Entscheidungsstichwort (Thema)
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz. Arbeitsentgelt. Schätzung der Höhe einer glaubhaft gemachten Jahresendprämie. Zeugenaussage. SED Parteibuch
Leitsatz (amtlich)
1. Die Behauptung, erhöhte Beiträge, die im Mitgliedsbuch der SED eingetragen sind, resultieren aus gezahlten Jahresendprämien, ist in der Regel dann nicht geeignet, den Zufluss dieses zusätzlichen Arbeitsentgelts glaubhaft zu machen, wenn den Beitragseinträgen nicht entnommen werden kann, auf welchen konkreten Lohnbestandteil die erhöhten Beiträge entrichtet wurden.
2. Der Zufluss von Jahresendprämien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach kann im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht werden.
Orientierungssatz
1. Zum Leitsatz 1 vgl LSG Chemnitz vom 7.8.2012 - L 5 RS 45/10 = juris RdNr 26, vom 21.8.2012 - L 5 RS 480/11 = juris RdNr 29, L 5 RS 572/11 = juris RdNr 29, L 5 RS 88/10 = juris RdNr 28 sowie vom 2.10.2012 - L 5 RS 362/11 = juris RdNr 34, LSG Halle vom 12.12.2013 - L 1 R 387/11 = juris RdNr 25, vom 12.2.2014 - L 1 RS 28/13 = juris RdNr 27, LSG Erfurt vom 27.5.2014 - L 6 R 1280/12 = juris RdNr 23 und LSG Berlin-Potsdam vom 9.10.2014 - L 33 R 151/13 = juris RdNr 41.
2. Zum Leitsatz 2 vgl LSG Chemnitz vom 4.2.2014 - L 5 RS 462/13 = juris RdNr 50, vom 28.4.2015 - L 5 RS 450/14 = juris RdNr 47, vom 12.5.2015 - L 5 RS 382/14 = juris RdNr 52 und L 5 RS 424/14 = juris RdNr 55, vom 21.7.2015 - L 5 RS 668/14 = juris RdNr 59 sowie vom 27.10.2015 - L 5 RS 80/15 = juris RdNr 54.
Normenkette
AAÜG § § 1, 5 Abs. 1 S. 1, § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 6, § 8 Abs. 1, § 8 Anl. 1 Nr. 1; SGB IV § 14; SGB VI §§ 149, 256a Abs. 2; SGB X § 23 Abs. 1 S. 2; SGG § 128 Abs. 1 Sätze 1-2, § 202; AGB DDR §§ 116, 28 Abs. 1-2; ZPO § 287 Abs. 1 S. 1, Abs. 2
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 6. Februar 2015 abgeändert. Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 22. August 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Januar 2012 verurteilt, für die Jahre 1976 bis 1978, 1980, 1982 bis 1983 und 1985 bis 1988 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt zu berücksichtigen:
Für das Jahr:
1976 |
990,21 M |
1977 |
980,08 M |
1978 |
994,72 M |
1980 |
1.116,66 M |
1982 |
1.100,45 M |
1983 |
1.130,74 M |
1985 |
1.215,89 M |
1986 |
1.190,61 M |
1987 |
1.187,04 M |
1988 |
1.206,20 M |
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu fünf Sechsteln.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten - im Rahmen eines von der Beklagten bereits eröffneten Überprüfungsverfahrens - über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Beschäftigungsjahre 1975 bis 1977, 1979, 1981 bis 1982 und 1984 bis 1987 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.
Der 1941 geborene Kläger ist nach einem Studium an der Technischen Universität D… seit 27. Juli 1968 berechtigt, die Berufsbezeichnung “Ingenieur„ in der Fachrichtung “elektrische Maschinen, Geräte und Antriebe„ zu führen. Er war vom 13. September 1965 bis 31. Dezember 1968 als technischer Sachbearbeiter im volkseigenen Betrieb (VEB) Starkstromanlagenbau B… und vom 1. Januar 1969 bis 31. Dezember 1974 als Bauleiter im VEB Kraftwerksanlagenbau B… beschäftigt. Mit Zeugnis der Technischen Universität D… vom 31. August 1973 erwarb er die Berechtigung die Berufsbezeichnung “Hochschulingenieur„ zu führen. Mit Urkunde der Technischen Universität D… vom 3. April 1974 wurde ihm der akademische Grad “Diplom-Ingenieur„ verliehen. Er war vom 1. Januar 1975 bis 31. Dezember 1983 als Leiter Investrealisierung im VEB Braunkohlenbohrungen und Schachtbau W… und vom 1. Januar 1984 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Oberbauleiter im VEB Braunkohlenwerk “Glückauf„ K… beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungsurkunde und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.
Mit Bescheid vom 17. Mai 2002 stellte die Beklagte die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1968 bis 30. Juni 1990 als “nachgewiesene Zeiten„ der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest.
Mit Überprüfungsantrag vom 17. Juni 2011 begehrte der Kläger die Einbeziehung von Jahresendprämien für den Zeitraum von 1976 bis 1989 und legte sein Parteibuch der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) mit Mitgliedsbeitragszahlungsnachweisen für den Zeitraum von September 1971 bis November 1989 vor...