Rz. 28
Abs. 2 regelt zusätzliche Leistungen für Schwangere. Damit soll der Entstehung besonderer Kosten, die durch die Schwangerschaft verursacht werden, Rechnung getragen werden. Zur grundlegenden Neuregelung des Mehrbedarfes im Jahr 1992 vgl. BT-Drs. 12/2605 (Hinweis in BT-Drs. 18/4296). In diesem Zusammenhang werden Ernährung, Wäsche, Körperpflege sowie erhöhte Kosten für Informationsbeschaffung einschließlich Fahrkosten genannt. Die Gründe sind sicher vielfältig, worauf der Mehrbedarf im Einzelfall tatsächlich beruht oder ob er überhaupt vorhanden ist, spielt für die Gewährung der Mehrbedarfsleistung keine Rolle. Parallel kann Anspruch auf Leistungen bei Schwangerschaft nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 bestehen. Diese Leistung wird auf Antrag erbracht und regelmäßig vor der Geburt benötigt. Weitere Leistungen, die sich nicht nur auf Bekleidung beziehen, aber auf einer Geburt beruhen, werden im Regelfall nicht zeitgleich mit dem Mehrbedarf nach Abs. 2 ausgezahlt werden. Auf die Mehrbedarfsleistung besteht ein Rechtsanspruch. Mehrbedarf besteht vom 1. Tag der 13. Woche der Schwangerschaft bis zum Tag der Entbindung oder sonstigen Beendigung der Schwangerschaft, seit dem 1.1.2021 jedoch bis zum Ende des Monats, in den die Entbindung fällt. Maßgebend sind zunächst entsprechende ärztliche Feststellungen, wobei Schwangerschaft auch durch eine Hebamme bescheinigt werden kann, und Bescheinigungen, die den voraussichtlichen Entbindungstermin ausweisen. Anhand dieses Datums kann vom Jobcenter der Beginn der 13. Schwangerschaftswoche durch Rückrechnung um 28 Wochen ermittelt werden. Stillende Mütter fallen nicht unter Abs. 2, wenn sie nicht zugleich werdende Mütter sind; für einen Mehrbedarf besteht daher keine Rechtsgrundlage.
Rz. 28a
Wird das Kind nicht am vorgesehenen Tag geboren, sondern erst zu einem späteren Zeitpunkt, verlängerte sich die Zahlung des Zuschlags entsprechend, weil die Schwangerschaft fortbesteht. Entbindet die Schwangere früher, kann ausgezahlter Mehrbedarf ggf. in Mehrbedarf für Alleinerziehende nach Abs. 3 umgedeutet werden, im Übrigen als Leistung für den Regelbedarf für das neugeborene Kind angesehen werden. Insoweit kann aufgerechnet werden. Allerdings müssen die Voraussetzungen für eine Aufhebung der Mehrbedarfsbewilligung nach § 48 SGB X vorliegen, insoweit könnte es dem Jobcenter schwerfallen, den Zeitpunkt festzulegen, ab dem eine Änderung in den tatsächlichen Verhältnissen zumindest grobfahrlässig nicht mitgeteilt wurde. Für den Tag der Geburt kann ein Anspruch nach Abs. 2 und Abs. 3 nebeneinander bestehen. Derartige Sachverhalte werden im Regelfall auch mit dem Anspruch auf eine Leistung nach § 24 Abs. 3 Nr. 2 (Erstausstattung bei Geburt) zusammentreffen. Die Mehrbedarfsregelung ersetzt nicht die Notwendigkeit der Erfüllung der Anspruchsvoraussetzungen nach § 7, insbesondere die Erwerbsfähigkeit und Hilfebedürftigkeit. Allerdings umfasst auch das Bürgergeld die Mehrbedarfe nach § 21. Für Zeiten ab der Geburt des Kindes kann zudem Anspruch auf Kindergeld und ggf. Elterngeld bestehen.
Rz. 28b
Seit dem 1.1.2021 besteht ein Anspruch auf den Mehrbedarf bis zum Ende des Monats, in den die Entbindung fällt. Dadurch werden häufig Nachzahlungen nicht mehr erforderlich und Überzahlungen vermieden. Das bedeutet eine nennenswerte Entlastung für die Jobcenter von Verwaltungsarbeit. Nachzahlungen werden im Regelfall nicht mehr erforderlich, nur noch dann, wenn sich der festgestellte Sachverhalt als unrichtig erweist, weil sich die Geburt erst im Folgemonat ereignet hat. Überzahlungen werden vermieden, weil der Anspruch auf den Mehrbedarf in jedem Fall bis zum Ende des Kalendermonats besteht, in den die Entbindung fällt. Dies stellt sich nur in den Fällen anders dar, in denen sich der ursprünglich festgestellte Entbindungstermin in den Vormonat verschiebt und der Leistungsbezug nicht mehr rechtzeitig beendet werden kann.
Rz. 29
Der Mehrbedarf beträgt 17 % der nach § 20 maßgebenden Leistung für den Regelbedarf, demnach ab 1.1.2024 95,71 EUR monatlich bei einem vollen Regelbedarf nach Regelbedarfsstufe 1 in Höhe von 563,00 EUR monatlich, bei einem schwangeren Kind im Alter von 17 Jahren dagegen nur 80,07 EUR monatlich. Der Mehrbedarf in Abhängigkeit von der Höhe der tatsächlich zuerkannten Leistung für den Regelbedarf verletzt nach Auffassung des LSG Nordrhein-Westfalen Art. 3 GG. Der Berechnung des pauschalierten Mehrbedarfs für werdende Mütter sei bei verfassungskonformer Auslegung des Abs. 2 in Abhängigkeit vom Regelbedarf für Alleinstehende zu berechnen (LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 18.12.2014, L 6 AS 1732/13). Dem Urteil lag der Fall einer schwangeren unverheirateten erwerbsfähigen Leistungsberechtigten zugrunde, die zwar volljährig, aber noch nicht 25 Jahre alt war und mit ihrem nicht erwerbsfähigen Vater in einem Haushalt lebt. Sie war daher weder alleinstehend noch schon alleinerziehend. Das BSG hat entschieden, dass der Errechnung der Höhe des Mehrbedarfs für schwangere Personen aus dem jeweilige...