Rz. 7
Abs. 1 Satz 1 bestimmt eine Ersatzpflicht kraft Gesetzes in Form eines öffentlich-rechtlichen Ersatzanspruchs, die allerdings mit Bescheid geltend gemacht werden muss. Zu ersetzen sind rechtswidrig erbrachte Geld- und Sachleistungen. Die Ersatzpflicht betrifft minderjährige wie volljährige Personen. Ersatzpflichtig ist, wer durch eine vorsätzliche oder grob fahrlässige Handlung, also schuldhaft, dafür gesorgt hat, dass an eine dritte Person rechtswidrig Leistungen erbracht worden sind. Auf ein Zusammenleben des Verursachers mit dem Leistungsempfänger in einer Bedarfsgemeinschaft kommt es nicht an. Die Vorschrift schafft nicht nur die Voraussetzungen dafür, den Verursacher für rechtswidrige Zahlungen neben dem Begünstigten in Anspruch zu nehmen, sondern insbesondere eine Rückgriffsmöglichkeit für den Fall, in dem der maßgebende Verwaltungsakt gegenüber dem Begünstigten nicht aufgehoben werden darf, weil die dafür maßgebenden Voraussetzungen nicht vorliegen.
Rz. 8
Eine Ersatzpflicht kommt nur in Betracht, soweit aufgrund der Handlungen die Voraussetzungen dafür tatsächlich geschaffen worden sind, dass Leistungen rechtswidrig erbracht wurden. Es bedarf eines kausalen Zusammenhangs zwischen der Handlung und der rechtswidrigen Zahlung. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn nicht bestehende Hilfebedürftigkeit im Verwaltungsverfahren behauptet wird, so dass Ansprüche auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes gegeben erscheinen und aufgrund des Rechtsanspruchs oder im Ermessenswege erbracht worden sind. Dasselbe trifft auf rechtswidrige Leistungen in größerem Umfang oder von längerer Dauer zu (mögliche Ersatzpflicht aufgrund höherer oder weiterer rechtswidriger Leistungen). Liegen mehrere Ursachen vor, ist Kausalität zu bejahen, wenn das sozialwidrige Verhalten wesentliche Ursache i. S. einer überwiegenden Ursache war.
Rz. 9
Die Ersatzpflicht betrifft nur rechtswidrig geleistete Zahlungen. Rechtswidrig werden Zahlungen dann geleistet, wenn sie auf einem rechtswidrigen Bescheid beruhen. Typischerweise liegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Zahlung der Leistung nicht vor. Die Erstattung rechtswidriger Zahlungen richtet sich nach den §§ 45 ff. SGB X i. V. m. § 40 gegen den Leistungsempfänger. Es kommt nicht darauf an, ob Rechtswidrigkeit von Anfang an vorgelegen hat oder erst später eingetreten ist. Insoweit können ursprünglich falsche mangelnde Angaben wie auch das Verschweigen wesentlicher Änderungen ursächlich für die Rechtswidrigkeit der Leistungszahlungen sein. § 34 betrifft hingegen rechtmäßige Zahlungen an den Verursacher selbst oder eine mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebende Person.
Rz. 10
Das schuldhafte Verhalten des Ersatzpflichtigen ist kausal für die Ersatzpflicht. In Fällen des Abs. 1 ist typischerweise Einkommen oder Vermögen verschwiegen worden und dadurch die Zahlung von Leistungen zum Lebensunterhalt herbeigeführt worden, soweit das Einkommen bzw. Vermögen dem ansonsten entgegengestanden hätte. Folglich sind die Leistungszahlungen rechtswidrig gewesen. Unter § 34a fallen auch Sachverhalte, bei denen ein Dritter durch Verschweigen oder sonst falsche Angaben über das Einkommen und Vermögen rechtswidrige Zahlungen herbeiführt, wenn auch nicht an sich selbst (Eltern minderjähriger, nicht verheirateter Hilfebedürftiger). In diesen Fällen kann der Leistungsträger einen eigenständigen Ersatzanspruch auch gegen Dritte richten, denen selbst Leistungen nicht erbracht wurden. Nur im Rahmen des § 34, nicht aber in Fällen des § 34a scheidet eine Inanspruchnahme Dritter aus. Auf eine Aufhebung des rechtswidrigen Bescheides kommt es nicht an.
Rz. 11
Die zur rechtswidrigen Leistungszahlung führenden Handlungen müssen vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig ausgeführt worden sein, um eine Ersatzpflicht zu begründen. Unter Vorsatz fällt auch bedingt vorsätzliches Handeln. Vorsatz ist gegeben, wenn die Handlung wissentlich und willentlich durchgeführt wird, die eine rechtswidrige Leistungsgewährung begründet. Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn die rechtswidrige Leistung einer Zahlung als Folge des Handelns erkannt und billigend in Kauf genommen wird. Grobe Fahrlässigkeit ist gegeben, wenn der Handelnde die erforderliche Sorgfalt den gesamten Umständen nach in ungewöhnlich hohem Maße verletzt hat. Das ist der Fall, wenn er einfachste, der Entwicklung nach ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt hat und nicht beachtet hat, was im gegebenen Fall jedem einleuchten müsste, und dadurch die rechtswidrige Leistungsgewährung herbeigeführt wurde. In diesen Fällen war vorhersehbar, dass aus dem Verhalten des Ersatzpflichtigen die rechtswidrige Leistungsgewährung resultieren würde.
Rz. 12
Abs. 1 Satz 1 enthält das Tatbestandsmerkmal der Erbringung von Leistungen und betrifft alle Leistungen nach dem SGB II. Erfasst werden insbesondere auch Leistungen zur Eingliederung in Arbeit unmittelbar nach dem SGB II oder durch Verweisung in § 16 nach dem SGB III. Meist werden Leistungen durch Zahlung...