2.1 Verordnungsermächtigung in Abs. 1
Rz. 3
Träger der Ermächtigung des Gesetzgebers ist das BMAS und damit das für das SGB II federführende und jedenfalls für Bundesangelegenheiten fachaufsichtlich zuständige Bundesministerium (vgl. § 47, § 48 Abs. 2). Dem Grunde nach werden Möglichkeiten eröffnet, nach dem Recht der Sozialhilfe bzw. Arbeitslosenhilfe erlassene Verordnungen und zusätzliche Vergünstigungen in sozialpolitisch erwünschtem Umfang in das Zweite Buch zu übertragen (Verordnung zur Durchführung des § 76 BSHG, Arbeitslosenhilfe-Verordnung). Darüber hinaus kann der Verordnungsgeber im politisch gewollten Umfang Gleichklang der Vorschriften über die Grundsicherung für Arbeitsuchende mit denen über die Sozialhilfe herstellen, solange er sich im Rahmen der Ermächtigung bewegt. Außerdem ermächtigt der Gesetzgeber zu praxisnahen, entbürokratisierenden Berechnungsregelungen.
Rz. 4
Die Ermächtigung erstreckt sich seit nach der Bürgergeld-Gesetzgebung ab 1.1.2023 weiterhin auf 4 Regelungsbereiche. Die Rechtsverordnung darf über § 11a und § 12 Abs. 3 hinaus bestimmen, dass festzulegende weitere Einnahmen nicht als Einkommen und Vermögensgegenstände nicht als Vermögen zu berücksichtigen sind. Diese Einnahmen und Vermögensgegenstände fallen damit aus der Feststellung des relevanten Einkommens und Vermögens in Gänze heraus. Über den Wortlaut der Ermächtigung hinaus darf die Rechtsverordnung bestimmen, dass bestimmte Einnahmen oder Vermögensgegenstände nur zu einem näher festzulegenden Teil nicht zu berücksichtigen sind. Das kann insbesondere der Fall sein, wenn aus sozialpolitischen Gründen bestimmte Komponenten einer Einnahme von der Berücksichtigung bei der Grundsicherung freigestellt werden sollen, weil sie z. B. einen besonderen Aufwand abdecken oder ein besonderes Erschwernis ausgleichen. Dieser Bereich der Ermächtigung ist immer wieder Gegenstand sozialpolitisch motivierter, öffentlichkeitsrelevanter Diskussionen, insbesondere bei Zuwendungen an Kinder und Jugendliche. Nach längerer politischer Diskussion sind zum 1.7.2011 auch die Leistungen berücksichtigungsfrei gestellt worden, die zur Deckung des Eigenanteils von 1,00 EUR für das gemeinschaftliche Mittagessen erbracht werden. Der Eigenanteil selbst ist durch das Starke-Familien-Gesetz entfallen. Ebenso sind nach Maßgabe der Höhe der Grundrente nach § 31 BVG die Verletztenrenten nach dem SGB VII von der Berücksichtigung als Einkommen freigestellt worden, die aufgrund eines erlittenen Gesundheitsschadens in Ausübung der Wehrpflicht bei der Nationalen Volksarmee der früheren DDR erbracht werden. Bei Vermögensgegenständen bieten sich Betragsbegrenzungen an, dabei wird der Verordnungsgeber jedoch darauf zu achten haben, dass eine entsprechende Vermögensteilung und -verwertung möglich und dem Vermögenseigentümer oder -besitzer zumutbar ist.
Rz. 5
Außer sozialpolitischen Gesichtspunkten können auch verwaltungstechnische Motive dafür ausschlaggebend sein, Einnahmen oder Vermögen unberücksichtigt zu lassen. Das wäre etwa bei geringem Wert und seltenem Erzielen von Einnahmen oder unverhältnismäßig aufwändigen und schwierigen Feststellungen für die Grundsicherungsstellen zu erwägen. Insbesondere im Bereich von Massenverwaltung kann es für die Grundsicherungsstellen mitunter unmöglich sein, der Höhe nach veränderte Einnahmen kurzfristig zu berücksichtigen (z. B. eine Erhöhung des Kindergeldes). Diese Ermächtigung deckte auch Regelungen in der früheren Alg II-V dazu, für welchen Zeitraum Einkommen zu berücksichtigen ist (§ 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V in der bis zum 31.3.2011 geltenden Fassung). Dies hatte das BSG bestätigt (BSG, Beschluss v. 23.11.2006, B 11b AS 17/06 R). Seit dem 1.4.2011 wird dies in § 11 Abs. 2 und 3 geregelt.
Rz. 6
Die Rechtsverordnung kann sowohl beim Erlass als auch durch spätere Änderungen ohne das für Gesetze maßgebende Verfahren Rechtsprechung insbesondere des BSG umsetzen. Das BSG teilt Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Verordnungsermächtigung nicht. Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung seien ausreichend bestimmt (Art. 80 Abs. 1 GG; BSG, Urteil v. 27.2.2008, B 14/7b AS 32/06 R).
Rz. 7
Der 2. Ermächtigungsbereich umfasst Bestimmungen zur Berechnung des Einkommens und Ermittlung des Vermögenswertes. Die Ermächtigung erlaubt, durch pauschaliertes Vorgehen Verwaltungsvereinfachungen zu erzielen. Sie bringt aber in § 13 Abs. 1 Nr. 1 auch deutlich zum Ausdruck, dass der Gesetzgeber eine einheitliche Rechtsanwendung bei der Einkommensberechnung gewährleistet wissen will. Deshalb reicht die Verordnungsermächtigung bis zur Berechnung des Einkommens im Einzelnen. Der Verordnungsgeber hat danach nicht nur ein einheitliches Vorgehen in den Dienststellen sicherzustellen, sondern bei Wahrnehmung der Befugnisse das Gebot der Transparenz für den betroffenen Bürger zu berücksichtigen.
Rz. 8
Berechnungen oder Wertermittlungen setzen regelmäßig voraus, dass betroffenes Einkommen und Vermögen ganz oder teilweise zu berücksichtigen ist. Wesentliche Elemente dabei sind der Zeitpunkt der Berücksi...