Entscheidungsstichwort (Thema)

Vertragsärztliche Versorgung. Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen nach Nr 30790 und 30791 EBM-Ä. Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtshilfe. Fachgebietsfremdheit. sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Rechtswidrigkeit der Abrechnungsgenehmigung nach Einführung einer Mengensteuerung durch qualifikationsgebundene Zusatzvolumen. keine Erledigung "auf andere Weise" iSd § 39 Abs 2 SGB 10. Aufhebung nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung von Akupunkturleistungen nach Nr 30790 und 30791 EBM Ä (juris: EBM-Ä 2008) darf nur Ärzten erteilt werden, die an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmen und für die diese Leistungen nicht fachfremd sind.

2. Akupunkturleistungen nach Nr 30790 und 30791 EBM Ä sind für Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin fachfremd. Die einem solchen Arzt gleichwohl erteilte Abrechnungsgenehmigung für Akupunkturleistungen ist daher von Anfang an rechtswidrig.

3. Auch ein ursprünglich rechtswidriger Verwaltungsakt ist nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 aufgrund einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn eine zusätzliche, vom Betroffenen jedoch nicht erfüllte Voraussetzung der Rechtmäßigkeit eingeführt wird.

4. Die einem Facharzt für Frauenheilkunde und Geburtsmedizin rechtswidrig erteilte Abrechnungsgenehmigung für Akupunkturleistungen nach Nr 30790 und 30791 EBM Ä war nach § 48 Abs 1 S 1 SGB 10 mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, nachdem der Bewertungsausschuss Akupunkturleistungen ab dem Quartal III/2010 einer Mengensteuerung durch qualifikationsgebundene Zusatzvolumen unterworfen hatte, die einem Arzt dieser Fachgruppe nicht ohne erneuten Rechtsverstoß zugewiesen werden konnten.

 

Orientierungssatz

1. Zu Leitsatz 1 vgl LSG Hamburg vom 25.4.2013 - L 1 KA 1/12 RdNr 27, LSG Celle-Bremen vom 27.5.2009 - L 3 KA 28/08 RdNr 22.

2. Ein aus arztindividuellen Gründen erteilter Bescheid wirkt konstitutiv und bleibt nach § 39 Abs 2 SGB 10 grundsätzlich auch dann wirksam, wenn die Voraussetzungen für seine Erteilung geändert werden (vgl BSG vom 6.9.2006 - B 6 KA 43/05 R = SozR 4-2500 § 75 Nr 5 RdNr 26).

 

Normenkette

EBM-Ä Nr. §§ 30790-30791; SGB X § 39 Abs. 2, § 48 Abs. 1 S. 1, § 40 Abs. 1; Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur § 2 Abs. 1 S. 1; Sächsisches Heilberufekammergesetz § 21 Abs. 1 S. 2; Methoden-RL § 1 Anlage I Nr. 12 § 1; SGB V § 136 Abs. 4, § 135 Abs. 2, § 137

 

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 23. August 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 37.251,06 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Streitig die Aufhebung einer Abrechnungsgenehmigung für Akupunkturleistungen.

Die Klägerin nimmt als Fachärztin für Frauenheilkunde und Geburtshilfe mit Praxissitz in P… an der vertragsärztlichen Versorgung teil. Erstmalig mit Bescheiden vom 06.01.2004 hatte ihr die beklagte Kassenärztliche Vereinigung Abrechnungsgenehmigungen für Akupunkturleistungen im Rahmen von Modellvorhaben nach § 63 Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erteilt.

Mit Beschluss vom 18.04.2006/19.09.2006 (Bundesanzeiger 2006, S. 6952) nahm der Gemeinsame Bundesausschuss zum 01.01.2007 Akupunkturleistungen durch Anfügung einer Nr. 12 an die Anlage I zur Richtlinie Methoden vertragsärztliche Versorgung (Methoden-RL) in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung auf - und zwar die Körperakupunktur mit Nadeln ohne elektrische Stimulation bei chronisch schmerzkranken Patienten für die Indikationen

1.

chronische Schmerzen der Lendenwirbelsäule

2.

chronische Schmerzen in mindestens einem Kniegelenk durch Gonarthrose

(Anlage I Nr. 12 § 1 Methoden-RL). Infolgedessen führte der Bewertungsausschuss ebenfalls zum 01.01.2007 für Akupunkturleistungen in Kapitel 30.7 des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für vertragsärztliche Leistungen (EBM) die Gebührenordnungspositionen Nrn. 30790 und 30791 ein (Deutsches Ärzteblatt 2006, S. A-3141); dabei war in der Leistungslegende jeweils bestimmt, dass die Akupunkturleistungen nur bei den in Anlage I Nr. 12 § 1 Methoden-RL genannten Indikationen und nur gemäß den Qualitätssicherungsvereinbarungen nach § 135 Abs. 2 SGB V abrechenbar sind. Die entsprechende Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur (Deutsches Ärzteblatt 2006, S. 1-3515) trat ebenfalls am 01.01.2007 in Kraft; danach erforderte die Erbringung und Abrechnung von Akupunkturleistungen die vorherige Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung (§ 2 Abs. 1 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur), die den Nachweis der fachlichen Befähigung für die Ausführung der Akupunktur voraussetzte (§ 3 Qualitätssicherungsvereinbarung Akupunktur; wortgleich mit Anlage I Nr. 12 § 2 Abs. 1 Methoden-RL).

Nachdem die bisherigen Abrechnungsgenehmigungen zum 01.01.2007 gegenstandslos geworden ...

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