Entscheidungsstichwort (Thema)
Anwendung des § 131 Abs 5 SGG auf Leistungs- und Verpflichtungsklage
Orientierungssatz
1. § 131 Abs 5 SGG ist nicht nur auf reine Anfechtungsklagen, sondern auch auf Leistungs- und Verpflichtungsklagen anwendbar (vgl LSG Essen vom 11.5.2005 - L 8 RJ 141/04, SG Dresden vom 11.8.2005 - S 18 KR 304/05).
2. Die Prüfung, ob die drei Voraussetzungen des § 131 Abs 5 SGG (noch erforderliche Ermittlungen, Erheblichkeit der Ermittlungen und Sachdienlichkeit der Zurückverweisung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten) vorliegen, ist uneingeschränkt vom Rechtsmittelgericht überprüfbar, während dem erstinstanzlichen Gericht ein Ermessen ("kann"), ob es nach § 131 Abs 5 SGG verfährt oder nicht, erst bei Vorliegen dieser drei Voraussetzungen zusteht.
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 25.02.2005 aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung an das Sozialgericht Dresden zurückverwiesen.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung gegen die Zurückverweisung der Sache an ihn zum Zwecke erneuter Sachverhaltsermittlung hinsichtlich der Merkzeichen "G" (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) und "B" (Notwendigkeit ständiger Begleitung).
Der ... 1939 geborene, derzeit 65 Jahre alte Kläger erlitt am 24.04.2000 einen Schlaganfall und ist aufgrund des Bescheides des Hessischen Amtes für Versorgung und Soziales vom 31.10.2000 in der Fassung des Teilabhilfebescheides vom 03.05.2001 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.06.2001 seit August 2000 mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 80 wegen einer Lähmung des linken Armes nach Schlaganfall, Depressionsneigung und Bluthochdrucks als schwerbehinderter Mensch anerkannt.
Nachdem das Hessische Amt für Versorgung und Soziales mit Bescheid vom 10.07.2002 eine vom Kläger beantragte Neufeststellung seiner Behinderungen und die Vergabe von Merkzeichen abgelehnt hatte, verzog der Kläger in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten und beantragte hier mit Schreiben vom 20.12.2003 die Merkzeichen "G" und "B". Zur Prüfung dieses Antrags lagen dem Beklagten folgende medizinische Unterlagen vor:
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Befundberichte von Dr. med. R Fachärztin für Innere Medizin, vom 05.02.2001, 25.03.2002 und 10.02.2004, |
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Entlassungsberichte über Reha-Maßnahmen vom 16.06.2000 bis 20.07.2000, 19.04.2001 bis 24.05.2001 und 13.08.2002 bis 10.09.2002 sowie über eine stationäre Krankenhausbehandlung vom 21.09.2001 bis 26.09.2001, |
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schriftliche Befunde zu einem CT des Gehirnschädels vom 17.10.2001 und einer Thoraxaufnahme vom 30.04.2002, |
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Laborbefunde vom 21.09.2001, 12.12.2001, 14.02.2003, 16.07.2003 und 10.10.2003 einschließlich einer Duplexsonografie der extrazerebralen Gefäße vom 25.09.2001 und |
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ein MDK-Pflegegutachten vom 09.03.2004 mit Untersuchung am 26.02.2004, |
wegen deren Einzelheiten auf die Blätter 8 bis 17, 29, 42 bis 51, 77 bis 84 und 86 bis 91 des beigezogenen Verwaltungsvorganges verwiesen wird.
Der Beklagte holte dazu eine versorgungsärztliche Stellungnahme vom 17.05.2004 ein, wonach angesichts der vorliegenden medizinischen Unterlagen die Lähmungserscheinungen unverändert, erhebliche Schwindelerscheinungen, die eine Begleitperson erfordern würden, nicht vorhanden und daher bei unverändertem GdB die Merkzeichen "B" und "G" nicht zu begründen seien.
Darauf gestützt lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 07.06.2004 den Neufeststellungsantrag ab, weil nach den beigezogenen medizinischen Unterlagen eine wesentliche Änderung gegenüber dem Teilabhilfebescheid vom 03.05.2001 nicht eingetreten sei und die Voraussetzungen für die Merkzeichen "G" und "B" nicht gegeben seien.
Auf den dagegen am 18.06.2004 erhobenen Widerspruch hin, mit dem der Kläger im Wesentlichen geltend machte, dass der Beklagte seine Bewegungseinschränkungen bei der Mobilität nicht erkannt, ihn nur nach Aktenlage ohne eigenen Augenschein beurteilt und nicht berücksichtigt habe, dass ihm seit Dezember 2003 die Pflegestufe I zustehe, holte der Beklagte eine weitere versorgungsärztliche Stellungnahme ein, wonach auf die Stellungnahme vom 17.05.2004 verwiesen werden könne und die Merkzeichen "B" und "G" bei Hemiparese des linken Armes und einer leichten Fußheberschwäche am linken Bein, ohne dass orthopädisches Schuhwerk vorhanden sei, nicht begründet werden können. Daraufhin wies der Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 06.08.2004 unter Bestätigung des Ausgangsbescheides zurück.
Dagegen erhob der Kläger am 19.08.2004 Klage und nahm Bezug auf seine Widerspruchsbegründung, stellte aber keinen konkreten Antrag. Der Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen, weil es keine neuen Aspekte gebe und legte am 01.10.2004 dem Sozialgericht seine Verwaltungsakten vor.
Das Sozialgericht Dresden forderte den Beklagten am 06.10.2004 unter Fristsetzung bis 05.11.2004 und unter Hinweis auf die Vorschr...