Rz. 32
Abs. 3 Satz 1 schützt zweckgebundene Einnahmen, die einen anderen Zweck als die Leistungen zum Lebensunterhalt bzw. die Eingliederungsleistungen nach dem SGB II verfolgen. Die Vorschrift stellt die Zweckerreichung sicher. Auf die Herkunft der Einnahmen kommt es grundsätzlich nicht an. An einer Zweckbestimmung fehlt es, wenn der Bezieher von Einkommen weder rechtlich noch tatsächlich daran gehindert ist, es zur Deckung von Bedarfen nach dem SGB II einzusetzen (SG Karlsruhe, Urteil v. 6.8.2014, S 15 AS 77/14). Diese Auffassung ist nicht unumstritten, weil das Gesetz lediglich eine ausdrücklich anderweitige Zweckbestimmung fordert, nicht aber, dass nur eine anderweitige Nutzung der Leistung vorgeschrieben oder nur möglich ist. Eine allgemeine Zweckrichtung reicht für eine Einordnung in Abs. 3 nicht aus. Wird auf den Gesamtzusammenhang abgestellt, muss sich gleichwohl eine eindeutige Zweckbestimmung aus den verfügbaren Materialien ableiten lassen. Im Zweifel ist darauf abzustellen, was die Leistung prägt. Die gesetzliche Regelung fordert zudem eine öffentlich-rechtliche Grundlage. Daher muss die Einnahme auf einer gesetzlichen Grundlage basieren, die den Zweck insofern ausdrücklich ausweist, als diese deutlich erkennbar wird, etwa auch aus den Anspruchsvoraussetzungen, den Gesetzesmaterialien oder anderen Hinweisen. Der Zweck selbst wird idealerweise benannt, muss aber nicht ausdrücklich genannt werden. Das trifft z. B. auf Aufwandspauschalen an einen gesetzlichen Betreuer nach § 1878 BGB zu. Dabei handelt es sich um einen reinen Aufwendungsersatz. Die Entschädigung enthält anders als Diäten kein Element zum Ausgleich von Verdienstausfall oder zur Sicherung des Lebensunterhaltes (SG Dortmund, Urteil v. 30.4.2015, S 30 AS 986/13). Bei anderen Leistungen Dritter kommt eine Privilegierung nur nach Abs. 4 oder 5 in Betracht. Auf die Art der Rechtsvorschrift kommt es nicht an, dabei kann es sich auch um eine Satzung o. ä. handeln. Der Zweck selbst, der über denjenigen zur Sicherung des Lebensunterhaltes und der Eingliederung in Erwerbstätigkeit hinausgehen muss, muss sich auch nicht aus dem Gesetzeswerk selbst ergeben. Es genügen z. B. deutliche Hinweise in den dazugehörigen Materialien oder auch im Leistungsbescheid selbst. Insbesondere kann es sich auch um Leistungen eines Arbeitgebers handeln. Eine Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist keine zweckbestimmte Leistung und daher als Einkommen zu berücksichtigen (SG Duisburg, Urteil v. 10.3.2014, S 38 AS 4626/13). Eine Urlaubsabgeltung ist Ersatz für den Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses (LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss v. 14.8.2013, L 5 AS 729/13 B ER, unter Hinweis auf BAG, Urteil v. 19.6.2012, 9 AZR 652/10). Ob die Einnahme gleichen Zwecken dient wie Leistungen nach dem SGB II, ist allein nach dem benannten Zweck zu beurteilen. Dieser stimmt mit dem tatsächlichen Zweck überein. Ist ein Zweck nicht ausdrücklich benannt, kommt eine Privilegierung nach Abs. 3 Satz 1 nicht in Betracht, ggf. aber nach anderen Vorschriften. Der Zweck kann auch nur teilweise grundsicherungsfremd sein, dann bedarf es einer Bewertung und konkreten Berechnung, zu welchem Teil die Einnahme nicht zu berücksichtigen ist. Insofern kann auch eine Leistung teilweise privilegiert sein, die zu mehreren Zwecken gewährt wird, zu denen auch die Bestreitung des Lebensunterhaltes gehört. Regelmäßig werden öffentliche Leistungen, die dazu dienen, hochwasserbedingte Gebäudeschäden zu reparieren, um ihren ursprünglichen Zustand wieder herzustellen, nicht auf das Bürgergeld angerechnet. Insofern muss der Zweck der Soforthilfe klar sein und ggf. von Amts wegen ermittelt werden. Im Ergebnis kommt eine Privilegierung teilweise schon in Betracht, wenn der Zweck der Leistung nicht ausschließlich die Sicherung des Lebensunterhaltes zum Gegenstand hat. Hauptanliegen der Vorschrift ist, dass eine spezielle Zweckbestimmung der jeweils in Rede stehenden Leistung dadurch verfehlt wird, dass sie nach dem SGB II berücksichtigt wird. Auf die steuerrechtliche Bewertung in Bezug auf die Zweckbestimmung einer Einnahme kommt es nicht an. Auch die Hilfen nach dem Hochwasser 2021 insbesondere in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz (Ahrtal) werden im Regelfall aufgrund des Abs. 3 (bzw. § 83 SGB XII) nicht auf die Leistungen angerechnet. Die Hochwasserhilfen stimmen in ihrer Zwecksetzung fast durchweg nicht mit den Zwecken überein, zu denen die Leistungen der Mindestsicherungssysteme erbracht werden. Soweit Betroffene neben den Hochwasserhilfen die Übernahme von Kosten einer Erstausstattung für die Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten gemäß § 24 Abs. 3 (bzw.§ 31 Abs. 1 SGB XII) beantragen, muss eine Einzelfallprüfung vorgenommen werden, um doppelte Zahlungen für den gleichen Zweck auszuschließen (vgl. BT-Drs. 19/31996).
Rz. 33
Bei Abfindungszahlungen aus einem gerichtlichen Vergleich allerdings liegt kein privatrechtlicher Verwendungszweck vor, aus der...