Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Glaubhaftmachung der Höhe geltend gemachter Jahresendprämien durch Vorlage von selbst erstellten Arbeitsbüchern. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie
Leitsatz (amtlich)
Die Höhe geltend gemachter Jahresendprämien hat der Kläger durch die Vorlage von Arbeitsbüchern, in denen jeweils unter einem bestimmten Datum der Erhalt von Jahresendprämien in bestimmter Höhe vermerkt ist, glaubhaft gemacht. Soweit eine Glaubhaftmachung nicht gelingt, macht das Gericht von seiner im Rahmen der Einzelfallwürdigung nach § 202 SGG iVm § 287 Abs 2 und Abs 1 S 1 ZPO gegebenen Möglichkeit der Schätzung Gebrauch.
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 3. Juli 2012 abgeändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 30. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Dezember 2011 verurteilt, den Bescheid vom 18. Juli 2006 dahingehend abzuändern, dass weitere Arbeitsentgelte für die Jahre 1970 bis 1990 wegen zu berücksichtigender Jahresendprämien im Rahmen der festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben wie folgt zu berücksichtigen sind:
Für die Jahre
1970 |
143,89 Mark |
1971 |
502,07 Mark |
1972 |
535,69 Mark |
1973 |
560,00 Mark |
1974 |
560,00 Mark |
1975 |
560,00 Mark |
1976 |
560,00 Mark |
1977 |
536,35 Mark |
1978 |
630,00 Mark |
1979 |
634,21 Mark |
1980 |
900,00 Mark |
1981 |
883,33 Mark |
1982 |
866,67 Mark |
1983 |
779,17 Mark |
1984 |
779,17 Mark |
1985 |
883,33 Mark |
1986 |
890,83 Mark |
1987 |
950,00 Mark |
1988 |
908,33 Mark |
1989 |
941,67 Mark |
1990 |
933,33 Mark |
II. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers zu 70 von Hundert.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten im Wege des Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte als Versorgungsträger für das Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) verpflichtet ist, für den Kläger den Zeitraum vom 1. September 1969 bis 30. Juni 1990, der als Zeit der Zugehörigkeit zur Altersversorgung der technischen Intelligenz (AVItech) anerkannt ist, höhere Arbeitsentgelte in Form von Jahresendprämien festzustellen.
Der 1947 geborene Kläger ist seit dem 26. Juli 1969 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen (vgl. Beurteilung Bl. 14 VA). Ab dem 1. September 1969 war er als Programmierer und später als Projektant im Volkseigenen Betrieb Gerätewerk K…-M…-S… (nachfolgend: VEB) beschäftigt. Von September 1970 bis November 1975 absolvierte er ein Fernstudium an der Technischen Hochschule I… und erwarb den akademischen Grad "Diplomingenieur" für Informationstechnik. Nachdem die Beklagte die Einbeziehung in das Zusatzversorgungssystem nach § 1 Abs. 1 AAÜG zunächst abgelehnt hatte, stellte sie nach Abschluss eines Vergleichs im Klageverfahren vor dem Sozialgericht Chemnitz (Az. S 23 R 593/05) mit Feststellungsbescheid vom 18. Juli 2006 (Bl. 80 VA) die Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für den Zeitraum vom 1. September 1969 bis 30. Juni 1990 mit entsprechenden Arbeitsentgelten fest. Mit Überprüfungsantrag vom 16. September 2010 (Bl. 85 VA) begehrte der Kläger die Feststellung höherer Entgelte unter Einbeziehung von Prämien, Neuerervergütungen, Überstunden und sonstiger Überverdienste. Zum Nachweis legte er private Aufzeichnungen in Form von Arbeits- und Stundenbüchern zur Einsicht vor. Eine Recherche der Beklagten bei dem Archivunternehmen "Rhenus" blieb hingegen erfolglos (Bl. 106 VA). Mit Bescheid vom 30. August 2011 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 28. Dezember 2011 lehnte die Beklagte die Feststellung höherer Entgelte ab. Die zusätzlichen Einkünfte könnten nicht als Arbeitsentgelte im Sinne von § 6 Abs. 1 AAÜG anerkannt werden, weil ihr Zufluss weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht worden sei.
Mit seiner am 5. Januar 2012 vor dem Sozialgericht Chemnitz erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt. Er machte insgesamt 20.594,33 Mark zusätzliche Verdienste geltend (Bl. 15 ff. GA) und berief sich auf die chronologisch geführten Notizen. Weiter legte er Erklärungen der ehemaligen Kollegen H… J… und G… V… vor, in denen diese angaben, zusätzliche Zahlungen seien im Betrieb in bar gegen Unterschrift auf Kassenbelege geleistet worden. Weiter gaben sie an, der Kläger habe Arbeits- und Stundenbücher geführt, die der Zeuge J… als ehemaliger Vorgesetzter ab und an - z.B. am 30. Novem...