Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Krankengeld. zusätzliche Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage. Prämie anlässlich der Verleihung des Ehrentitels Aktivist der sozialistischen Arbeit
Leitsatz (amtlich)
1. Krankengeld und Krankengeldnachzahlungen in der DDR stellen kein Arbeitsentgelt iS der §§ 14 SGB IV, 6 Abs 1 S 1 AAÜG, sondern Sozialleistungen dar.
2. Arbeitsentgelt iS der § 14 SGB IV, 6 Abs 1 S 1 AAÜG stellen die in der DDR vom Betrieb an den Arbeitnehmer gezahlten zusätzlichen Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen erbrachte Arbeitsleistung in Form der erbrachten "langjährigen ununterbrochenen Tätigkeit und Pflichterfüllung" handelte.
3. Ist der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht, kann die Höhe der als zusätzliches Arbeitsentgelt zu berücksichtigenden Jahresendprämien geschätzt werden, auch wenn deren Höhe weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht werden kann.
4. Prämien anlässlich der Verleihung oder Verteidigung des Ehrentitels Aktivist der sozialistischen Arbeit stellen kein berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt iS der §§ 6 Abs 1 S 1 AAÜG, 14 Abs 1 S 1 SGB IV dar, weil sie nicht aus der Beschäftigung erzielt wurden und keine Gegenleistung für erbrachte Arbeitsleistungen beinhalteten.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 27. September 2012 abgeändert. Die Beklagte wird verurteilt, den Bescheid vom 28. April 2005 in der Fassung des Bescheides vom 30. Juli 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Dezember 2008 dahingehend abzuändern, dass
1. die für das Jahr 1988 ursprünglich festgestellten Entgelte in Höhe von 12.844,52 Mark nicht teilweise zu Unrecht festgestellt worden sind sowie
2. weitere Arbeitsentgelte des Klägers für die Jahre 1986 und 1990 wegen weiterer Bruttogrundlöhne, für das Jahr 1990 wegen einer zu berücksichtigenden objektbezogenen Sonderstimulierung, für die Jahre 1982 bis 1990 wegen zu berücksichtigender zusätzlicher Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion und für die Jahre 1981 bis 1990 wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für das Jahr:
1981 |
772,98 Mark |
1982 |
1.276,06 Mark |
1983 |
1.244,56 Mark |
1984 |
1.224,70 Mark |
1985 |
2.018,48 Mark |
1986 |
2.907,96 Mark |
1987 |
1.519,73 Mark |
1989 |
1.648,25 Mark |
1990 |
1.792,39 Mark |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zur Hälfte.
III. Die Revision wird zugelassen, soweit Gegenstand des Verfahrens weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämien sind.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines von der Beklagten bereits eröffneten Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für den Zeitraum von April 1980 bis Juni 1990 in Form der Einbeziehung weiterer Bruttoentgelte, objektbezogener Sonderstimulierungen, zusätzlicher Belohnungen für Werktätige in Betrieben der speziellen Produktion, Jahresendprämien, Prämien für Auszeichnungen als “Aktivist der sozialistischen Arbeit„, Betriebsjubiläumsprämien und einer Abfindung festzustellen.
Dem am … 1946 geborenen Kläger wurde, nach einem berufsbegleitenden Fachschulstudium in der Zeit von 1975 bis 1980 in der Fachrichtung Technologie der metallverarbeitenden Industrie an der Ingenieurschule für Maschinenbau Z...., mit Urkunde vom 17. April 1980 die Berechtigung verliehen, die Berufsbezeichnung “Ingenieur„ zu führen. Er war ab 1. April 1972 als Mechaniker, ab 1. Januar 1973 als Produktionsabschnittsleiter, ab 1. Oktober 1975 als Fertigungstechnologe und vom 1. Oktober 1980 bis 30. Juni 1990 als Gruppenleiter Technologie jeweils im volkseigenen Betrieb (VEB) Spezialwiderstände B.... bzw. ab 1. Januar 1984 im unmittelbaren Rechtsnachfolgebetrieb VEB Plastelektronik und Spezialwiderstände B.... beschäftigt. Seit dem 18. September 1979 arbeitete er dabei im Bereich der speziellen Produktion (= Betriebsbereiche, deren Reproduktionsprozess durch die Produktion für die bewaffneten Organe bestimmt wurde). Am 26. Februar 1983 erlitt er einen Arbeitsunfall, der als solcher anerkannt wurde und in dessen Folge es im Jahr 1986 zu einer Wirbelsäulenoperation sowie in den Jahren 1986 bis Juni 1990 zu einem hoh...