Rz. 53
Einkommen ist erzielt und steht als bereites Mittel zur Deckung des Lebensunterhaltes zur Verfügung, wenn der Leistungsberechtigte einen Scheck entgegennimmt. Auf die Einlösung des Schecks kommt es hingegen nicht an (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 30.1.2013, L 12 AS 1571/11). Im entschiedenen Verfahren hatte die betroffene Leistungsberechtigte einen Scheck nicht eingelöst, sondern ihrem Vater zur Schuldentilgung übergeben.
Rz. 54
Zuflüsse auf ein mit einem Dispositionskredit belasteten Konto sind Einnahmen, die als Einkommen zu berücksichtigen sind, auch wenn die Einnahme mit einer bestehenden Schuld verrechnet wird. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Dispositionskredit verbleibt, der Überziehungskredit also erneut in Anspruch genommen werden kann (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 23.1.2014, L 7 AS 2169/12). Ebenso zu entscheiden ist der Fall, bei dem Einkommen auf einem Girokonto eingeht, das im Soll steht. Dieser Umstand ändert an dem Zufluss des Einkommens nichts, die Schuldentilgung ist eine Form der Mittelverwendung (BSG, Urteil v. 29.4.2015, B 14 AS 10/14 R; LSG Hamburg, Urteil v. 27.5.2021, L 4 AS 166/18). Zahlungen auf Verbindlichkeiten dürfen nicht vom Einkommen abgesetzt werden, es sei denn, es handelt sich um Aufwendungen zur Erfüllung von titulierten Unterhaltspflichten (§ 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 7).
Rz. 55
Einkommen ist im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende auch dann zur Behebung einer gegenwärtigen Notlage zu verwenden, wenn dadurch anderweitig bestehende Verpflichtungen nicht erfüllt werden können (BSG, Urteil v. 29.11.2012, B 14 AS 33/12 R).
Rz. 56
Ist Einkommen zu berücksichtigen, wird bei der Bewilligung von Leistungen zum Lebensunterhalt der Anrechnungsbetrag festgesetzt. Einkommensänderungen stellen eine nachfolgende tatsächliche Änderung in den Verhältnissen dar. Ist die Änderung wesentlich, ist sie mit Wirkung für die Zukunft zu berücksichtigen und soll für die Vergangenheit u. a. berücksichtigt werden, wenn erzieltes Einkommen zur Minderung des Anspruches geführt haben würde (§ 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 SGB X i. V. m. § 40 Abs. 1). Eine Änderung ist dann wesentlich, wenn der bewilligende Verwaltungsakt unter den neuen Verhältnissen nicht mehr erlassen werden dürfte (BSG, Urteil v. 19.2.1986, 7 RAr 55/84). Dies ist nach materiellem Recht zu beurteilen. Wesentlich sind Einkommensänderungen dann, wenn sie für die Anspruchsvoraussetzungen des Bürgergeld rechtserheblich sind. Auch höherer Verdienst aus dem Jahr 2005, der im Juli 2007 nachgezahlt wird, ist im Juli 2007 zu berücksichtigen (wesentliche Änderung in den Verhältnissen, vgl. BSG, Urteil v. 16.5.2012, B 4 AS 154/11 R). Eine Differenzierung zwischen laufendem Entgelt und Nachzahlungsanteil fand nicht statt.
Rz. 57
Seit dem 1.8.2016 waren Nachzahlungen nach Abs. 3 Satz 2 a. F. als einmalige Einnahmen zu berücksichtigen. Das gilt nach dem 12. SGB II-ÄndG mit Wirkung zum 1.7.2023 nach Maßgabe des Abs. 3 in neuer Fassung weiterhin. Nachzahlungen werden nicht für den Monat des Zuflusses erbracht und sind im Monat des Zuflusses zu berücksichtigen, es sei denn, der Leistungsanspruch entfiele dadurch vollständig. Dann ist wie zuvor ein Zeitraum von 6 Monaten mit Teilberücksichtigungen maßgebend.
Rz. 58
Bei einer Verpflichtung zur Rückzahlung einer laufenden Einnahme nach dem Monat des Zuflusses, etwa durch Aufhebung der Bewilligungsentscheidung, bleibt es bei der Berücksichtigung des Einkommens im Zuflussmonat (BSG, Urteil v. 23.8.2011, B 14 AS 165/10). Die Verpflichtungen sind bei der Feststellung von Hilfebedürftigkeit unbeachtlich. Das gilt auch, wenn eine Rentennachzahlung auf ein Konto überwiesen wird, das im Soll steht (BSG, Urteil v. 30.7.2008, B 14 AS 26/07 R, und LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 25.2.2011, L 13 AS 628/11).