Rz. 9
Die Regelung des Abs. 1 Satz 2 über die Unterstützung der Träger der freien Wohlfahrtspflege entspricht gesellschaftlichen Anforderungen und liegt im öffentlichen Interesse. Dazu verpflichtete schon das BSHG die Sozialhilfeträger. Die Unterstützung geht über die aus § 18 Abs. 1 hervorgehende Verpflichtung zur partnerschaftlichen Zusammenarbeit hinaus. Abs. 1 Satz 2 ermöglicht Kooperation ohne Vertrag. In der Praxis sind zum Teil die Trägerversammlungen der gemeinsamen Einrichtungen durch Beschluss von Kooperationsausschüssen beauftragt worden, ihrerseits Beschlüsse zur Förderung der Freien Wohlfahrtspflege zu fassen, die eine allgemeine Beratung sicherstellen.
Rz. 10
Das Gesetz schränkt Form oder Umfang der Unterstützung nicht ein. Unterstützung kann daher überall gewährt werden, sofern die Träger der freien Wohlfahrtspflege auf dem Gebiet der Grundsicherung für Arbeitsuchende tätig werden, also Aktivitäten unternehmen, die vom SGB II erfasst werden. Dem Grunde nach tragen Wohlfahrtsverbände Sorge für Not leidende und sonst gefährdete Menschen. Die Vorschrift ist als Soll-Vorschrift ausgestaltet. Das verpflichtet die Leistungsträger nach dem SGB II, auch die gebildeten Jobcenter nach § 44b, zur Unterstützung, soweit nicht im Einzelfall atypische Fallgestaltungen vorliegen. Das bedeutet insbesondere, dass die Träger der freien Wohlfahrtspflege nicht für bestimmte Aktivitäten Unterstützung beanspruchen und ggf. einklagen können, die Leistungsträger und Jobcenter andererseits nicht jegliche Unterstützung schlechthin verweigern dürfen. Sie treffen die Entscheidung über ihre Unterstützung eigenverantwortlich, verfassungsmäßig garantierte Rechte der Kommunen werden nicht verletzt. In Fällen gebildeter Jobcenter als gemeinsame Einrichtung nach § 44b ist der Geschäftsführer nach § 44d verantwortlich. Er hat auf Verlangen der Trägerversammlung zu berichten (§ 44b Abs. 3).
Rz. 11
Zur Unterstützung sind vielfältige Möglichkeiten gegeben, die von finanzieller Unterstützung bis zur Bereitstellung von Einrichtungen und Personal oder Unterstützung durch Beratungsdienstleistungen reichen können. Denkbar sind auch Konstellationen, in denen ein Träger ergänzend zum anderen Träger oder ergänzend zum Jobcenter aktiv wird.
Rz. 12
Die Hilfe der Leistungsträger und Jobcenter ist auf eine angemessene Unterstützung begrenzt. Angemessenheit liegt vor, wenn die Unterstützung einerseits nicht praktisch bedeutungslos ist, andererseits nicht einen solchen Umfang einnimmt, dass die eigene Leistungsfähigkeit nicht mehr ausgeschöpft wird. Zweckmäßigerweise ist die Angemessenheit an den konkreten Aktivitäten des Einzelfalles zu messen. Unterstützungsleistungen sind stets geboten und angemessen, wenn geplante Aktivitäten der Träger der freien Wohlfahrtspflege die Zielerreichung des SGB II unterstützen und keine Redundanzen zu Aktivitäten der originären Leistungsträger darstellen. Zur Finanzierung können im Rahmen des SGB II nach Maßgabe des Abs. 1 Satz 1 auch Investitionshilfen für den Bau von Einrichtungen und Finanzhilfen für den Betrieb geleistet werden. Die Träger der freien Wohlfahrtspflege haben Anspruch auf eine fehlerfreie Ermessensentscheidung der Träger. Ob die Förderung der Träger der freien Wohlfahrtspflege einen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht darstellt (Beihilfe nach Art. 87 Abs. 1 EG-Vertrag), dürfte davon abhängen, ob die Tätigkeit rein karikativer Natur ist, dann wäre die Beihilfe zulässig.
Rz. 13
Durch Unterstützungsleistungen nach Abs. 1 Satz 2 werden die Leistungsträger nicht von ihren originären, hoheitlichen Pflichten entbunden (§ 44b Abs. 3 Satz 1). Insbesondere dürfen eigene Leistungen nicht unter Hinweis auf Angebote aus der freien Wohlfahrtspflege verweigert werden. Ebenso werden die Leistungsträger nicht von ihren Pflichten zur ordnungsgemäßen, den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit entsprechenden Wirtschaftsführung entbunden. Unwirtschaftliche Aktivitäten der freien Wohlfahrtspflege dürften z. B. nicht unterstützt werden. Will ein Träger der freien Wohlfahrtspflege verweigerte Unterstützungsleistungen nach Abs. 1 Satz 2 durchsetzen, muss er insoweit Verpflichtungsklage gegen das Jobcenter bzw. den zugelassenen kommunalen Träger nach dem SGB II erheben. Der Geschäftsführer des Jobcenters vertritt dieses auch gerichtlich (§ 44d Abs. 1 Satz 2). Die Träger der freien Wohlfahrtspflege sind mit ihren Einrichtungen und Diensten recht praxisnah unterwegs, wenn auch bedacht werden muss, dass (potenziell) Leistungsberechtigte nach dem SGB II, die Hilfsangebote der Träger nutzen, nicht unbedingt repräsentativ für alle Leistungsberechtigten nach dem SGB II sind. Dennoch können die Vertreter der freien Wohlfahrtspflege aufgrund ihrer Erkenntnisse und Erfahrungen wichtige Hinweise an die Träger der Grundsicherung, die Jobcenter, aber auch die Interessenverbände und den Gesetzgeber geben, die auf Schwächen in der praktischen Umsetzung der Grundsicherung für Arbeitsuchende und gesetzgeberischen Ko...