Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld II. Minderung der Unterkunftskosten durch Betriebskostenguthaben. Unbeachtlichkeit der Verwendung zur Schuldentilgung. keine Begrenzung des Erstattungsbetrages bei Teilaufhebung. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Für die Anwendbarkeit von § 22 Abs 1 S 4 SGB 2 ist nicht die tatsächliche Zahlung eines bestimmten Geldbetrags unmittelbar an den Hilfebedürftigen oder die tatsächliche Gutschrift zugunsten des Hilfebedürftigen entscheidend, sondern ob die Aufwendungen für Unterkunft oder Heizung durch die Rückzahlung oder das Guthaben tatsächlich gemindert werden. Dies ist der Fall, wenn dem Hilfebedürftigen die Mittel aus der Gutschrift oder der Rückzahlung zur Verfügung stehen.
2. Werden verfügbare Mittel nicht für den Lebensunterhalt sondern zur Tilgung privater Verbindlichkeiten eingesetzt, muss sich der Hilfebedürftige so behandeln lassen, als ob die Tilgung der Verbindlichkeiten nicht erfolgt wäre.
3. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Rückausnahmeregelung in § 40 Abs 2 S 2 SGB 2 bestehen, soweit sie die teilweise Aufhebung einer Bewilligung betrifft, nicht.
Tenor
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 13. Januar 2011 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in Gestalt der Kosten für Unterkunft und Heizung für den Monat Januar 2008.
Mit Bescheid vom 26. Oktober 2007 bewilligte die ARGE Leipzig dem seit dem 1. Januar 2005 im Leistungsbezug stehenden Kläger Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum von November 2007 bis April 2008.
Unter dem 12. Oktober 2007 teilte der Vermieter des Klägers diesem mit, dass aus dem Jahre 2006 ein Betriebskostenguthaben bestehe. Auf Veranlassung des Klägers überwies der Vermieter 271,87 EUR auf das Konto Nr. … bei der Sparkasse L.. Inhaberin dieses Kontos ist M. H..
Mit Schreiben vom 6. März 2008 hörte die ARGE Leipzig den Kläger zur beabsichtigten Teilaufhebung der Bescheide vom 26. Oktober 2007 und 15. November 2007 an. Mit Änderungsbescheid vom 1. April 2008 setzte sie die Höhe der dem Kläger bewilligten Leistungen für den Zeitraum vom 1. November 2007 bis 31. Januar 2008 neu fest. Kosten für Unterkunft und Heizung bewilligte sie dem Kläger für Dezember 2007 in Höhe von 119,53 EUR und für Januar 2008 in Höhe von 119,54 EUR.
Mit Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 2. April 2008 nahm die ARGE Leipzig den Bescheid vom 26. Oktober 2007 in der Fassung des Bescheides vom 15. November 2007 für den Zeitraum vom 1. Dezember 2007 bis 31. Januar 2008 teilweise in Höhe von 271,87 EUR zurück und verwies wegen der Einzelheiten auf den Änderungsbescheid vom 1. April 2008. Die Kosten der Unterkunft des Klägers seien um den Betrag aus der Betriebskostengutschrift zu mindern.
Den Widerspruch des Klägers vom 25. April 2008 wies die ARGE Leipzig mit Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 2008 zurück. Die Bedarfsgemeinschaft des Klägers habe bei einer Grundmiete in Höhe von monatlich 180,00 EUR, einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 41,00 EUR und einer Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 41,00 EUR eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 262,00 EUR zu entrichten. Nach Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung in Höhe von 6,53 EUR bestehe ein Bedarf in Höhe von 255,47 EUR. Die darauf anzurechnende Betriebskostengutschrift in Höhe von 271,87 EUR werde, weil sie die Unterkunfts- und Heizkosten eines Monates übersteige, auf zwei Monate zu gleichen Teilen aufgeteilt und für Dezember 2007 in Höhe von 135,94 EUR und im Januar 2008 in Höhe von 135,93 EUR bei den Unterkunfts- und Heizkosten berücksichtigt. Es ergebe sich ein Bedarf an Unterkunfts- und Heizkosten in Höhe von 119,53 EUR für Dezember 2007 und in Höhe von 119,54 EUR für Januar 2008.
Der Kläger hat am 19. August 2008 Klage erhoben. Nachdem der Rechtsstreit hinsichtlich der für Dezember 2007 bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung anderweitig beigelegt worden war, hat der Kläger zuletzt noch beantragt, den Rücknahme- und Erstattungsbescheid vom 2. April 2008 und den Änderungsbescheid vom 1. April 2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 2008 insoweit aufzuheben, als die Bewilligung von Kosten der Unterkunft und Heizung für Januar 2008 teilweise aufgehoben und ein Betrag in Höhe von 119,54 EUR zur Erstattung geltend gemacht worden ist.
Mit Urteil vom 13. Januar 2011 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Beklagte, der zum 1. Januar 2011 an die Stelle der ARGE Leipzig getreten ist, habe die für Januar 2008 bewilligten Kosten der Unterkunft und Heizung nach § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 des Sozialgesetzbuches Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz
- (SGB X) i. V. m. § 40 Abs. 1 Nr. 1 SGB II i. V. m. § 330 Abs. 3 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) zurückn...