Rz. 81
Selbständig tätige Antragsteller haben Angaben zum voraussichtlichen Einkommen im Bewilligungszeitraum zu machen und damit ihren Mitwirkungsobliegenheiten zu genügen (BSG, Urteil v. 28.3.2013, B 4 AS 42/12 R). Andererseits sind die Jobcenter gehalten, schon während des Bewilligungszeitraumes die vorläufige Bewilligung abzuändern (vgl. aber § 41a Abs. 3).
Rz. 81a
Auch nach der Einführung von § 41a bleibt für die grundsätzliche Bestimmung des Einkommens Selbständiger § 3 Abs. 4 Bürgergeld-V anwendbar und maßgeblich. § 41a Abs. 2 wird von § 3 Abs. 4 Bürgergeld-V in einem Bereich flankiert, in dem dieser selbst keine eigene Regelung trifft. Die Gewinnermittlung für Selbständige ist weiterhin ausschließlich in § 3 Bürgergeld-V geregelt (SG Berlin, Urteil v. 20.1.2021, S 123 AS 13858/17). Mit Gesamteinkommen im Bewilligungszeitraum sind die nach den Regelungen der §§ 11, 11a i. V. m. der Bürgergeld-V im Bewilligungszeitraum grundsätzlich zu berücksichtigenden Einnahmen gemeint (SG Braunschweig, Urteil v. 18.1.2021, S 52 AS 1405/19).
Rz. 82
Einnahmen aus mehreren selbständigen Tätigkeiten sind einheitlich zu berechnen, auch wenn es sich um verschiedene Tätigkeiten handelt (SG Duisburg, Urteil v. 28.4.2014, S 49 AS 617/10). Das SG sieht hierbei einen horizontalen Verlustausgleich als zulässig an.
Rz. 83
Die Gewinne eines Alleingesellschafters und Alleingeschäftsführers einer Ein-Mann-GmbH sind diesem auch ohne Gewinnausschüttung als Einkünfte aus dem Gewerbebetrieb zuzurechnen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 23.2.2016, L 9 AS 2108/13).
Rz. 83a
Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit sind vorrangig vor einer Verrechnung mit dem Kontokorrent zur Deckung des Lebensunterhaltes einzusetzen (LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 6.9.2018, L 31 AS 1548/18 B ER). Das gilt auch, wenn eine Verrechnung bereits erfolgt ist, der Kreditrahmen aber noch nicht ausgeschöpft wurde.
Rz. 84
Die an einen Handelsvertreter ausgezahlten Provisionsvorschüsse, die in der Folgezeit mit den jeweils erzielten Provisionsansprüchen verrechnet werden sollen, sind nicht als Darlehen anzusehen, wenn anders als bei einem Darlehensvertrag keine unbedingte Rückzahlungsverpflichtung, sondern eine Verrechnungsvereinbarung besteht. Die Provisionsvorschüsse stellen daher berücksichtigungsfähiges Einkommen aus selbständiger Tätigkeit dar (LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil v. 19.2.2018, L 11/9 AS 52/13).
Rz. 85
Einkommen einer Gesellschaft, in der der Leistungsberechtigte unabhängig vom Willen anderer über Entnahmen entscheiden kann, weil er dazu z. B. als alleiniger Gesellschafter-Geschäftsführer gesellschaftsrechtlich befugt ist, rechnet das Bayerische LSG dem Leistungsberechtigten zu (Urteil v. 21.3.2012, L 16 AS 789/10).
Rz. 86
Leistungen für Pflege und Erziehung sind auch für ein erstes Pflegekind berücksichtigungsfähiges Einkommen, wenn die Pflege erwerbsähnlichen Charakter hat (SG Leipzig, Urteil v. 24.2.2015, S 23 AS 1676/14).
Rz. 86a
Auch im Rahmen vorläufiger Bewilligungen hat sich die Berechnung des monatlichen Einkommens an § 3 Bürgergeld-V zu orientieren (Bay. LSG, Urteil v. 16.7.2019, L 11 AS 52/19).
Rz. 86b
Pflichtbeiträge zur Rechtsanwaltsklammer sind als Betriebsausgabe in dem Bewilligungsabschnitt zu berücksichtigen, in dem sie fällig werden (Bay. LSG, Urteil v. 16.7.2019, L 11 AS 52/19).
Rz. 86c
An Selbständige wurden aufgrund der Corona-Pandemie Unterstützungsleistungen gewährt, die als Liquiditätshilfen (z. B. Corona-Soforthilfe des Bundes), Novemberhilfen 2020, Dezemberhilfen 2020 und Neustarthilfen bezeichnet wurden. Sie gelten als Wirtschaftshilfen, werden hier hilfsweise den Einnahmen aus selbständiger Tätigkeit zugeordnet. Die Hilfen sind nicht als Einkommen nach dem SGB II zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 1 Nr. 10, 13 und 14 Bürgergeld-V), soweit Liquiditätshilfen (§ 11a Abs. 3) nicht den Betriebseinnahmen zuzurechnen sind und sich dadurch ein entsprechender Gewinn errechnet.
Corona-Beihilfen sollen nach der Rechtsprechung des LSG Sachsen keine Betriebseinnahmen sein (Beschluss v. 26.1.2021, L 8 AS 748/20, so auch LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 15.9.2021, L 18 AS 884/21). Betriebseinnahmen sind demnach gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 Bürgergeld-V alle aus selbständiger Arbeit, Gewerbebetrieb oder Land- und Forstwirtschaft erzielten Einnahmen, die im Bewilligungszeitraum tatsächlich zufließen. Es bedarf eines Bezugs zur selbständigen Tätigkeit, was bedeutet, dass nur solche Einnahmen als Betriebseinnahmen zu berücksichtigen sind, die einen objektiven Anknüpfungspunkt zu der selbständigen Tätigkeit selbst haben und aus ihr heraus entspringen bzw. aus der konkret ausgeübten Tätigkeit herrühren. Die Corona-Beihilfe stammt nicht unmittelbar aus der selbständigen Tätigkeit, sondern wurde aufgrund öffentlich rechtlicher Vorschriften gewährt.
Sie wird zur Überwindung der existenzbedrohenden Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie bewilligt. Damit bezweckt sie demnach die Sicherung der wirtschaftlichen Exist...