Rz. 98
Abs. 4 ermächtigt i. V. m. § 22 Abs. 4 Satz 4 SGB III die Agenturen für Arbeit als Leistungsträger nach dem SGB II, die Ausbildungsvermittlung i. S. v. Abs. 1 Satz 1 durch Auftrag an die mit der Ausbildungsvermittlung befassten Stellen der Leistungsträger nach dem SGB III zu vergeben. Das wiederum sind die Agenturen für Arbeit selbst, die auch die Berufsberatung durchführen. Diese Ermächtigung ist zunächst im Lichte des § 44b Abs. 4 zu betrachten. Diese Regelung bietet eine Rechtsgrundlage dafür, dass die gemeinsamen Einrichtungen die Ausbildungsvermittlung durch den Träger Agentur für Arbeit (wie auch grundsätzlich durch den kommunalen Träger) wahrnehmen lassen dürfen. Die Entscheidung darüber treffen aber die Trägerversammlungen nach § 44c Abs. 2 Nr. 4. Hier kommen die beiden Träger mit Stimmengleichheit zusammen. Eine Übertragung erscheint für die Verwaltungspraxis zumindest vorübergehend sinnvoll, nachdem die Agenturen für Arbeit bei der Ausbildungsvermittlung über eine hohe Kompetenz und einen großen Erfahrungsschatz verfügen; es können Reibungsverluste durch Schnittstellen zwischen Berufsberatung für jugendliche Ausbildungsuchende und den Dienststellen zur Umsetzung des SGB II vermieden werden, soweit dies nicht noch übergangsweise im Jahr 2011 wieder die Agenturen für Arbeit in getrennter Trägerschaft ohnehin selbst waren. Die sog. getrennten Trägerschaften sind seit dem 1.1.2012 kraft Gesetzes nicht mehr zugelassen. Abs. 4 ist daher der einzige Weg, die Wahrnehmungszuständigkeit von den gemeinsamen Einrichtungen auf die Agenturen für Arbeit zu übertragen. Die abschließende rechtliche Prozessverantwortung für die Ausbildungsvermittlung und damit insbesondere die Integrationsverantwortung verbleibt auch bei Abschluss einer Verwaltungsvereinbarung zur Beauftragung der Agentur für Arbeit beim Jobcenter, denn dieses hat als Auftraggeber weiterhin die Letztverantwortung.
Rz. 99
Aus den Gesetzesmaterialien zum SGB II-Fortentwicklungsgesetz geht hervor, dass die Übertragung durch öffentlich-rechtlichen Auftrag vorgenommen werden soll und darauf die Vorschriften der §§ 88 bis 92 SGB X anzuwenden sind. Die Agenturen für Arbeit werden dadurch als Auftragnehmer tätig. Allgemein wird davon ausgegangen, dass ein Kontrahierungszwang besteht, also die Agentur für Arbeit wegen § 22 Abs. 4 SGB III die Übertragung nur aus wichtigem Grund ablehnen darf. Umgekehrt steht deshalb auch nur dem Auftraggeber ein Kündigungsrecht zu, nicht aber der beauftragten Agentur für Arbeit. Seit dem 1.1.2011 ist § 44b Abs. 4 die relevante Rechtsgrundlage. Abs. 4 schränkt die Befugnis nicht auf Fälle ein, in denen kommunale Träger nach § 6a die Ausbildungsvermittlung als Pflichtaufgabe wahrzunehmen haben. Daher können auch die Jobcenter der zugelassenen kommunalen Träger von der Übertragung Gebrauch machen. Entgegen dem Wortlaut des Gesetzes kann die Agentur für Arbeit eine Aufgabenübertragung in diesen Fällen nicht einseitig vornehmen, ihre Kompetenz ist insoweit nach § 6a Abs. 1 Satz 1 auf die zugelassenen kommunalen Träger bzw. nach § 44b Abs. 1 Satz 2 auf die gemeinsamen Einrichtungen übergegangen. Insoweit wird es entsprechender Beschlüsse der zugelassenen Kommune bzw. zwingend der Trägerversammlung nach § 44c Abs. 2 Nr. 4 bedürfen. Varianten der Rückübertragung sind alle jugendlichen erwerbsfähigen Leistungsberechtigten oder auch nur Schüler bzw. schulpflichtige Jugendliche (Jugendliche mit Schüler- oder Studentenstatus), arbeitsuchende oder arbeitslose Jugendliche ohne Schüler-/Studentenstatus, zum Ende des Ausbildungsvermittlungsjahres am 30. September noch nicht vermittelte Ausbildungsuchende oder auch Jugendliche mit Altbewerberstatus als erfolglose Ausbildungsuchende mit Schulabgang aus einem früheren als dem aktuellen Schuljahr.
Rz. 99a
Mit dem Übergang der Ausbildungsvermittlung sind auch die Eingliederungsvereinbarungen und Rechtsfolgenbelehrungen entsprechend umzugestalten gewesen, damit diese ihren individuellen, sachverhaltsbezogenen Charakter behalten konnten. Die Agenturen für Arbeit dürfen die Rechtsfolgenbelehrungen für die Jobcenter im Auftrag vornehmen. Diese sind Bestandteil der Dienstleistung. Rechtliche Gründe stehen dem nicht entgegen. Die Agentur für Arbeit hat auch die Anforderungen des BSG an die Rechtsfolgenbelehrungen zu erfüllen (konkret, verständlich, richtig, vollständig und zeitnah). Die Anforderungen können nur durch eine Individualisierung der Rechtsfolgenbelehrung erfüllt werden. Mit der Ausbildungsvermittlung geht daher auf die Agenturen für Arbeit auch die Aufgabe über, erwerbsfähige Leistungsberechtigte bei Vermittlungsvorschlägen und Einladungen zu einem Termin bei der Berufsberatung korrekt über die Rechtsfolgen nach dem SGB II zu informieren und eine rechtmäßige, gerichtsfeste Rechtsfolgenbelehrung zu erteilen.
Rz. 99b
Die Musterverwaltungsvereinbarung sieht jedenfalls auch erforderliche Aktivitäten im Rahmen der Nachvermittlung des Nationalen Pakts für Ausbildung und Fachkräftenachwuchs i...