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 29.07.2008 zurück.
Dagegen hat der Prozessbevollmächtigte der Kläger am Montag, den 01.09.2008, beim Sozialgericht Dresden Klage mit dem Antrag erhoben, den Beklagten in Abänderung des Bescheides vom 05.06.208 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2008 zu verpflichten, die Kosten des Widerspruchsverfahrens antragsgemäß zu erstatten. Auf Hinweis des Gerichts hat er beantragt, den Beklagten unter Abänderung der o.g. Bescheide zu verurteilen festzustellen, dass die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts im Widerspruchsverfahren betreffend den am 08.02.2008 eingelegten Widerspruch notwendig war.
Nach vorheriger Anhörung hat das Sozialgericht der Klage mit Gerichtsbescheid vom 03.08.2009 stattgegeben, die Bescheide des Beklagten vom 19.05.2008 und 05.06.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.07.2008 geändert und den Beklagten verpflichtet festzustellen, dass die Zuziehung eines Rechtsanwaltes notwendig war. Gegen den Gerichtsbescheid sei die Berufung statthaft, weil sie nicht gesetzlich ausgeschlossen sei. § 144 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sei nicht einschlägig. Auch § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG sei nicht einschlägig. Streitgegenstand sei keine Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichtete Verwaltungsakt betreffe, sondern vielmehr die Kostengrundentscheidung, die unabhängig von der Höhe eventuell erstattungsfähiger Kosten sei. Solche Kosten könnten in diesem Verfahren auch nicht verifiziert werden, so dass eine Entscheidung, ob der Wert des Streitgegenstandes 750,00 EUR übersteige, schlechterdings nicht möglich sei.
Gegen den ihm am 06.08.2009 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 02.09.2009 beim Sächsischen Landessozialgericht Berufung eingelegt. Er trägt nach Hinweis des Gerichts auf Zweifel an der Zulässigkeit vor, er halte die Feststellung des Sozialgerichts, dass im vorliegenden Verfahren die Berufung kraft Gesetzes zulässig sei, für zutreffend. Streitgegenstand sei lediglich die Kostengrundentscheidung, die unabhängig von der Höhe der (anschließend nach RVG) erstattungsfähigen Aufwendungen ergehe. Die Kostengrundentscheidung berücksichtige lediglich das Verhältnis des Obsiegens/des Unterliegens des Widerspruchsführers. Ein Beschwerdewert, wie er in § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG geregelt sei, könne im Falle einer Kostengrundentscheidung nicht ermittelt werden. Nicht unter die Beschränkung fielen Verwaltungsentscheidungen, die eigenständige Bedeutung hätten und erst Grundlage für spätere Zahlungen darstellten. Die hier streitgegenständliche Entscheidung über die Notwendigkeit der Hinzuziehung eines Bevollmächtigten als Annex zur eigentlichen Kostengrundentscheidung stelle keine Klage dar, bei der ein Beschwerdewert ermittelt werden könne.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 03.08.2009 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kläger beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Der Senat kann mit Zustimmung der Beteiligten durch die Berichters...