Verfahrensgang

SG Dresden (Urteil vom 13.02.2001; Aktenzeichen S 9 RJ 549/99)

 

Tenor

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 13. Februar 2001 abgeändert und die Beklagte unter Abänderung ihres Bescheids vom 19. Mai 1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1999 verurteilt, der Klägerin ab 01. Januar 2000 Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zu gewähren. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat die außergerichtlichen Kosten der Klägerin zu erstatten.

III. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die (Weiter-)Gewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit.

Die am … geborene Klägerin war von Juni 1967 bis April 1972 als Teigwarenarbeiterin, von Mai 1972 bis Juli 1973 als Sachbearbeiterin (Locherin und Prüferin), von August 1973 bis Juli 1987 als Raumpflegerin, von August 1987 bis Dezember 1988 als Montiererin und von Januar 1989 bis Dezember 1991 als Thermo-Plastspritzerin beschäftigt. Nach zwischenzeitlicher Arbeitslosigkeit bezog sie vom 01. März 1995 bis zum 28. Februar 1999 eine befristete Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheide vom 02. Februar 1995 und 20. Januar 1998).

Am 01. September 1998 beantragte die Klägerin die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit über den 28. Februar 1999 hinaus.

Im Verwaltungsverfahren lagen der Beklagten neben den medizinischen Unterlagen aus den vorangegangenen Verwaltungsverfahren vor:

  • ein Befundbericht der Allgemeinmedizinerin Dr. H. vom 14. September 1998,
  • ein Befundbericht des Orthopäden Z. vom 07. Januar 1999,
  • ein Befundbericht des Chirurgen Dr. F. vom 02. November 1998,
  • ein Gutachten des Chirurgen Dr. J. vom 04. März 1999, nach dem bei Funktionsminderung des Beines infolge Dysplasie-Coxarthrose links mit Trochanterhochstand und Beinverkürzung, Zustand nach operativ behandelter Unterschenkelfraktur und -refraktur links mit Ausbildung einer posttraumatischen Arthrose im Bereich des oberen Sprunggelenks links und Adipositas ein vollschichtiges Leistungsvermögen für körperlich leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten, ohne längere Anmarschwege (zumutbar 2000 Meter), ohne überwiegend einseitige Körperhaltung, ohne häufiges Bücken, Klettern und Steigen, ohne Absturzgefahr und ohne Gefährdung durch Kälte und Nässe bestehe.

Mit Bescheid vom 19. Mai 1999 lehnte die Beklagte unter Verweis auf ein vollschichtiges Leistungsvermögen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt die Weitergewährung einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit ab. Den hiergegen gerichteten Widerspruch vom 08. Juni 1999 wies sie nach Einholung eines Befundberichts der Allgemeinmedizinerin Dr. H. vom 28. Juli 1999 mit Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1999 zurück. Mit den bestehenden gesundheitlichen Einschränkungen könne die Klägerin nach den sozialmedizinischen Feststellungen wieder vollschichtig als Plastspritzerin tätig sein. Sie sei darüber hinaus in der Lage, vollschichtig leichte Arbeiten im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten sowie ohne häufiges Bücken, Klettern oder Steigen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten. Auch wenn ihr Leistungsvermögen im maßgeblichen Hauptberuf quantitativ gemindert wäre, würde sich kein Anspruch auf Berufsunfähigkeitsrente ableiten lassen, da sie als Plastspritzerin allenfalls zum unteren Bereich der angelernten Arbeiter zähle.

Auf die am 25. November 1999 erhobene Klage hat das Sozialgericht Dresden (SG) medizinische Unterlagen aus der Akte der Großhandels- und Lagerei-Berufsgenossenschaft sowie aus der Schwerbehinderten-Akte der Klägerin beigezogen. Des Weiteren haben dem SG ein auf Veranlassung der Debeka Allgemeine Versicherung AG von Dr. G. erstattetes unfallchirurgisches Gutachten vom 29. März 1999, ein ärztliches Gutachten des Arbeitsamts B. (Dr. F.) vom 29. Dezember 1999 (vollschichtiges Leistungsvermögen für körperliche leichte Arbeit bei überwiegend sitzender Arbeitshaltung, ohne häufiges Treppensteigen, ohne Steigen auf Leitern, ohne Arbeiten auf Gerüsten, ohne häufiges und längeres Knien und Hocken; das Benutzen öffentlicher Verkehrsmittel sei schwierig, aber möglich; die Gehstrecke betrage mit Gehhilfe etwa 300 m), ein Befundbericht des Chirurgen Dr. F. vom 19. April 2000 und ein Attest der Allgemeinmedizinerin Dr. H. vorgelegen. Ferner hat das SG den Orthopäden Prof. Dr. F. mit der Erstattung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 05. Oktober 2000 folgende Diagnosen gestellt:

  • angeborene hohe Hüftgelenksluxation links mit Beinverkürzung um 4,5 cm, beginnende Koxarthrose rechts,
  • posttraumatische Arthrose des linken oberen Sprunggelenks bei Valgus- und Rekurvationsfehlstellung, Spitzfuß links,
  • Gonarthrose links, beginnende Gonarthrose rechts,
  • Übergewicht.

Die Klägerin könne leichte körperliche Arbeiten überwiegend im Sitzen, mit der Möglichkeit aufzustehen und herumzulaufen, ohne Heben und ...

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