Rz. 61
Eine versehentliche Überzahlung von Arbeitsentgelt ist jedenfalls dann als Einkommen zu berücksichtigen, wenn der Leistungsberechtigte das überhöhte Arbeitsentgelt nicht unverzüglich an den Arbeitgeber zurückgewährt (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 17.4.2013, L 15 AS 115/11).
Rz. 62
Zum Einkommen gehören auch Eigenleistungen zu vermögenswirksamen Leistungen (BSG, Urteil v. 27.2.2008, B 14/7b AS 32/06 R). Es ist grundsätzlich nicht Sinn und Zweck des SGB II, zum Vermögensaufbau beizutragen (sofern dieses nicht ausdrücklich der Altersvorsorge dient, dann sind z. B. auch Schlussüberschussbeteiligungen auf Altersvorsorgevermögen aus einer Lebensversicherung nicht als Einkommen zu berücksichtigen). Ausnahmen sind aber möglich und von der Rechtsprechung bestätigt worden.
Rz. 63
Auch Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit sind als Entgeltbestandteile zu berücksichtigen (BSG, Urteil v. 1.6.2010, B 4 AS 89/09).
Rz. 64
Bei Trinkgeldern handelt es sich um Arbeitslohn, weil sie einen Vorteil aus der Beschäftigung darstellen, sie werden als Gegenleistung für eine im Rahmen der Beschäftigung erbrachte oder noch zu erbringende Leistung gezahlt. Sie stellen sich für den Empfänger als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber dar (SG Landshut, Urteil v. 27.9.2017, S 11 AS 261/16). Das SG Karlsruhe ist anderer Auffassung (vgl. Komm. zu § 11a Rz. 50 f.). Das BSG hat über einen Einzelfall am 13.7.2022 entschieden (B 7/14 AS 75/20 R). Danach ist das Trinkgeld eine Zuwendung, die Dritte erbringen, ohne dass hierfür eine rechtliche oder sittliche Verpflichtung besteht, und dann kein Erwerbseinkommen. Hieraus folgt für das BSG, dass es erst dann als Einkommen bei der Berechnung der Leistung nach dem SGB II zu berücksichtigen ist, wenn es die Lage der Leistungsberechtigten so günstig beeinflusst, dass daneben Leistungen nach dem SGB II nicht gerechtfertigt wären. Das soll bei einem monatlichen Trinkgeld bis zu 10 % des Regelbedarfs nicht der Fall sein.
Rz. 65
Zum Einkommen gehören auch dann grundsätzlich alle Einnahmen in Geld oder in Geldeswert aus Erwerbstätigkeit oder einem Freiwilligendienst, wenn es sich dabei um Erstattungen des Arbeitgebers von Aufwendungen handelt, die der Leistungsberechtigte ausgelegt hat. Diese sind in einem zweiten Schritt jedoch wieder vom Einkommen abzusetzen (vgl. BT-Drs. 18/729).
Rz. 66
Ein anderes Ergebnis könnte sich aus § 11b Abs. 2 Satz 1 und 2 ergeben, wenn das Einkommen von 100,01 EUR bis zu 400,00 EUR monatlich beträgt.
Rz. 67
Dasselbe gilt für ein vom Arbeitgeber als km-Pauschale gezahltes Wegegeld für die Nutzung des eigenen Fahrzeugs bei der Ausübung der Beschäftigung als Zusteller (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.9.2017, L 5 AS 8/16). Das LSG sieht darin keinen Aufwendungsersatz nach § 670 BGB, der als "durchlaufender Posten" nicht zu einem wertmäßigen Zuwachs führt. Die Nutzungsüberlassung eines Kfz an einen Arbeitnehmer soll jedoch keine Einnahme des Arbeitnehmers in Geldeswert darstellen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.2.2016, L 9 AS 2108/13).
Rz. 68
Aufwandspauschalen für einen individuell festgestellten Bedarf ohne nachvollziehbare Einzelbelege sind keine Entschädigungen, sondern Arbeitsentgelt (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 14.11.2016, L 19 AS 885/16).
Rz. 69
Eine Pauschale für Fahrkosten zur Entsorgung von Gartenabfällen, die neben dem Arbeitsentgelt gezahlt wird, führt für den Leistungsberechtigten zu einem verfügbaren wertmäßigen Zuwachs an Geld, der als Einkommen zu berücksichtigen ist. Legt der Leistungsberechtigte keine Belege über abzusetzende tatsächliche Aufwendungen vor, sollen diese mit 0,10 EUR je Kilometer geschätzt werden dürfen (LSG Sachsen-Anhalt, Urteil v. 13.9.2017, L 5 AS 8/16).
Rz. 70
Steuerfreie und steuerpflichtige Spesen sind grundsätzlich als Einkommen zu berücksichtigen, weil sie keine zweckbestimmten Einnahmen darstellen. Sie sind jedoch nach § 11b um tatsächliche notwendige Aufwendungen zu vermindern, die mit der Erzielung des Einkommens verbunden sind. Dabei sind allerdings § 6 BRKG und § 4 Abs. 5 EStG zu beachten. Die danach maßgebenden Werte bilden die Obergrenze für absetzbare Verpflegungsaufwendungen. Notwendige Aufwendungen anderer Art, insbesondere Übernachtungskosten, aber auch andere Reisenebenkosten, können schon nach § 11b Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 vom Einkommen abgesetzt werden. Die absolute Obergrenze in § 6 Abs. 3 Bürgergeld–V ist mangels Öffnungsklausel unzulässig (BSG, Urteil v. 11.12.2012, B 4 AS 27/12 R). Aufwendungsersatz i. S. v. § 670 BGB ist kein Einkommen nach § 11 (SG Schwerin, Urteil v. 10.3.2015, S 15 AS 1947/13).
Rz. 71
Eine Fahrkostenpauschale des Arbeitgebers zur Erledigung von Fahrten in seinem Auftrag ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen (SG Dortmund, Urteil v. 4.4.2016, S 31 AS 2064/14).
Pauschaliertes Fahrgeld, das der Arbeitgeber zur Deckung der tatsächlichen Benzinkosten zahlt, ist nicht als Einkommen zu berücksichtigen (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 14.7.2016, L 34 AS 1901/13).
Rz. 72
Sachleistungen...