Verfahrensgang
SG Chemnitz (Urteil vom 08.06.1995; Aktenzeichen S 4 U 70/93) |
Nachgehend
Tenor
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 08. Juni 1995 mit dem Bescheid vom 09.09.1992 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.1993 aufgehoben, festgestellt, dass der Verlust des linken Unterschenkels Folge des am 08.02.1984 erlittenen Arbeitsunfalles ist und die Beklagte verurteilt, dem Kläger unter Rücknahme des Bescheides der Betriebsgewerkschaftsleitung VEB Energiebau vom 02.12.1985 eine Verletztenrente nach einer MdE um 50 v. H. ab 01.01.1987 zu gewähren.
II. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Amputation des linken Unterschenkels des Klägers im September 1984 die Folge eines Arbeitsunfalles ist.
Der am … geborene Kläger stürzte auf dem Weg zur Arbeit am 08.02.1984 glatteisbedingt. Dabei zog er sich nach dem am 28.02.1984 erhobenen Befund von Dr. … eine Prellung des linken Knies zu. Dr. … stellte dazu fest: „Schmerzen an der Außenseite des linken Kniegelenkes, feste Bänderführung, Meniskuszeichen negativ, Gelenkerguß links.” Der Röntgenbefund ergab keinen Anhalt für eine knöcherne Verletzung. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestand vom 28.02.1984 bis 21.03.1984.
Dem Kläger wurde am 25.09.1984 nach einer akuten Arterienverschlußkrankheit der linke Unterschenkel amputiert. Die maskroskopisch-pathologische Untersuchung des Amputationspräparates ergab folgenden Befund von Dr. … 31 cm oberhalb der Ferse amputierter linker Unterschenkel, ganz umschriebene stark stenosierende Arteriosklerose des Endteils der A. tibialis posterior mit prästenotischer frischer obturierender Thrombose, übrige Unterschenkelarterien zart, frische Zirkulationsstörungen der vorderen Hälfte des Fußes und fleckförmig auch des Unterschenkels, beginnende Weichteilnekrose der Zehenspitzen.
Die vom Kläger 1985 bei der Betriebsgewerkschaftsleitung beantragte Anerkennung der Unterbeinamputation links als Folge des Wegeunfalls wurde mit Bescheid vom 02.12.1985 abgelehnt mit der Begründung, die Durchblutungsstörungen und die nachfolgende Amputation seien keine Unfallfolge, sondern es handele sich um eine Systemerkrankung.
Der mit Schreiben des Klägers vom 04.07.1991 erneut gestellte Antrag wurde mit Bescheid der Beklagten vom 09.09.1992 und Widerspruchsbescheid vom 07.05.1993 zurückgewiesen. Am 14.6.1993 hat der Kläger dagegen das Sozialgericht Chemnitz (SG) angerufen. Dieses hat Beweis erhoben durch Bestellung des Chirurgen Dr. … zum Sachverständigen. Dieser vertritt in seinem Gutachten vom 18.07.1994 die Auffassung, die beim Kläger akut aufgetretene Durchblutungsstörung mit nachfolgender Amputation des linken Unterschenkels sei mit Wahrscheinlichkeit auf den Unfall vom 08.02.1984 zurückzuführen. Eine unfallbedingte Gefäßwandläsion im Bereich der Kniekehlenarterie stumpfe Arterienverletzung – als Ursache für die 7 Monate nach dem Unfall vom 08.02.1984 beim Kläger aufgetretene Durchblutungsstörung am linken Unterschenkel sei wahrscheinlicher als eine auf Arteriosklerose beruhende Gefäßwandschädigung. Dr. … schließt in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 03.01.1995 aufgrund der Angiografie der Beckenbeingefäße ein Aneurysma der Artheria poplitea als mögliche Ursache des beim Kläger eingetretenen akuten Gefäßverschlusses aus. Dem gegenüber vertreten Dr. … und Dr. … in ihrer Stellungnahme nach Aktenlage die Auffassung, ein Zusammenhang zwischen dem Unfallhergang, Verletzungsmuster und den beim Kläger eingetretenen akuten arteriellen Verschluß sei nicht wahrscheinlich.
Mit Urteil vom 8.6.1995 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zu Recht einen ursächlichen Zusammenhang zwischen dem Arbeitsunfall vom 08.02.1984, bei dem sich der Kläger eine Prellung am linken Knie zugezogen gehabt habe, und dem am 18.09.1984 aufgetretenen akuten arteriellen Gefäßverschluß und der dadurch am 25.09.1984 erforderlich gewordenen Amputation des linken Unterschenkels verneint. Die Annahme eines nach § 220 Abs. 1 Arbeitsgesetzbuch (AGB) geforderten ursächlichen Zusammenhanges zwischen Unfallereignis und Körperschaden erfordere eine hinreichende Wahrscheinlichkeit, das heiße, bei vernünftigem Abwägen der Umstände müßten die auf die berufliche Verursachung, den Arbeitsunfall, deutenden Faktoren so stark überwiegen, daß darauf die Entscheidung gestützt werden könne. Ein ursächlicher Zusammenhang zwischen Unfallhergang, Verletzungsmuster und akutem arteriellem Verschluß sei nicht wahrscheinlich. Die Kammer folge insoweit den überzeugend begründeten Darlegungen von Dr. … und Dr. …. Diese kämen übereinstimmend zu dem Ergebnis, die durch das Unfallereignis Sturz auf das linke Kniegelenk – verursachte Prellung könne nicht zu einer Verletzung der Kniekehlenschlagader geführt und die schließlich beim Kläger eingetretene Thrombose ausgelöst haben. In...