Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Kabelanschlussgebühren als Bestandteil des Regelbedarfs statt der Unterkunftskosten bei fehlender mietvertraglicher Verpflichtung. Verfassungsmäßigkeit. kein unabweisbarer Bedarf gem § 23 SGB 2 aF oder § 21 Abs 6 SGB 2 nF. anteilige Aufteilung nach Kopfzahl. kein Anspruch gem Art 1 Abs 1 iVm Art 20 Abs 1 GG
Leitsatz (amtlich)
1. Die Aufwendungen für die Kabelanschlussgebühren sind den von der Regelleistung erfassten Bedarfen zuzurechnen.
2. Zur Frage der Vergleichbarkeit der mietvertraglich vereinbarter Kabelanschlussgebühr einerseits und den in der Heizkostenvorauszahlung enthaltenen Kosten der Warmwasserbereitung andererseits.
3. Der Umstand, dass terrestrisch über den digitalen Rundfunk nur öffentlich-rechtliche Sender und nicht auch private Rundfunkanbieter empfangen werden können, begegnet im Hinblick auf das Informationsgrundrecht in Art 5 Abs 1 S 1 Halbs 1 GG keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die mediale Grundversorgung ist damit gewährleistet.
4. Wenn ein terrestrischer oder satellitengestützter Empfang von Fernsehprogrammen in der Wohnung des Hilfebedürftigen nicht möglich ist, ist eine Lösung im Regelungssystem der Regelleistung zu suchen. Ein Überwechseln in das Regelungssystem der Kosten für Unterkunft und Heizung ist auch wegen der unterschiedlichen Leistungsträger für die verschiedenen Teile der Grundsicherung und den damit verbundenen Verantwortlichkeiten nicht gerechtfertigt .
5. Bei Aufwendungen, die einen unter die Regelleistung fallenden Bedarf betreffen, ist ebenso wie bei Kosten für Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen, ob bei einer aus mehreren Personen bestehenden Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft der zu deckende Bedarf bei mehreren dieser Personen bestehen kann. In diesem Fall erscheint es geboten, auch die Aufwendungen bei von anderen Mitgliedern der Bedarfsgemeinschaft genutzten oder nutzbaren Gegenständen oder Einrichtungen anteilig pro Kopf auf die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu verteilen.
Orientierungssatz
Zum Nichtvorliegen eines unabweisbaren Bedarfs iS von § 23 Abs 1 SGB 2 aF bzw § 21 Abs 6 SGB 2 nF oder eines Anspruchs aus Art 1 Abs 1, Art 20 Abs 1 GG.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichtes Dresden vom 18. August 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die außergerichtlichen Kosten der Klägerin sich auch nicht für das Berufungsverfahren zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Übernahme der Gebühren für einen Kabelanschluss.
Die 1967 geborene Klägerin bewohnt zusammen mit ihrem 1961 geborenen Ehemann und ihren 1991 und 1994 geborenen Kindern eine Genossenschaftswohnung in D….
Die Klägerin bezieht seit Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II). Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 9. Mai 2008 erging der Bewilligungsbescheid vom 21. Mai 2008, der den Zeitraum vom 1. Juni 2008 bis zum 30. November 2008 umfasst und der Leistungsbewilligungen für alle vier Familienmitglieder enthält. Auf den mit Schreiben vom 4. Juni 2008 eingelegten Widerspruch des Ehemannes der Klägerin erließ die ARGE D… den Änderungsbescheid vom 26. Juni 2008. Hiergegen legte der Ehemann mit Schreiben vom 20. Juni 2008 Widerspruch ein. Die ARGE D… wies den Widerspruch vom 4. Juni 2008, den sie als gegen den Bescheid vom 21. Mai 2008 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26. Juni 2008 gerichtet ansah, mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2008 zurück. Den Widerspruch vom 20. Juni 2008 verwarf die ARGE D… mit Widerspruchsbescheid vom 27. November 2008 als unzulässig.
Der Ehemann der Klägerin erhob gegen den Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2008 Klage. Dieses unter dem Aktenzeichen S 21 AS 3502/08 geführte Verfahren wurde zusammen mit zwei weiteren Verfahren mit Beschluss vom 28. Oktober 2008 zum Verfahren Az. S 21 AS 1376/08 verbunden. Dieses verbundene Verfahren wurde durch gerichtlichen Vergleich vom 15. Februar 2011 beendet.
Auf den Weiterbewilligungsantrag vom 21. Oktober 2008 erließ die ARGE D… den Bewilligungsbescheid vom 4. November 2008 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2008 bis 31. Mai 2009 und erneut mit Bewilligungen für die vier Familienangehörigen.
Bereits mit Schreiben vom 27. September 2008 hatte die Klägerin beantragt, die Kosten für den Kabelanschluss in Höhe von monatlich 6,45 EUR zu übernehmen. Bei Durchsicht der Unterlagen habe sie festgestellt, dass die Kabelgebühren für das Kabelfernsehen nicht in der Miete enthalten seien und direkt an den Kabelnetzbetreiber überwiesen werden müssten.
Diesen Antrag lehnte die ARGE D… mit Bescheid vom 7. Oktober 2008 ab. Die Kabelgebühren würden durch die gewährte Regelleistung in Höhe von 282,67 EUR abgedeckt und stellten keinen unabweisbaren Bedarf im Sinne von § 23 Abs. 1 SGB II dar. Im Widerspruchsschreiben vom 28. Oktober 2008 wurde dagegen eingewandt, dass in diversen Mietverträgen die Kabelgebühren als kalte Bet...