Orientierungssatz
Parallelentscheidung zum Urteil des LSG Chemnitz vom 16.5.2012 - L 1 KR 115/10, das vollständig dokumentiert ist.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 21. April 2010 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Revision wird zugelassen.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 689,94 € festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist die Vergütung von Leistungen der stationären Krankenhausbehandlung.
Die Klägerin betreibt ein in den Krankenhausplan des Freistaates Sachsen aufgenommenes Krankenhaus. Darin wurde vom 23.03.2004 bis 02.04.2004 eine Versicherte der beklagten Krankenkasse behandelt, die wegen Herzinsuffizienz aufgenommen worden war. Diese Krankenhausbehandlung rechnete die Klägerin auf der Grundlage der Fallpauschale für die Diagnosis Related Group (DRG) F62A (in Höhe von 2.957,19 €) ab; dabei kodierte sie als Hauptdiagnose ICD-10 I50.9 (Herzinsuffizienz, nicht näher bezeichnet) und als Nebendiagnosen u.a. ICD-10 F03 (nicht näher bezeichnete Demenz) und ICD-10 J90 (Pleuraerguss, anderenorts nicht klassifiziert). Die Beklagte bezahlte die Rechnung zunächst vollständig. Mit Schreiben vom 22.10.2008 zeigte der Medizinische Dienst des Bundeseisenbahnvermögens (MD-BEV) der Klägerin eine Überprüfung der Kodierung der Hauptdiagnose an und bat um Übersendung der Behandlungsunterlagen. Nach deren Vorlage führte der MD-BEV in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 28.02.2009 aus, die Nebendiagnose ICD-10 F03 sei nicht belegt. Kein Nachweis für eine Relevanz im Sinne der Deutschen Kodierrichtlinie (DKR) D003 finde sich für den kodierten Pleuraerguss (ICD-10 J90). Auch die Kriterien der DKR D008 seien nicht erfüllt, da lediglich eine Verdachtsdiagnose gestellt worden sei, für die keine spezifische Behandlung eingeleitet worden sei. Mit Schreiben vom 03.03.2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit, nach dieser gutachterlichen Stellungnahme des MD-BEV sei die Krankenhausbehandlung mit der DRG-Fallpauschale F62B (in Höhe von 2.267,26 €) abzurechnen, und kündigte die Verrechnung mit dem sich daraus ergebenden Differenzbetrag von 689,94 € an. Am 07.04.2009 erklärte die Beklagte die Aufrechnung mit einer anderen Vergütungsforderung der Klägerin (über 3.576,92 € für eine Krankenhausbehandlung vom 03.03.2009 bis 17.03.2009).
Die Klägerin hat am 07.10.2009 beim Sozialgericht Leipzig (SG) Klage auf Zahlung dieses Differenzbetrages erhoben. Der von der Beklagten geltend gemachte Rückzahlungsanspruch sei im Zeitpunkt der Verrechnung bereits verjährt gewesen. Die Beklagte hat erwidert, die Einleitung des Begutachtungsverfahrens durch den MD-BEV habe den Eintritt der Verjährung gehemmt.
Das SG hat mit Urteil vom 21.04.2010 die Klage abgewiesen und die Berufung zugelassen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Zahlung weiterer 689,94 €. Die Beklagte habe zu Recht eine Verrechnung in dieser Höhe vorgenommen. Dem könne die Klägerin nicht mit Erfolg entgegenhalten, dass der Anspruch auf Verrechnung verjährt sei. Denn nach damaliger Rechtslage sei die Überprüfungsmöglichkeit durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) noch nicht auf sechs Wochen begrenzt gewesen, wie jetzt nach § 275 Abs. 1c Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auch vertraglich sei keine derartige Regelung vereinbart worden. Damit habe grundsätzlich eine 4-jährige Verjährungsfrist gegolten. Deren Ablauf sei durch die Überprüfungsanzeige des MD-BEV vom 22.10.2008 gehemmt gewesen. Die Vorschrift des § 204 Abs. 1 Nr. 8 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), wonach ein vereinbartes Begutachtungsverfahren die Verjährung hemme, sei entsprechend anwendbar. Dem stehe nicht entgegen, dass die Krankenkassen ein gesetzlich vorgeschriebenes Begutachtungsverfahren einzuleiten hätten. Denn mit der Einschränkung auf “vereinbarte„ Begutachtungsverfahren schließe § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB lediglich aus, dass ohne Kenntnis der anderen Seite eingeholte Gutachten die Verjährung hemmen könnten. Die Überprüfung sei auch nicht rechtsmissbräuchlich. Es sei nicht festzustellen, dass die Beklagte nachhaltig, über Einzelfalle hinaus gegen vereinbarte Regeln über das Prüfverfahren bei dessen Einleitung verstoßen hätte. Vielmehr sei die Klägerin ihrer Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen.
Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 13.07.2010 eingelegten Berufung. Zum Zeitpunkt der Verrechnung sei der von der Beklagten geltend gemachte Anspruch bereits verjährt gewesen. Das MDK-Prüfverfahren stelle kein Begutachtungsverfahren im Sinne des § 204 Abs. 1 Nr. 8 BGB dar, da es nicht vereinbart worden, sondern auf Antrag der Beklagten erfolgt sei. Da die Krankenkasse Herrin des Prüfverfahrens sei, sei es auch ihrer Risikosphäre zuzuordnen, wenn sie das Prüfverfahren zu spät einleite. Andernfalls könnte die Krankenkasse immer am 31.12. des letzten Jahres den MDK mit der Prüfung eines Behandlungsfalles beauftr...