Entscheidungsstichwort (Thema)

Kassenärztliche Vereinigung. Bildung von Honorartöpfen. Einheitlicher Bewertungsmaßstab. Beobachtungspflicht. fehlerhafte Zuordnung von Leistungserbringern zum Honorarfonds einer Arztgruppe

 

Orientierungssatz

1. Die Bildung von Honorartöpfen verstößt nicht gegen die Bewertungsvorgaben des EBM-Ä, wenn sie nicht auf eine Korrektur der im EBM-Ä erfolgten Festlegungen gerichtet ist, sondern nur - an diese anknüpfend - aus Gründen der Honorarverteilung bestimmte Vorgaben für den sich ergebenden Auszahlungspunktwert macht (vgl BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 7/99 R = BSGE 86, 16, 26 = SozR 3-2500 § 87 Nr 23).

2. Eine Kassenärztliche Vereinigung ist verpflichtet, die Auswirkungen ihrer Honorarverteilungsregelungen auf die Vergütungsansprüche der Vertragsärzte zu beobachten sowie im Falle erheblicher Verwerfungen im Honorargefüge zu reagieren (vgl BSG vom 8.3.2000 - B 6 KA 7/99 R aaO).

3. Honorarbescheide sind rechtswidrig, wenn infolge der fehlerhaften Zuordnung von Leistungserbringern zu dem Honorarfonds einer bestimmten Arztgruppe dessen Gesamtvergütungsanteil fehlerhaft berechnet worden ist.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 17.09.2008; Aktenzeichen B 6 KA 62/07 B)

 

Tenor

I.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 11. Januar 2006 bezüglich der Quartale III und IV/1997 sowie die Bescheide vom 27. Januar 1998 in und vom 27. April 1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Juli 1998 aufgehoben und die Beklagte verpflichtet, über den Honoraranspruch des Klägers für die Quartale III und IV/1997 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden.

II.

Die Berufung des Klägers wird im Übrigen zurückgewiesen.

III.

Die Beklagte trägt 2/3 der außergerichtlichen Kosten des Klägers aus beiden Rechtszügen. Der Kläger trägt 1/3 der außergerichtlichen Kosten der Beklagten aus beiden Rechtszügen.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Vergütung pathologischer Leistungen in den Quartalen II/1997 bis IV/1997.

Der Kläger ist Facharzt für Pathologie und nahm in den streitigen Quartalen in H an der vertragsärztlichen Versorgung teil.

Der Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Beklagten sah ab dem Quartal III/1996 fachgruppenbezogene Teilbudgets vor. Die Honorarverteilung erfolgte getrennt nach Primär- und Ersatzkassen (§ 2 Satz 1 HVM vom 23.11.1996). Die Gesamtvergütung wurde nach Vornahme bestimmter Abzüge (§ 2 Abs. 1, 2 und 2c HVM vom 23.11.1996) in Facharztfonds aufgeteilt, darunter einen Fonds für "Fachärzte für Pathologie bzw. Neuropathologie" und einen Fonds für "Fachärzte für Laboratoriumsmedizin, Pharmakologie und Toxikologie, Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie, Transfusionsmedizin, Humangenetik, Biochemie, Immunologie bzw. Fachwissenschaftler der Medizin" (§ 2 Abs. 3 HVM vom 23.11.1996). Die Aufteilung der Mittel auf die Fonds erfolgte entsprechend den Durchschnittsanteilen der einzelnen Fachgruppen an der Gesamtvergütung im entsprechenden Quartal des Jahres 1995 (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HVM vom 23.11.1996); dabei war die nach dem 31.12.1995 stattfindende Veränderung der Anzahl der in der jeweiligen Facharztgruppe zugelassenen Ärzte ab einer Veränderungsrate von über 10 % zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 HVM vom 23.11.1996). Zum Quartal III/1997 wurde der Zuschnitt der Facharztfonds modifiziert: Für die Fachbiologen der Medizin und Fachärzte für Pathologie mit der besonderen Genehmigung "gynäkologische Zytologie" wurde ein eigener Fonds errichtet (§ 2 Abs. 3 HVM vom 08.11.1997). Zugleich wurde in der Übergangsregelung des § 9 HVM vom 08.11.1997 bestimmt, dass ab dem Quartal IV/1996 die Fachbiologen der Medizin mit der besonderen Genehmigung "gynäkologische Zytologie" aufgrund ihres Leistungsspektrums dem Fonds der Fachärzte für Frauenheilkunde und Geburtshilfe zugeordnet werden (so bereits § 9 Nr. 1 HVM vom 31.05.1997, der durch den HVM vom 08.11.1997 ersetzt wurde). Die Aufteilung der Mittel auf die einzelnen Fachgruppen erfolgte nunmehr nach deren Gesamtvergütungsanteil im gesamten Jahr 1995 (§ 2 Abs. 4 Satz 1 HVM vom 08.11.1997); außerdem war jede Arztzahlveränderung zu berücksichtigen (§ 2 Abs. 4 Satz 2 HVM vom 08.11.1997). Eine Stützungsregelung sah vor, dass die kurativen Punktwerte der einzelnen Fonds den durchschnittlichen kurativen Punktwert über alle Fonds - getrennt nach budgetierten und unbudgetierten Fachgruppen - ab dem Quartal III/1997 um nicht mehr als 10 % (§ 2 Abs. 5 Satz 2 und 3 HVM vom 31.05.1997) und ab dem Quartal I/1998 um nicht mehr als 20 % unterschreiten durften (§ 2 Abs. 5 Satz 2 und 3 HVM vom 08.11.1997). Zum Quartal III/1998 wurde der Honorarfonds der Zytologen neu definiert: Ihm gehörten nunmehr nur noch die Fachwissenschaftler der Medizin und Fachärzte für Pathologie an, die über 50 %, sowie sonstige Praxen, die über 90 % ihrer insgesamt im letzten abgerechneten Quartal erbrachten Leistungen als auftragsgebundene zytologische Untersuchungen auf dem Gebiet der gynäkologischen Zytolo...

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