Rz. 45
§ 13 Abs. 2 enthält eine weitere Ermächtigung für eine Rechtsverordnung. Die Vorschrift nimmt auch nach der Bürgergeld-Gesetzgebung Bezug auf § 12a Satz 1. Damit stehen die §§ 2, 3, 5, 7 und 9 weiterhin in engem Zusammenhang, § 12a wiederum ist als Nachfolgeregelung zu § 65 Abs. 4 (i. V. m. § 428 SGB III) anzusehen. Seit dem 1.1.2008 hatten erwerbsfähige Leistungsberechtigte, die nicht arbeitsbereit waren und nicht alle Möglichkeiten nutzen und nutzen wollten, ihre Hilfebedürftigkeit durch Aufnahme einer Arbeit zu beenden, nur noch Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bei Erfüllung der übrigen Anspruchsvoraussetzungen, wenn ihr Anspruch vor 2008 entstanden war und sie das 58. Lebensjahr spätestens mit Ablauf des 31.12.2007 vollendet hatten. Damit hat die Regelung keinen Anwendungsbereich mehr. Auch dieser Personenkreis muss daher zum frühestmöglichen Zeitpunkt Regelaltersrente in Anspruch nehmen und darüber hinaus auch die mit Abschlägen verbundene vorzeitige Rente wegen Alters; denn sie sind nach § 2 Abs. 1 Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 verpflichtet, in eigener Verantwortung und durch Selbsthilfe alle Möglichkeiten zu nutzen, ihren Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln zu bestreiten, auch durch Inanspruchnahme von Leistungen anderer Träger. Die Verpflichtung zur Inanspruchnahme einer vorzeitigen Rente wegen Alters ist jedoch zum 1.1.2023 bis zum 31.12.2026 entfallen, daher konnte auch die Ermächtigung in § 13 Abs. 2 nicht aufgehoben werden. Folgerichtig ist auch die danach erlassene Unbilligkeits-V nicht aufgehoben worden.
Rz. 46
Die Verordnungsermächtigung geht davon aus, dass allein die Hinnahme von Rentenabschlägen keinen rechtserheblichen Grund darstellt, die Inanspruchnahme der Altersrente mit Abschlägen zu verweigern. Der Ermächtigung bedürfte es nicht, wenn Abschläge dazu führen würden, eine Unbilligkeit anzunehmen. Vielmehr enthält die Ermächtigung ein Regelungspotenzial für Sachverhalte, die aufgrund ihrer Eigenart allein oder zusammen mit den Rentenabschlägen eine Ausnahmefallgestaltung bilden, die eine Verpflichtung zur vorzeitigen Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters unbillig erscheinen lässt. Dies kann vorübergehend oder dauerhaft bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze der Fall sein.
Rz. 46a
Die Ermächtigung betrifft das BMAS. Ein Abstimmungsbedarf mit anderen Ministerien ist nicht vorgesehen. Die Rechtsverordnung nach Abs. 2 bedarf auch nicht der Zustimmung des Bundesrates, obwohl die Folgen des weiteren Bezugs von Grundsicherungsleistungen nicht nur den Bundeshaushalt belasten, sondern im Rahmen des § 19 Abs. 3 auch die kommunalen Haushalte.
Rz. 46b
Der Verordnungsgeber hat die Voraussetzungen für die Ausnahmen zu bestimmen. Dies trifft auf alle Ausnahmesachverhalte zu. Zu den Ausnahmesachverhalten darf sodann bestimmt werden, dass die Verpflichtung nur für einen bestimmten, vorübergehenden Zeitraum entfällt. Dagegen darf ohne Bestimmung des Sachverhalts die Verpflichtung nicht vorübergehend ausgesetzt werden.
Rz. 46c
Die Ermächtigung bezieht sich auf Unbilligkeiten, die durch Inanspruchnahme einer Rente wegen Alters mit Abschlägen nach Vollendung des 63. Lebensjahres entstehen oder entstehen können. Dieser Zeitpunkt bezieht sich auf den möglichen Rentenbeginn. Der zugrundeliegende Sachverhalt darf hingegen auch Zeiträume vor Vollendung des 63. Lebensjahres erfassen.