Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsanordnung gegen die Sächsische Landwirtschaftliche Alterskasse. Regressanspruch gegen den Geschäftsführer

 

Orientierungssatz

1. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen eines Sozialleistungsträgers kann jedenfalls dann nicht als in die Zuständigkeit der Geschäftsführung fallendes "laufendes Geschäft" angesehen werden, wenn solche Schadensersatzansprüche gegenüber Mitgliedern der Geschäftsführung verfolgt werden sollen. Die Selbstverwaltungskörperschaft wird in solchen Verfahren durch den Vorstand vertreten.

2. Für Aufsichtsbescheide iS von § 89 Abs 1 S 2 SGB 4 gilt über den für alle Verwaltungsentscheidungen beachtlichen Grundsatz der hinreichenden Bestimmtheit und Verständlichkeit hinausgehend die Forderung, dass darin der Wille der Aufsichtsbehörde bestimmt, unzweideutig und vollständig zum Ausdruck kommen muss.

3. Die einer Aufsichtsverpflichtung vorgeschaltete Beratung muss sich entsprechend ihrem Ziel - nach Möglichkeit eine aufsichtsbehördliche Anordnungen zu vermeiden und dem Versicherungsträger selbst die Möglichkeit zu eröffnen, die Rechtslage zu prüfen und die geeigneten/notwendigen Maßnahmen zu ergreifen - konkret und unmissverständlich auf die seitens der Aufsichtsbehörde angestrebte Behebung der Rechtsverletzung beziehen.

4. Zur Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsanordnung des Sächsischen Staatsministeriums für Soziales, Gesundheit und Familie gegen die Sächsische Landwirtschaftliche Alterskasse mit der die Alterskasse zur Geltendmachung eines ihr selbst zustehenden Schadensersatzes - infolge eines durch rechtswidrige Tätigkeit ihres Geschäftsführers bei ihr selbst entstandenen Vermögensschadens - verpflichtet werden sollte.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 11.12.2003; Aktenzeichen B 10 A 1/02 R)

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Rechtmäßigkeit einer Aufsichtsanordnung des Beklagten streitig.

Die Sächsische Landwirtschaftliche Alterskasse (SLAK), die Klägerin, führt ihre gesetzlichen Aufgaben als Trägerin der landwirtschaftlichen sozialen Alterssicherung im Wege der so genannten Organleihe über die Organe der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaften und unter Heranziehung von deren Verwaltungseinrichtungen aus (§ 32 Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch -- gemeinsame Vorschriften (SGB IV)). Durch § 17 des Gesetzes zur Förderung der Einstellung der landwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit (FELEG -- hier in der Fassung von Artikel 2 und 3 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Reform der agrarsozialen Sicherung vom 15. Dezember 1995 (BGBl. I, 1814)) ist den Landwirtschaftlichen Alterskassen die Durchführung dieses Gesetzes übertragen worden. Die hierfür entstandenen Kosten trägt die Bundesrepublik Deutschland (§ 19 FELEG). In dem ihr gesetzlich zugewiesenen Aufgabenbereich ist die Klägerin ein so genannter landesunmittelbarer Versicherungsträger (§ 90 Abs. 2 SGB IV, § 114 Abs. 1 Nr. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) -- Gesetzliche Unfallversicherung --).

Dem Sächsischen Staatsministerium für Soziales, Gesundheit und Familie als der für den Bereich der landwirtschaftlichen Sozialversicherung zuständigen obersten Verwaltungsbehörde des Freistaates Sachsen obliegt gemäß § 90 Abs. 2 SGB IV die Aufsicht über die Klägerin als landesunmittelbaren Versicherungsträger.

Der Beigeladene, seinerzeit hauptamtlicher Geschäftsführer der Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) Oberfranken und Mittelfranken, wurde durch den Sächsischen Staatsminister für Soziales, Gesundheit und Familie zum Zwecke der Errichtung der Sächsischen Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft mit Urkunde vom 25.03.1992 gemäß § 37 Abs. 1 SGB IV zum Errichtungsbeauftragten der LBG in Sachsen bis zur Wahl der Selbstverwaltungsorgane bestellt und gleichzeitig (insoweit) mit der Wahrnehmung der "Aufgaben des Geschäftsführers eines Versicherungsträgers (§ 36 SGB IV)" betraut. Das Dienstverhältnis des Beigeladenen zur LBG Oberfranken und Mittelfranken blieb davon unberührt.

Nach der Konstituierung der Selbstverwaltungsorgane der Sächsischen LBG sowie der Klägerin am 19.11.1993 beschloss die Vertreterversammlung der Klägerin am 16.03.1994, dass "die Geschäfte der Sächsischen LBG durch den Geschäftsführer der LBG Oberfranken und Mittelfranken, Direktor Friedhard Pfeiffer," (dem Beigeladenen) mit der Maßgabe geführt werden sollten, dass dessen Dienstverhältnis zu der eigenen Anstellungskörperschaft unangetastet bleibe. Der gleichzeitig dem Vorstand der Klägerin gegebene Auftrag, mit der LBG Oberfranken und Mittelfranken eine entsprechende Vereinbarung über die Tätigkeit des Beigeladenen abzuschließen, gelangte in der Folgezeit nicht zur Ausführung. Auch zwischen der Klägerin selbst und dem Beigeladenen wurde nach diesem Beschluss im März 1994 keine irgendwie geartete schriftliche vertragliche Vereinbarung über diese Tätigkeit -- nach dem Vortrag der Klägerin wegen fehlender Zustimmung des Beklagten -- abgeschlossen.

Über die Auslegung der für die Durchführung des FELEG i...

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