Rz. 80
Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 enthält nicht mehr Schutz vor Verwertung von Vermögen wegen offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit. Diesen Schutz enthält nach Auffassung des Gesetzgebers seit 1.1.2023 im Hinblick auf die relevanten Fälle umfassend Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4.
Auch nach diesem Kommentar war der häufigste Fall der Prüfung offensichtlicher Unwirtschaftlichkeit die Verwertung von Vermögen zur Altersvorsorge. Dabei war das Konzept des Gesetzgebers zu beachten, Vorsorgepläne stärker auf die zusätzliche Altersvorsorge ("Riester-Rente") auszurichten, versicherungsfreie Haushalte gleichzustellen und dazu ggf. auch Vermögensumschichtungen zuzulassen sowie einen nach dem Lebensalter gestaffelten allgemeinen Vermögensschutz zu erhalten. Für Prüfungen der Unwirtschaftlichkeit waren danach das Lebensalter, das die Flexibilität von Altersvorsorge bei Jüngeren wie erwerbsbiographische Lücken bei Älteren widerspiegelt, und Besonderheiten aufgrund individueller Gefährdungspotenziale (z. B. bestimmte Krankheiten) sowie die partnerschaftlichen Beziehungen zugrunde zu legen. Danach konnte sich eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit bereits ergeben, wenn durch Verwertung eine Altersvorsorge hätte aufgegeben werden müssen, die ein angemessenes Versorgungsniveau nach einer Prognose z. B. auch unter Berücksichtigung anzunehmender Gewinn- oder Überschussbeteiligungen zu sichern in der Lage gewesen wäre. Leistungsberechtigte konnten aber nicht von vornherein einen Vermögensschutz für Altersvorsorge nach einem durchschnittlichen Alterseinkommen fordern.
Rz. 81
Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 enthält damit als wesentliches Schutzelement seit 1.1.2023 nur noch die mit einer Verwertung für den Betroffenen verbundene besondere Härte. Dann wird eine Verwertung unbillig und unzumutbar. Damit schafft der Gesetzgeber eine Schonregelung, die es ermöglicht, individuellen, speziellen Verhältnissen besonders Rechnung zu tragen und damit einen menschlichen, an Zumutbarkeitserwägungen ausgerichteten Zug in die Vorschriften zur Verwertung von Vermögen einzubringen. Die Regelung steht zu Sachverhalten nach Abs. 2 zumindest teilweise in einem Stufenverhältnis, weil es über die Absetzbarkeit dort genannter Teilbeträge hinaus das verbleibende ungeschützte Vermögen einen Verwertungsschutz geben kann.
Rz. 82
Eine Härte liegt vor, wenn die Verwertung den Betroffenen durch seinen besonderen Bezug zu dem Gegenstand erheblich trifft. Das kann ein persönlicher, sehr subjektiver Bezug sein, der lediglich objektiv nachvollziehbar sein muss. Er wird regelmäßig bei anderen Leistungsberechtigten nicht anzutreffen sein. Eine solche Härte reicht noch nicht aus, um Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 anzuwenden; dazu bedarf es einer besonderen Härte. Diese ist erst dann gegeben, wenn unter Berücksichtigung des Umstandes, dass nahezu jede Person Vermögensgegenstände besitzt, die ihr besonders am Herzen liegen, im Vergleich zum Durchschnitt solcher Vermögensbeziehungen besondere Merkmale oder Faktoren festgestellt werden können, die davon erheblich abweichen und eine Verwertung deshalb als unbillig und unzumutbar erscheinen lassen. Das soll z. B. bei einer Verwertung einer aus Gehörlosengeld angesparten Lebensversicherung der Fall sein (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 17.9.2015, L 31 AS 1894/14).
Rz. 83
Die Prüfung der besonderen Härte hat alle Gesichtspunkte des Einzelfalles zu berücksichtigen, diejenigen wirtschaftlicher Art sind gerade nicht ausschlaggebend. Die Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls ist möglich und geboten (BSG, Urteil v. 31.10.2007, B 14/11b AS 63/06 R). Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers ist z. B. der Verlust einer Altersvorsorge allein nicht geeignet, eine besondere Härte anzunehmen, sondern nur zusammen mit dem Zeitpunkt und einer Versorgungslücke (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 20.9.2012, L 7 AS 348/10). Auch die Privilegierung einer Lebensversicherung kam nach früherem Recht nur in Betracht, wenn die Lebensversicherung tatsächlich zur Altersvorsorge bestimmt war. Das setzte voraus, dass der Leistungsberechtigte eine der Bestimmung entsprechende Vermögensdisposition getroffen hatte, die sicherstellte, dass der Zugriff auf das Vermögen vor dem Ruhestand erheblich erschwert wurde (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss v. 15.5.2014, L 19 AS 703/14 B ER). Je nach Sachverhalt bedarf es des Abs. 1 Satz 2 Nr. 7 für solche Fälle nicht mehr, weil Altersvorsorgevermögen nach Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 und 4 umfassend vor Verwertung geschützt wird. Liegt jedoch keine Versorgungslücke vor, soll die Berücksichtigung einer Lebensversicherung bisher keine besondere Härte darstellen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 12.11.2015, L 7 AS 2/12).
Rz. 84
Rechtsfolge einer besonderen Härte ist, dass eine Verwertung überhaupt nicht verlangt wird, Leistungen zum Lebensunterhalt demnach als Zuschuss gewährt werden (Abgrenzung zu § 9 Abs. 4). Das SG Stade hat eine besondere Härte anerkannt, wenn die Verwertung eines Miterbenanteils an einem Grundstück durch Teilungsversteigerung und ...