Entscheidungsstichwort (Thema)

Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein. Vergütungsanspruch eines privaten Arbeitsvermittlers. Vermittlungserfolg. Aufnahme der Beschäftigung während des Geltungszeitraums des Gutscheins. Abschluss des Arbeitsvertrags vor Gültigkeit des Gutscheins

 

Leitsatz (amtlich)

In Bezug auf einen Vergütungsanspruch gegenüber der Bundesagentur für Arbeit endet die Vermittlung eines privaten Arbeitsvermittlers nicht bereits mit dem Abschluss des Arbeitsvertrages zwischen dem Arbeitsuchenden und seinem künftigen Arbeitgeber, sondern erst mit der Arbeitsaufnahme (Bestätigung der Senatsrechtsprechung, vgl LSG Chemnitz vom 19.10.2017 - L 3 AL 35/16).

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 15. Juni 2015 aufgehoben.

Der Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Januar 2015 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 1.000,00 EUR zu zahlen.

II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt, die Beklagte zur Zahlung einer Vermittlungsvergütung in Höhe von 1.000,00 EUR zu verurteilen.

Die Klägerin betreibt eine private Arbeitsvermittlung unter der Firmenbezeichnung Z... Das Unternehmen wurde mit Zertifikat vom 3. September 2012 von einer anerkannten Zertifizierungsstelle als Träger nach dem Recht der Arbeitsförderung für den Fachbereich Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung für die Zeit bis zum 3. April 2019 zugelassen (Zertifikat-Registrier-Nr. ...).

Die vom Sozialgericht mit Beschluss vom 26. Februar 2015 beigeladene Arbeitslose bezog seit dem 28. Juni 2014 von der Beklagten Arbeitslosengeld. Am 30. Juni 2014 reichte sie bei der Klägerin ihre Bewerbungsunterlagen ein und schloss mit ihr am 21. Juli 2014 einen Vermittlungsvertrag. Daraufhin beantragte die Klägerin für die Beigeladene mit Schreiben vom 23. Juli 2014 bei der Beklagten einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein und wies darauf hin, dass die Möglichkeit bestehe, die Beigeladene zeitnah in ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu vermitteln. Am 29. Juli 2014 schloss die Beigeladene mit der Firma Y... einen Arbeitsvertrag für die Zeit vom 15. September 2014 bis zum 14. September 2015 mit Beschäftigungsbeginn am 15. September 2014.

Am 20. August 2014 erteilte die Beklagte der Beigeladenen einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein über 2.000,00 EUR gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 und Abs. 7 des Sozialgesetzbuches Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III), gültig vom 20. August 2014 bis zum 19. November 2014 für die Arbeitsvermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung im Bundesgebiet.

Der Gutschein enthielt unter der Überschrift "Nebenbestimmungen" auf den Seiten 1 und 2 unter anderem folgende Passagen:

"Zeitliche Befristung der Zusicherung (Gültigkeitsdauer)

Der festgelegte Zeitraum ist maßgeblich für folgende Aktivitäten:

- Auswahl eines zugelassenen Trägers

- Arbeitsvermittlung durch den ausgewählten Träger

- Aufnahme dieser versicherungspflichtigen Beschäftigung

Die Befristung (Gültigkeitsdauer) endet bei folgenden Ereignissen:

1. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung

2. Ende des Anspruchs auf Arbeitslosengeld

3. Ende der Arbeitslosigkeit oder Aufnahme einer versicherungspflichtigen Beschäftigung (z.B. Aufnahme einer versicherungspflichtigen Tätigkeit über 15 Stunden wöchentlich, Bezug von Krankengeld, Bezug einer Rente Mutterschutz usw.)

4. Ende der Arbeitsuche (z.B. wenn an der Aufnahme einer zumutbaren Beschäftigung kein Interesse mehr besteht oder eine solche nicht mehr ausgeübt werden kann)

5. Die Betreuung durch die Agentur für Arbeit beendet ist

6. Wohnortwechsel in den Bezirk einer anderen Agentur für Arbeit. Ist die Vermittlung vor dem Wohnortwechsel erfolgt und wird diese Beschäftigung innerhalb der zeitlichen Befristung aufgenommen, kann bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen die Vermittlungsvergütung gezahlt werden.

In den vorgenannten Fällen besteht keine Bindung mehr an die Zusicherung der Förderung."

"Vermittlungsvergütung

Die Vermittlungsvergütung wird unter Einhaltung der regionalen Beschränkungen und unter folgenden Voraussetzungen an den Träger (private Arbeitsvermittlung) gezahlt:

- Vermittlung in eine versicherungspflichtige Beschäftigung bzw. in eine versicherungspflichtige, mindestens 15 Stunden wöchentlich umfassende Beschäftigung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum innerhalb der Gültigkeitsdauer des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins

- Aufnahme der vermittelten Beschäftigung innerhalb der Gültigkeitsdauer

- mindestens sechswöchige Dauer der vermittelten Beschäftigung

- Nachweis durch die Vermittlungs- und Beschäftigungsbestätigung

- Einlösung des Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheines mit dem erforderlichen...

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