Rz. 108
Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind aus dem arbeitsmarktpolitischen Instrumentarium des SGB II durch das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente ab 1.1.2009 gestrichen worden. Sie waren in besonderer Weise dazu geeignet, aus Sicht der Arbeitsuchenden eine reguläre Beschäftigung aufzunehmen und Arbeitsentgelt zu verdienen. Unter Arbeitslosen und Arbeitsuchenden sind Plätze in einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme stets sehr begehrt gewesen und nachgefragt worden. Das galt insbesondere in Regionen, in denen die Unterbeschäftigung besonders stark ausgeprägt ist, weil Arbeitsplätze in einem akzeptablen Umfang nicht zur Verfügung stehen (z. B. in den neuen Bundesländern). Der Nachteil von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen bestand insbesondere in einer sehr niedrigen Integrationsquote. Das bedeutete, dass nur sehr wenige geförderte Arbeitnehmer anschließend nachhaltig in ungeförderte oder nach dem früheren Fünften Kapitel mit Leistungen an Arbeitgeber geförderte Beschäftigungen integriert werden konnten. In der Praxis hatten sich Ketten etabliert, bei denen sich der Bezug von Alg nach dem SGB III und die Teilnahme an einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (und ggf. Strukturanpassungsmaßnahme, die mittlerweile nicht mehr als arbeitsmarktpolitisches Instrument vorgesehen ist) abgewechselt haben. Der Gesetzgeber hatte die Versicherungspflicht von Beschäftigungen in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen aufgehoben (vgl. § 27 Abs. 3 Nr. 5 SGB III a. F.), seit 2004 konnte die Anwartschaftszeit für das Alg nach dem SGB III mit Beschäftigungszeiten in Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen nicht mehr erfüllt werden. Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen wurden danach eher im Sinne von Arbeitsgelegenheiten genutzt, um Arbeitsuchenden, die auf dem Arbeitsmarkt chancenlos sind, eine Beschäftigungsmöglichkeit zu eröffnen. Das bedeutete zugleich, dass keine Integrationsziele mehr mit diesen Maßnahmen verbunden werden. Insoweit sind die gesetzgeberischen Überlegungen zur Streichung des Instrumentes konsequent und nachvollziehbar. Seit dem 1.4.2012 sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen kein arbeitsmarktpolitisches Instrument nach dem SGB III mehr.
Eine soziale Teilhabemöglichkeit ergibt sich beim Modell "Sozialunternehmen" mit einer systematisch aufeinander abgestimmten Abfolge von Regelinstrumenten, um längerfristige und anschlussfähige Perspektiven für eine Integration in den Ersten Arbeitsmarkt zu schaffen. Hierbei ist eine spezialisierte Betreuung durch die Jobcenter erforderlich. Seit dem 1.1.2019 füllen §§ 16e, 16i über Lohnkostenzuschüsse für Langzeitarbeitslose bzw. zur Teilhabe am Arbeitsleben den neuen sozialen Arbeitsmarkt in Deutschland aus. Die Beschäftigungen sind arbeitslosenversicherungsfrei, woraus sich auch ergibt, dass die betroffenen Arbeitnehmer im Krisenfall keinen Zugang zum Kurzarbeitergeld haben und deshalb mit einer baldigen Kündigung rechnen müssen. Dadurch lösen sich Eingliederungserfolge wieder auf. Dann ist im Regelfall auch die Anwartschaftszeit für das Alg als Versicherungsleistung nicht erfüllt und die Beschäftigten fallen in die Grundsicherung für Arbeitsuchende zurück. Insbesondere in Bezug auf die Teilhabe ist zu erwarten, dass der Zugang zu Beschäftigungsmöglichkeiten erleichtert wird, z. B. durch geringere Anforderungen an die Dauer der Arbeitslosigkeit oder des Bezuges von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Dies ist für die 20. Legislaturperiode zu erwarten.
Rz. 108a
Das arbeitsmarktpolitische Instrumentarium nach dem SGB II und durch Verweisung in § 16 nach dem SGB III wird durch weit über 100 Arbeitsmarktprogramme der Bundesländer ergänzt, von denen sich rd. ein Fünftel ausschließlich an erwerbsfähige Leistungsberechtigte der Grundsicherung für Arbeitsuchende wendet. Die Programme sind insbesondere auf spezielle Zielgruppen ausgerichtet: Jugendliche unter 25 Jahren, ältere oder alleinerziehende Arbeitslose, Langzeitarbeitslose. In mehr als der Hälfte der Bundesländer werden Existenzgründungsprogramme gefördert, in einigen Bundesländern Kombilohnmodelle. Zusätzlich sind sozial-integrative Begleitprogramme ins Leben gerufen worden.
Rz. 109
Die Bundesregierung verfolgt das Ziel, bei gleichzeitiger Sicherstellung des Kräftebedarfs der landwirtschaftlichen Betriebe die Zulassungen ausländischer Saisonkräfte zu reduzieren, um den Anteil inländischer Arbeitskräfte zu erhöhen. Vermittlungsvorschläge an erwerbsfähige Leistungsberechtigte setzen Eignung, Leistungsfähigkeit und Neigung voraus (§ 16 Abs. 1 Satz 1 SGB II i. V. m. § 35 SGB III). Erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die Saisonarbeit gleichwohl nicht wahrnehmen, sollen mit den Rechtsfolgen nach § 31 konfrontiert werden; erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die für ein Angebot nicht in Betracht kommen, sollen verstärkt in Aktivierungsmaßnahmen eingewiesen werden. Dieser Haltung liegt ein entsprechendes Eckpunktepapier der Bundesregierung für die Zulassung von Saisonbeschäftigten aus Mittel- und Osteuropa zugrunde. Trotz aller Bemühungen der Arb...