Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. häusliche Krankenpflege. An- und Ablegen eines Gilchristverbandes. keine Maßnahme der Behandlungspflege
Leitsatz (amtlich)
Das An- und Ablegen eines Gilchristverbandes ist nicht dem Bereich der Behandlungspflege, sondern dem der Grundpflege zuzuordnen.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 22. Januar 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Übernahme von Kosten der häuslichen Krankenpflege.
Die Klägerin und Berufungsklägerin (im Folgenden: Klägerin) ist 1937 geboren und alleinstehend. Ihr wurde, nachdem sie - bei bestehender Rechtshändigkeit - eine Luxation des rechten Schultergelenks erlitten hatte und deshalb stationär behandelt worden war, von ihrer behandelnden Hausärztin, der Allgemeinmedizinerin Dipl.-Med. H…, am 24.09.2007 und 26.09.2007 für die Zeiträume 01.07.2007 bis 30.09.2007 und 01.10.2007 bis 04.11.2007 das zweimal tägliche Anlegen von stützenden/stabilisierenden Verbänden, 14-mal wöchentlich, sowie im selben Umfang die hauswirtschaftliche Versorgung, verordnet.
Die Beklagte und Berufungsbeklagte (im Folgenden: Beklagte) lehnte die Kostenübernahme für den Zeitraum Juli bis September 2007 mit Bescheid vom 26.09.2007 und für den Zeitraum 01.10.2007 bis 04.11.2007 mit Bescheid vom 28.09.2007 ab. Der Gilchristverband sei eine konfektionierte Bandage und gehöre zu den Hilfsmitteln. Nach den Richtlinien über die Verordnung von häuslicher Krankenpflege sei das An- und Ablegen konfektionierter Bandagen Bestandteil der allgemeinen Körperpflege und beim An- und/oder Auskleiden mit zu erbringen. Eine Kostenübernahme für die beantragte hauswirtschaftliche Versorgung im Rahmen der häuslichen Krankenpflege könne ebenfalls nicht erfolgen. Die Leistung könne im Rahmen der Behandlungspflege nicht genehmigt werden. Die Klägerin könne jedoch in ihrer zuständigen Geschäftsstelle einen Antrag auf Haushaltshilfe stellen.
Gegen den Bescheid vom 26.06.2007 legte die Klägerin am 26.10.2007 Widerspruch ein. Es handele sich um keine Grundpflege, vielmehr sei das An- und Ablegen eines Gil-christverbandes eine ärztlich delegierbare Leistung und zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung erforderlich. Die Richtlinien zur Verordnung häuslicher Krankenpflege enthielten unter Ziffer 34 auch das Anlegen von stützenden und stabilisierenden Verbänden. Die Leistung diene allein medizinischen Zwecken.
Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 14.02.2008 zurückgewiesen. Das Anlegen des Gilchristverbandes sei der Grundpflege zuzurechnen, ebenso wie das An- und Ablegen von Hilfsmitteln, wie beispielsweise Prothesen, die nach den häuslichen Krankenpflegerichtlinien als Maßnahme der Grundpflege Hilfen zur Körperpflege zugeordnet seien. Der Gilchristverband gehöre zu den Bandagen, deren Wechsel der Körperpflege diene.
Hinsichtlich des Bescheides vom 28.09.2007 wurde am 04.07.2008 ein Antrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) gestellt, der mit Bescheid vom 15.07.2008 und Widerspruchsbescheid vom 09.10.2008 abgelehnt wurde. Die Begründung entsprach im Wesentlichen der des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2008.
Am 13.03.2008 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht Leipzig (SG) gegen den Bescheid vom 26.09.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.02.2008 erhoben (S 8 KR 76/08). Am 13.11.2008 hat sie Klage gegen den Bescheid vom 15.07.2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 09.10.2008 erhoben (Az.: S 8 KR 402/08). Die Verfahren sind mit Beschluss des SG vom 15.01.2010 verbunden worden.
Im Klageverfahren hat die Klägerin eine Rechnung der “Häusliche Krankenpflege P… G… GmbH„ vom 20.08.2008 vorgelegt, mit welcher diese der Klägerin einen Betrag von insgesamt … EUR “für erbrachte Leistungen (stützende und stabilisierende Verbände) vom 24.09.2007 bis 04.11.2007„ berechnet hatte. Die Rechnung enthält den handschriftlichen Vermerk: “Betrag dankend erh. 22.2.2008„.
Das SG hat die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Kostenerstattung für das An- und Ablegen eines Gilchristverbandes, zweimal täglich und 7-mal wöchentlich. Die Beklagte habe die Leistung nicht zu Unrecht abgelehnt. Das An- und Ablegen des Gilchristverbandes zähle nicht zur Behandlungs- (Sicherungs), sondern zur Grundpflege. Zwar seien einerseits unter dem Verzeichnis verordnungsfähiger Maßnahmen der häuslichen Krankenpflege nach Anlage der Richtlinie unter Nr. 31 aufgeführt das Anlegen und Wechseln von Wundverbänden (Anlegen, Wechseln von Verbänden, Wundheilungskontrolle, Desinfektion und Reinigung (auch Wundreinigungsbad), Spülen von Wundfisteln, Versorgung von Wunden unter aseptischen Bedingungen) sowie das Anlagen eines Kompressionsverbandes, auch An- und Ausziehen von Kompressionsstrümpf...