Leitsatz (amtlich)
Eine Rechtsbehelfs- oder Rechtsmittelbelehrung ist in Bezug auf die einzuhaltende Frist korrekt, wenn in ihr auf der Grundlage des geltenden Gesetzeswortlautes von § 66 Abs 1 SGG für den Fristbeginn auf die Bekanntgabe der anfechtbaren Entscheidung abgestellt und nicht zwischen der Bekanntgabe und der Zustellung der Entscheidung unterschieden wird.
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des LSG Chemnitz vom 11.4.2013 - L 3 AS 614/12, das vollständig dokumentiert ist.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 14. Mai 2012 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitssuchende - (SGB II) für Mai bis Juli und September 2009.
Die 1979 geborene Klägerin bezog seit Januar 2005 zunächst von der ARGE D… (im Folgenden: ARGE) und nunmehr von dem beklagten Jobcenter Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II. Sie bewohnt eine 49,24 m² große Wohnung, deren monatliche Miete seit dem 1. September 2005 248,66 EUR kalt zuzüglich Betriebs- und Heizkosten in Höhe von 120 EUR beträgt.
Auf den Fortzahlungsantrag der Klägerin hin bewilligte die ARGE der Klägerin mit Bescheid vom 14. April 2009 vorläufig Leistungen der Grundsicherung vom 1. Mai 2009 bis 30. September 2009 in Höhe von monatlich 455,70 EUR monatlich unter Berücksichtigung von Kosten für Unterkunft und Heizung in Höhe von 308,70 EUR.
Im Rahmen des endgültigen Bewilligungsbescheides vom 26. Oktober 2009 gewährte die ARGE Leistungen für Mai 2009 in Höhe von 348,31 EUR, für Juni 2009 in Höhe von 323,18 EUR und für Juli 2009 in Höhe von 358,06 EUR davon Unterkunfts- und Heiz-kosten in Höhe von insgesamt 308,70 EUR.
Mit Widerspruch vom 30. November 2009 führte die Klägerin zur Begründung aus, dass die Kosten für Unterkunft und Heizung nicht im vollen Umfang berücksichtigt worden seien und auch die Warmwasserpauschale nicht in gesetzlicher Höhe abgezogen worden sei.
Die ARGE wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 1. Dezember 2009 zurück. Die Rechtsbehelfsbelehrung der Widerspruchsbescheide lautete (auszugsweise):
“Gegen diesen Bescheid kann jeder Betroffene für sich innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe beim Sozialgericht Dresden, […] Klage erheben. […].„
Der Widerspruchsbescheid wurde dem Klägerbevollmächtigten ausweislich des Eingangsstempels der Kanzlei am 2. Dezember 2009 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt.
Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte am 4. Juni 2010 Klage erhoben, welche mit Urteil vom 14. Mai 2012 abgewiesen worden ist. Die Klage sei wegen Verfristung unzulässig. Der streitgegenständliche Widerspruchsbescheid datiere vom 1. Dezember 2009 und sei dem Klägerbevollmächtigten am 2. Dezember 2009 gegen Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Die Klagefrist beginne somit am Tag nach der Zustellung, also dem 3. Dezember 2009. Entgegen der Rechtsansicht der Klägerseite sei die Rechtsbehelfsbelehrung auch richtig und ausreichend, um den Lauf der Monatsfrist in Gang zu setzen, so dass nicht die Jahresfrist nach § 66 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zur Anwendung komme. Zwar werde in der Rechtsbehelfsbelehrung des streitgegenständlichen Widerspruchsbescheides als Zeitpunkt des Fristbeginns auf die Bekanntgabe und nicht auf den spezielleren Begriff der Zustellung abgestellt, wie dies das Bundessozialgericht mit Urteil vom 9. Dezember 2008 (Az. B 8/9b SO 13/07 R) fordere. Jedoch sei zu berücksichtigten, dass das Bundessozialgericht den entgegengesetzten Fall entschieden habe und dort nach der förmlichen Zustellung die Rechtsbehelfsbelehrung ebenfalls auf die Zustellung abgestellt habe.
Gegen das ihr am 4. Juni 2012 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 4. Juli 2012 Berufung eingelegt. Die Klagefrist sei gewahrt. Der Widerspruchsbescheid sei im Sinne von § 85 Abs. 3 Satz 2 SGG i. V. m. §§ 2, 5 Abs. 7 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) förmlich mittels Empfangsbekenntnis zugestellt worden. Gleichwohl weise der Beklagte in der Rechtsbehelfsbelehrung darauf hin, dass die Klagefrist “nach Bekanntgabe„ zu laufen beginne. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts im Urteil vom 9. Dezember 2008 (Az.: B 8/9b SO 13/07 R) und Urteil vom 27. September 1983 (Az.: 12 RK 75/82) sei hinsichtlich des Beginns der Klagefrist bei förmlicher Zustellung auf diese abzustellen und entsprechend zu belehren. Soweit vorliegend die Rechtsbehelfsbelehrung dem nicht entspreche, sei sie fehlerhaft, so dass die Klagefrist gemäß § 66 Abs. 2 SGG ein Jahr betrage. Es dürfe bei förmlicher Zustellung nicht auf den ungenauen Begriff der Bekanntgabe abgestellt werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 14. Mai 2012 und den Bescheid vom 19. Oktober 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 1. Dezember 2009 aufzuheben und den Beklagten zu v...