Verfahrensgang

SG Leipzig (Urteil vom 24.04.1995; Aktenzeichen S 6 Al 376/93)

 

Tenor

I. Auf die Berufung wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. April 1995 und die angefochtenen Bescheide der Beklagten vom 22.06.1993 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 24.04.1993 abgeändert und die Beklagte verurteilt, dem Kläger Arbeitslosengeld für die Zeit vom 08. Juni bis 30. Juni 1993 zu gewähren. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II. Die Beklagte hat dem Kläger die Hälfte der außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Unterhaltsgeld (Uhg) nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vom 01.08.1991 bis 07.06.1993 sowie von Arbeitslosengeld (Alg), hilfsweise Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 08.06. bis 30.06.1993.

Der Kläger, am … in Leningrad geboren und sowjetischer Jude, reiste am 03. September 1990 in die damalige Deutsche Demokratische Republik ein. Er erhielt die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings (Kontingentflüchtlings) zuerkannt. Von Oktober 1990 bis 26. Juni 1991 besuchte der Kläger einen Sprachlehrgang „Deutsch als Fremdsprache” in Leipzig, den er ausweislich des Zertifikates der Pädagogischen Hochschule Leipzig vom 20.06.1991 mit der Gesamtnote „gut” bestand. Ab 19.09.1990 erhielt er Sozialhilfe vom Sozialamt der Stadt Leipzig, für die Monate April und Mai 1991 insgesamt 1.170,00 DM (Hilfe zum Lebensunterhalt und Bekleidungsbeihilfe).

Am 01.04.1991 beantragte der Kläger beim Arbeitsamt (AA) Sangerhausen „Eingliederungsleistungen für Aussiedler” sowie die „Förderung der Teilnahme an einem Deutsch-Sprachlehrgang für Aussiedler, Asylberechtigte, Kontingentflüchtlinge”.

Mit Bescheid vom 25.06.1992 wurde dem Kläger Eingliederungsgeld (Egg) für die Zeit vom 01.04.1991 bis 30.06.1991 wöchentlich i.H.v. 122,40 DM, danach bis zum 31.07.1991 i.H.v. 135,00 DM zuerkannt. Mit Bescheid vom 09.11.1992 wurde der Antrag des Klägers vom 12.10.1992, die Leistungen ab Lehrgangsbeginn zu gewähren, nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB) X abgelehnt, da hinsichtlich der verspäteten Antragstellung kein Verschulden des AA vorläge und Leistungen frühestens ab dem Tage der Antragstellung gewährt werden könnten. Am 07.12.1992 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 09.11.1992 ein.

Mit Bescheid vom 26.04.1993 wies das AA den Widerspruch vom 07.12.1992 zurück (I/93).

Dagegen hat der Kläger am 04.05.1993 zur Niederschrift beim SG Leipzig Klage erhoben (Az. S 6 AI 217/93).

Zuvor hatte der Kläger am 22.07.1991 (beim AA Leipzig) Arbeitslosenhilfe beantragt (II/1), deren Gewährung mit Bescheid vom 18.03.1992 abgelehnt wurde, weil der Kläger nicht die erforderliche Anwartschaftszeit von wenigstens 150 beitragspflichtigen Beschäftigungstagen aufweise. Sein Widerspruch vom 27.03.1992 blieb erfolglos (Bescheid vom 30.12.1992, II/34, zugestellt am 05.01.1993). Die am 05.02.1993 beim SG Leipzig dagegen erhobene Klage (Verfahren S 6 Al 48/93) wurde durch Urteil vom 24. April 1995 abgewiesen. Der Kläger hat dagegen am 18.07.1995 Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt.

Ebenfalls am 22.07.1991 hatte der Kläger die Förderung seiner Teilnahme an der Maßnahme „Angewandte Automatisierung technischer Prozesse” beantragt, die vom 01.08.1991 bis zum

07.06.1993 durchgeführt wurde. Dafür erhielt der Kläger Uhg aus den Mitteln des Europäischen Sozialfonds (ESF – Bescheid vom 08.03.1992). Mit einem Schreiben vom 24.09.1992 machte der Kläger geltend, er habe einen Anspruch auf (höheres) Uhg nach dem AFG anstelle des Uhg-ESF, und erinnerte mit dem weiteren Schreiben vom 09.03.1993 an die Bearbeitung seines Widerspruchs, der nunmehr mit Bescheid vom 24.06.1993 (Nr. 555/93) als unzulässig verworfen wurde (III/107).

Am 16.03.1993 beantragte der Kläger Arbeitslosengeld (II/51) und gab an, bis zum 07.06.1993 an einer Fortbildungsmaßnahme teilzunehmen. Der Antrag wurde mit Bescheid vom 22.04.1993 (II/1) mit dem Hinweis abgelehnt, der Kläger beziehe Uhg-ESF. Dem widersprach der Kläger am 14.05.1993 (II/53) und machte darauf aufmerksam, daß sich der Antrag erst auf die Zeit nach Beendigung der Maßnahme (06.07.1993) beziehe, wie von ihm bei der Antragstellung erläutert. Des ungeachtet wies die Beklagte den Widerspruch mit Bescheid vom 24.06.1993 (Nr. 4687/93) zurück: Die vorgetragenen Argumente seien geprüft worden, doch biete der festgestellte Sachverhalt keine Möglichkeit für eine andere Entscheidung.

Gegen beide Bescheide vom 24.06.1993 hat der Kläger am 20.07.1993 das SG Leipzig angerufen (S 6 Al 376/93).

Während des Klageverfahrens erließ die Beklagte vier Bescheide vom 09.11.1993, in der das Uhg-ESF von anfangs 750,00 DM bis zuletzt (ab 01.01.1993) auf 1.002,00 DM angehoben (dynamisiert) wurde (III/126–129).

Am 04.06.1993 stellte der Kläger einen Antrag auf Arbeitslosenhilfe (II/56), der mit Bescheid vom 09.06.1993 abgelehnt wurde: Die Anwartschaftszeit von 150 Kalendertagen sei nicht erfüllt. Dem widersprach der Kläger am 28.06.1993 und wies darauf hin, die Erfüllung der Vorfrist ergebe sich aus ...

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