Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Klagerücknahmefiktion. Aufhebung durch Rechtsmittelgericht. Fortsetzung des ursprünglichen Verfahrens beim SG. Kostenentscheidung. Betreibensaufforderung. Unterschrift durch den Richter. Zwischenstreit über die Erledigung des Verfahrens. Zurückverweisung
Leitsatz (amtlich)
1. Wird die Feststellung des Sozialgerichts, dass ein Rechtsstreit wegen § 102 Abs 2 SGG als zurückgenommen gilt, durch das Rechtsmittelgericht aufgehoben, ist das ursprüngliche Verfahren beim Sozialgericht ohne Weiteres fortzusetzen und in der Sache zu entscheiden. Einer gesonderten Zurückverweisung im Sinne des §159 Abs 1 Nr 2 SGG bedarf es nicht.
2. Da der Fortsetzungsstreit kein Rechtsmittel, sondern ein Zwischenstreit ist, bleibt die Kostenentscheidung der Endentscheidung vorbehalten.
Normenkette
SGG § 102 Abs. 1 S. 2, Abs. 2, § 159 Abs. 1 Nr. 2
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 21. Juli 2009 aufgehoben.
Es wird festgestellt, dass das beim Sozialgericht Dresden ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 32 AS 677/08 geführte Verfahren fortzusetzen ist.
II. Die Kostenentscheidung bleibt der Endentscheidung vorbehalten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Beendigung des ursprünglichen Klageverfahrens S 32 AS 677/08 durch fiktive Klagerücknahme. Gegenstand des ursprünglichen Verfahrens waren Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.09.2006.
Der 1966 geborene Kläger und Berufungskläger (im Folgenden: Kläger) beantragte erstmals am 17.12.2004 die Gewährung von Leistungen nach dem SGB II, nachdem er zuvor Arbeitslosenhilfe bezogen hatte. Er gab an, im eigenen Haus mit einem Wohnflächenanteil von 40 qm und zwei Zimmern (bezugsfertig seit 1997) zu wohnen. In diesem Zusammenhang fand ein Hausbesuch statt, der die Angaben des Klägers bestätigte: der Rest des Hauses (insgesamt 100 qm) sei Baustelle. Jeweils auf Anforderung durch den Beklagten reichte der Kläger einige Nachweise zu den anfallenden Kosten für Unterkunft und Heizung ein, so im November 2005 einen Grundsteuerbescheid für 2004 und eine Schornsteinfegerrechnung vom 29.12.2004.
Auf den per Telefax gestellten Folgeantrag vom 24.04.2006, mit dem er angab, dass sich keine Änderungen in den Verhältnissen ergeben hätten, wurden dem Kläger mit Bescheid vom 26.04.2006 für den Zeitraum 01.04.2006 bis 30.09.2006 monatliche Leistungen bewilligt, zuletzt wegen Änderung der Regelleistung ab Juli 2006 mit Änderungsbescheid vom 21.06.2006 für die Zeit bis September 2006 monatliche Leistungen i.H.v. 504,58 EUR. Dabei wurden ab Mai 2006 eine monatliche Pauschale für Heizkosten geleistet und insgesamt Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. monatlich 159,58 EUR anerkannt. Aufgrund eines Bewerbungsvorschlags der Arbeitsvermittlung wurde der Kläger am 22.05.2006 in eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) abgemeldet. Er teilte am 02.06.2006 mit, dass er ab 10.05.2006 eine Anstellung habe. Am 08.07.2006 legte der Kläger gegen den Änderungsbescheid vom 21.06.2006 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen.
Am 07.02.2007 ermittelte der Beklagte telefonisch, dass das vom Kläger in der ABM vom 10.05.2006 bis 31.08.2006 erzielte Arbeitseinkommen im Mai 2006 brutto 563,48 EUR und netto 458,39 EUR betrug. Von Juni bis August 2006 hatte der Kläger ein Bruttoarbeitseinkommen von 810,00 EUR erzielt, davon im Juni 658,53 EUR netto und im Juli und August 657,31 EUR netto. Die Zahlungen seien jeweils am Dritten des Folgemonats erfolgt.
Nach vorheriger Anhörung erließ der Beklagte am 15.03.2007 einen Änderungsbescheid, mit dem für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.09.2006 jeweils monatliche Leistungen in unterschiedlicher Höhe bewilligt wurden, weil das vom Kläger in einer ABM erzielte Einkommen nach § 11 SGB II auf die Leistungen anzurechnen sei. Zugleich wurde mit Aufhebungs- und Erstattungsbescheid die Bewilligungsentscheidung vom 26.04.2006 für die Zeit vom 01.06.2006 bis 30.09.2006 teilweise aufgehoben und Leistungen i.H.v. 1.516,24 EUR zurückgefordert. Dagegen legte der Kläger am 24.03.2007 Widerspruch ein, ohne diesen zu begründen, der mit Widerspruchsbescheid vom 20.12.2007 zurückgewiesen wurde.
Dagegen hat der Kläger am 24.01.2008 beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben (S 32 AS 677/08) und vorgetragen, das geltend gemachte Rückzahlungsbegehren sei unbegründet, weil die Mittel verbraucht und ihm auch keine Mittel verfügbar seien. Ein Verschulden liege nicht vor, da der ARGE die Einkommensverhältnisse aus eigenem Anlass sowie durch ihn selbst bekannt gewesen seien. Außerdem sei die Berechnung im Bescheid, insbesondere das dargestellte Einkommen, nicht nachvollziehbar. Eine entsprechende Beratung oder Aufklärung von Sachverhalten durch das Sozialgericht Dresden oder des Beklagten hätten auch auf Antrag bislang in keinem Fall stattgefunden. Der Widerspruchsbescheid sei ihm am 27....