Rz. 16
Abs. 2 Satz 1 knüpft das Einstiegsgeld an eine Erwerbstätigkeit. Dafür genügt es, wenn ein entlohntes, arbeitslosenversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis besteht oder die aufgenommene selbständige Tätigkeit tatsächlich ausgeübt wird. Ob die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung tatsächlich ausgeübt wird, ist insoweit unerheblich. Insbesondere hindern Krankheitszeiten eines Arbeitnehmers jedenfalls während der Zeit einer Lohnfortzahlung nicht die Weiterzahlung des Einstiegsgelds. Solange das Beschäftigungsverhältnis besteht, ist das Ziel der Aufrechterhaltung des Beschäftigungsverhältnisses vorrangig.
Rz. 17
Eine Mindestdauer ist für das Einstiegsgeld im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens aufgegeben worden. Die Höchstdauer beträgt 24 Monate. Kurze Dauern für das Einstiegsgeld sind insbesondere bei wiederholter Förderung denkbar. In einer Gesamtschau ist eine Prognose dazu zu stellen, innerhalb welchen Zeitraumes es dem Leistungsberechtigten gelingen könnte, seine berufliche Position zu festigen und ggf. auszubauen. Dabei muss nicht nur darauf abgestellt werden, ob auch schon ein unabhängig von tariflichen Änderungen höheres Erwerbseinkommen erzielt werden kann. Das wird am ehesten noch bei selbständigen Tätigkeiten erwartet werden können (Zunahme von Aufträgen). Die Prognose muss nicht abschließend gestellt werden. Es ist durchaus möglich und unter Praktikabilitätsgesichtspunkten auch zweckmäßig, das Einstiegsgeld zunächst für einen befristeten Anfangszeitraum zu bewilligen (z. B. für 6 Monate), um vor Ablauf dieses Zeitraums zu überprüfen, ob und ggf. für welchen weiteren Zeitraum die Zahlung des Zuschusses, ggf. sogar in veränderter Höhe, noch erforderlich ist. Dass hinsichtlich des Einstiegsgeldes allgemein regelmäßig eine 6-monatige Förderdauer als ausreichend angesehen wird, erlaubt es dem Jobcenter nicht, von einer Feststellung und Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles abzusehen.
Rz. 17a
Das Jobcenter hat die Tatbestandsvoraussetzungen für die Gewährung des Einstiegsgeldes zum Zeitpunkt der erstmaligen Bewilligung zu prüfen, demnach bezieht sich auch die Prognoseentscheidung des Jobcenters auf diesen Zeitpunkt. Hat das Jobcenter zu diesem Zeitpunkt unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens rechtmäßig das Vorliegen aller Voraussetzungen bejaht, prognostisch die Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit anerkannt und Einstiegsgeld für vorerst 6 Monate bewilligt, so hat es auch über einen Verlängerungsantrag unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens zu entscheiden. Liegt bei der Entscheidung über den Verlängerungsantrag Ermessensnichtgebrauch vor, so ist die Ablehnung der Weitergewährung des Einstiegsgeldes wegen Verletzung des § 39 SGB I rechtswidrig (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 31.1.2018, L 32 AS 1345/16). Ergibt sich aus den von der geförderten Person erzielten Einkünften, dass diese auch durch die Aufnahme einer inhaltlich veränderten Tätigkeit nicht in der Lage ist, die Hilfebedürftigkeit zu reduzieren, etwa bei Tätigkeiten im Mindestlohnbereich, so ist die Bewilligung von Einstiegsgeld für einen weiteren als den bereits geförderten Zeitraum zu versagen. Es liegt im Risikobereich des Antragstellers, wenn sich die Verhältnisse so entwickeln, dass sich die ursprüngliche Prognose verschlechtert (SG Hamburg, Urteil v. 11.2.2015, L 4 AS 116/14).
Rz. 18
Abs. 2 Satz 2 legt Kriterien für die Bemessung fest. Der Ansprechpartner bzw. Fallmanager soll die vorherige Dauer der Arbeitslosigkeit und die Größe der maßgeblichen Bedarfsgemeinschaft berücksichtigen. Damit wendet sich der Gesetzgeber an die Fachkräfte der Praxis und deutet an, dass er keine Vorgaben zur konkreten Einzelfallbemessung, etwa in einem Stufenkonzept, machen will. Mit zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit wird von der Dauer der Hilfebedürftigkeit unterschieden. Die Zeitspanne der Hilfebedürftigkeit spiegelt die Lebensverhältnisse wider, die sich auf der Höhe oder in der Nähe des Existenzminimums bewegen. Je länger dieser Zustand angedauert hat, umso größer sollte die Motivation zur Erwerbstätigkeit auch bei einem geringen Einstiegsgeld sein. Allerdings ist seit dem 1.8.2016 zu beachten, dass Arbeitslosigkeit kein Tatbestandsmerkmal mehr für das Einstiegsgeld ist. Der Gesetzgeber wollte damit bewusst den förderungsfähigen Personenkreis erweitern. Bei der Dauer einer vorherigen Arbeitslosigkeit stehen wirtschaftliche Aspekte jedoch nicht im Mittelpunkt der Betrachtung. Vielmehr ist beachtlich, in welchem Umfang der Leistungsberechtigte den Anschluss an die aktuell zur Ausübung des angestrebten Berufes erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten, insbesondere durch die technische Entwicklung, verloren hat. Diese Hemmnisse erfordern berufliche Tätigkeiten bei Arbeitsaufnahme, die wahrscheinlich unterhalb des vom Leistungsberechtigten erwarteten Qualifikationsniveaus liegen und Einfluss auf die Entlohnung, aber auch die Motivation zur Ausübung jedenfalls einer abhängigen Beschäftigung haben. Diese negativen Beg...