Rz. 127
Abs. 4 regelt das erhebliche Vermögen i. S. d. Abs. 3 und das Verfahren zur Feststellung durch das Jobcenter.
Erhebliches Vermögen (Abs. 3 Satz 2) ist demnach festzustellen, wenn es in der Summe 40.000,00 EUR für die leistungsberechtigte Person sowie 15.000,00 EUR für jede weitere mit dieser in Bedarfsgemeinschaft lebende Person übersteigt (Abs. 4 Satz 1). Diese Beträge beruhen auf einer Einigung im Vermittlungsausschuss und haben die vorgesehenen Beträgt aus der Praxis des § 67 Abs. 2 von 60.000,00 EUR bzw. 30.000,00 EUR ersetzt. Das bedeutet zunächst, dass das zu berücksichtigende Vermögen festzustellen ist, also die vorhandenen Vermögensgegenstände ohne die nicht zu berücksichtigenden Vermögensgegenstände nach Abs. 1 Satz 2. Dabei bleiben ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung von vornherein unberücksichtigt. Der Summe des zu berücksichtigenden Vermögens für die gesamte Bedarfsgemeinschaft ist die Summe der Beträge nach Abs. 4 Satz 1 gegenüberzustellen. Da schon Abs. 4 Satz 1 HS 2 festlegt, dass nicht ausgeschöpfte Beträge auf andere Personen der Bedarfsgemeinschaft übertragen werden, weil danach Abs. 2 Satz 2 entsprechend gilt, kann getrost die Gesamtsumme aus Abs. 4 Satz 1 HS 1 zugrunde gelegt werden.
Die Auslegung des erheblichen Vermögens i. S. eines Grenzbetrages (früher: 60.000,00 EUR) bedeutet eine praktikabel handhabbare Regelung. Das entspricht auch dem Gesetzeszweck einer Verfahrensbeschleunigung und Verfahrensvereinfachung. Wer wahrheitsgemäß die Frage nach vorhandenem erheblichen Vermögen in den einschlägigen Fragebögen verneint, weil er etwa "nur" ein Vermögen von etwas weniger als dem Grenzbetrag hat, dürfte nach entsprechender Bewilligung davor geschützt sein, dass diese Bewilligung rechtmäßig zurückgenommen werden kann. Namentlich kann man ihm kaum i. S. d. § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X grobe Fahrlässigkeit vorwerfen (LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 28.6.2023, L 3 AS 3160/21).
Rz. 128
Bei einer Familie aus Ehepaar und 2 Kindern liegt erhebliches Vermögen demnach erst oberhalb von 85.000,00 EUR vor. Die weiteren Beträge von jeweils 15.000,00 EUR werden altersunabhängig und unabhängig davon eingeräumt, ob Erwerbsfähigkeit vorliegt oder nicht. Entscheidend ist allein die Zugehörigkeit zur Bedarfsgemeinschaft. Die Erwerbsfähigkeit einer Person in der Bedarfsgemeinschaft ist durch Zuordnung der 40.000,00 EUR zu dieser Person gewährleistet.
Rz. 129
Bei der Feststellung des dem Grunde nach zu berücksichtigenden Vermögens sind die Freibeträge nach Abs. 2 nicht abzusetzen. Insofern stellen die Beträge nach Abs. 4 Satz 1 die Begünstigung innerhalb der Karenzzeit bis zur Erheblichkeitsgrenze dar.
Bei der Berechnung des erheblichen Vermögens ist auch ein selbst genutztes Hausgrundstück oder eine selbst genutzte Eigentumswohnung abweichend von Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 nicht zu berücksichtigen. Es kommt dafür weder auf die Größe der Wohnfläche noch darauf an, welchen Wert das Hausgrundstück oder die Eigentumswohnung hat.
Rz. 130
Es wird vermutet, dass kein erhebliches Vermögen vorhanden ist, wenn der Antragsteller dies im Antrag erklärt (Abs. 4 Satz 3). Dies wird in der Gesetzesbegründung als Rechtsvereinfachung bezeichnet. Demnach soll keine Vermögensprüfung durchzuführen sein, wenn eine solche Erklärung in den Antragsunterlagen abgegeben wird. Es liegt nahe, dass der Wortlaut der Vorschrift dies nicht deckt, denn die Vermutung des Abs. 4 Satz 3 ist widerlegbar. Das bedeutet, dass im Jobcenter Hinweisen darauf, dass ggf. doch erhebliches Vermögen vorhanden ist, nachzugehen ist. Der nach den Ausschussberatungen eingefügte Abs. 4 Satz 4 bestätigt das. Zur Vermeidung von Leistungsmissbrauch ist danach eine Selbstauskunft vorzulegen. Hierfür sollen die Jobcenter ein Formular bereithalten. In einer Selbstauskunft sind zunächst nur Angaben dazu zu machen, welches Vermögen vorhanden ist, eine Auflistung genügt. Ist diese plausibel, hat es damit sein Bewenden, weitere Prüfungen werden nicht angestellt. Das ändert sich, wenn das Jobcenter nicht plausible Angaben feststellt, etwa nicht gelistete Vermögenswerte oder offenbar unrichtige Angaben zum Wert des Vermögens. In solchen Fällen ist eine vollständige Vermögensprüfung durchzuführen, bei der die Antragsteller alle Vermögensgegenstände aufzuführen und ihren Verkehrswert darzulegen haben, soweit diese dem Grunde nach zu berücksichtigen sind, also nicht bereits durch die Anwendung des Abs. 1 Satz 2 oder der Bürgergeld-V nicht in die weitere Betrachtung des erheblichen Vermögens eingehen.
Ist aufgrund tatsächlicher Anhaltspunkte das Vorliegen eines "erheblichen Vermögens" nicht unwahrscheinlich, darf die Behörde trotz der Erklärung des Antragstellers, dass solches Vermögen nicht vorhanden sei, den Sachverhalt von Amts wegen aufklären. Die Amtsermittlungsbefugnis erstreckt sich auf alle Maßnahmen, die die Behörde nachpflichtgemäßem Ermessen für erforderlich hält. Daher kann neben Auskünften zu Konten und Guthaben insbes...