2.2.1 Überblick
Rz. 13
Abs. 3 regelt die Voraussetzungen für die Förderung einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit. Das bedeutet einerseits, dass Förderleistungen für eine nicht hauptberufliche selbständige Tätigkeit gewährt werden können, ohne dass die Voraussetzungen des Abs. 1 vorliegen und umgekehrt, dass bei einer hauptberuflichen selbständigen Tätigkeit eine Förderung ohne Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 3 ausscheidet. Unerheblich ist dabei, ob die Aufnahme oder die Fortsetzung einer selbständigen Tätigkeit zu beurteilen ist.
Rz. 14
Eine Förderung wird an die Erwartung geknüpft, dass die selbständige Tätigkeit wirtschaftlich tragfähig ist und die Hilfebedürftigkeit des Grundsicherungsempfängers in angemessener Zeit zumindest verringert. Im Ergebnis soll sich eine Förderung also auf längere Sicht für die Träger der Grundsicherungsleistungen rechnen. Andererseits ist es auch Ziel der Förderung, den Gewinn des Leistungsberechtigten zu steigern. Eine Förderung ist ausgeschlossen, wenn keine Hilfebedürftigkeit i. S. d. Grundsicherungsrechts vorliegt. Das betrifft nicht den Sachverhalt, bei dem die Hilfebedürftigkeit erst durch die Gewährung eines Einstiegsgelds nach § 16b entfällt.
Rz. 15
Leistungen zur Eingliederung in selbständige Erwerbstätigkeit sind Ermessensleistungen, die aufgrund einer pflichtgemäßen, individuellen Entscheidung der Grundsicherungsstelle im Einzelfall zuerkannt oder verweigert werden. Dieser Entscheidung ist eine Erfolgsprognose zugrunde zu legen. Die Leistungen müssen beantragt werden (vgl. § 37 Abs. 1). Für Zeiten vor der Antragstellung können Leistungen nach § 16c nicht erbracht werden. Eine Rückwirkung eines Antrages nach § 37 Abs. 2 Satz 2 ist ausgeschlossen. Leistungsberechtigte, denen Leistungen zur Eingliederung in Arbeit ohne Antragstellung als Sachleistung bewilligt wurden, können dagegen gerichtlich vorgehen. Sie sind klagebefugt, wenn sie substantiiert darlegen können, dass sie sich wegen der Rechtswidrigkeit der Leistung späteren Rückforderungsansprüchen des Leistungsträgers ausgesetzt sehen (LSG Schleswig-Holstein, Beschluss v. 11.1.2016, L 6 AS 309/15 B PKH).
2.2.2 Wirtschaftliche Tragfähigkeit
Rz. 16
Die wirtschaftliche Tragfähigkeit der (beabsichtigten) selbständigen Tätigkeit ist i. d. R. durch eine Stellungnahme einer fachkundigen Stelle zu belegen. Dieser Begriff ist ursprünglich dem Recht der Arbeitsförderung über den Gründungszuschuss entnommen. Der Grundsicherungsträger ist nicht berechtigt, von der Vorlage einer externen Stellungnahme zur Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit abzusehen und dem Antragsteller die eigene (vermeintliche) Kompetenz bei der Beurteilung von Unternehmenskonzepten im Rahmen einer ablehnenden Entscheidung entgegenzuhalten (SG Nürnberg, Urteil v. 26.5.2020, S 13 AS 651/17).
§ 93 Abs. 2 Satz 2 SGB III nennt als fachkundige Stellen insbesondere die Industrie- und Handelskammern, die Handwerkskammern, die berufsständischen Kammern, Fachverbände und Kreditinstitute. Die Aufzählung ist nicht abschließend. Fachkundige Stellen können auch Einrichtungen sein, deren Tätigkeitsschwerpunkt auf Existenzgründungsberatung und -vorbereitung ausgerichtet ist, z. B. lokale Gründungsinitiativen oder Gründungszentren. In Betracht kommen auch Wirtschaftsprüfer und Steuerberater (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 25.6.2013, L 2 AS 2249/12, ZFSH 2013 S. 713). Bereits vorhandene Stellungnahmen können berücksichtigt werden, ggf. sind Änderungen zu berücksichtigen, auch in Form einer neuen Tragfähigkeitsprüfung.
Rz. 17
Einer Stellungnahme einer fachkundigen Stelle sollte eine aussagefähige Beschreibung der selbständigen Tätigkeit mit der Geschäftsidee, den angebotenen Dienstleistungen oder vertriebenen Produkten sowie der Wettbewerbssituation zugrunde liegen. Daneben müssen die Finanzierungsgrundlagen erläutert und belegt sein. Dazu gehören Angaben zum Eigen- und Fremdkapital und Möglichkeiten zur Inanspruchnahme etwaiger anderweitiger Fördermittel einschließlich Investitions- und Tilgungsaufwand. Außerdem muss die Stellungnahme eine Einschätzung dazu abgeben, welche Umsätze realistischerweise erwartet werden können und welche Gewinne daraus voraussichtlich resultieren werden. Die Jobcenter schließen im Regelfall Rahmenverträge ab, um die Kostenfreiheit der Stellungnahme für die selbständige Person zu gewährleisten.
Rz. 18
Bei der Stellungnahme einer fachkundigen Stelle handelt es sich um eine Sollvorschrift, die Abweichungen ermöglicht. Schon die Gesetzesbegründung selbst weist darauf hin, dass die Jobcenter und zugelassenen kommunalen Träger die Prognose über die wirtschaftliche Tragfähigkeit der selbständigen Tätigkeit auch selbst anstellen dürfen, sofern sie eine entsprechende fachliche Kompetenz aufgebaut haben.
Die anzustellende Prognose im Rahmen einer ex-ante-Betrachtung setzt eine Plausibilitätsprüfung eines schlüssigen Konzeptes in Bezug auf die Wahrscheinlichkeit der Überwindung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit voraus (Bay. LSG, Urteil v. 11.11.2020, L 11 AS 411/20).
Rz. 18a
D...